News: Zerrissene Kernhülle
Doch eine Zellteilung ist nicht im Sinne eingedrungener Viren, die den Vervielfältigungsapparat ihres Wirtes benötigen, um ihre eigene Erbinformation zu verdoppeln. Um dieses Ziel zu erreichen, reißen die Viren einfach die schützende Barriere zwischen Zellkern und Zellplasma ein. Wie dies vor sich geht, hat nun eine mithilfe von Zeitrafferaufnahmen längerfristige Betrachtung infizierter Immunzellen unter dem Mikroskop offenbart. Hierzu färbten Wissenschaftler des Gladstone Institute of Virology and Immunology um Warner Greene ein Protein farbig ein, das als feinmaschiges Netzwerk der Kernhülle innen anliegt und so ihren Aufbau unterstützt.
Das spezielle "Stützprotein" Wee1, das zur Familie der Lamine gehört, zeigte in Anwesenheit von HI-Viren eine eigenartige Reaktion. Statt bis wenige Minuten vor der Zellteilung an der Kernhülle kleben zu bleiben, verbindet sich das Protein mit dem von HIV produzierten Protein Vpr und bringt so Bewegung in die Kernmembran. Die Struktur der sonst so geordneten Lamine gerät ins Wanken und reißt letztendlich große Löcher in die Hülle. Die lebenswichtige Trennung zwischen Kern und Plasma ist damit aufgehoben. So fließen schließlich Wee1 und andere Kernproteine ins Cytoplasma, während gleichzeitig dort vorkommende Proteine in den Kern eindringen.
Doch unter diesen chaotischen Zuständen kann die infizierte Immunzelle keine Zellteilung mehr zustande bringen. Sehr zum Vorteil der Viren, denn diese nutzen den Zellzustand, um ihre eigene Vermehrung so richtig anzukurbeln und erobern mit der schnell wachsenden Virenzahl ein eigentlich unversehrtes Immunsystem.
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