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News: Zeugnisse aus der Vergangenheit

Präsolare Diamanten sind häufiger Bestandteil von Meteoriten und damit die ältesten Edelsteine des Sonnensystems. Wissenschaftler konnten nun mit Simulationen Erkenntnisse zu ihrer Frühgeschichte gewinnen, die gleichzeitig auch die Geschichte unseres Sonnensystems beschreibt.
Ein herausragendes Ergebnis der modernen Meteoritenforschung ist die Erkenntnis, dass viele der primitiveren Meteorite Sternenstaub enthalten – Staubkörner präsolaren Ursprungs, die älter sind als das Sonnensystem. Geboren aus der Asche sterbender Sterne, haben diese Körner alle nachfolgenden Ereignisse im interstellaren Raum und Sonnensystem unbeschadet überstanden. Die isotopische Zusammensetzung ihrer Elemente ist Zeugnis der nuklearen Prozesse in Sternen, bei denen neue Elemente geschmiedet werden – die so genannte Nukleosynthese.

Umgekehrt kann unser Verständnis der Nukleosynthese Hinweise auf die stellaren Quellen der jeweiligen Körner geben. Aufbauend auf früheren Analysen dieser Sternenstaub-Diamanten haben jetzt Wissenschaftler des Karpov Institute of Physical Chemistry und des Max-Planck-Instituts für Chemie Simulationsexperimente durchgeführt, bei denen terrestrische Diamanten mit Edelgasionen beschossen wurden. Die Untersuchung der so behandelten Diamanten ermöglicht Rückschlüsse auf Ereignisse in der Frühgeschichte der Stern-Diamanten.

Sternenstaub, wie er bis jetzt in Meteoriten identifiziert wurde, besteht aus chemisch und thermisch höchst stabilen Mineralen wie Diamant, Graphit, Siliciumkarbid, Korund (Aluminiumoxid) und Siliciumnnitrid. Obwohl die Diamanten zuerst entdeckt wurden und weitaus am häufigsten vorkommen – bei den primitivsten Meteoriten sind es etwa 0,1 Gewichtsprozent –, wissen wir von ihnen doch am wenigsten. Der Hinweis, dass sie präsolaren Ursprungs sind, beruht allein auf der isotopischen Zusammensetzung einiger in Diamanten enthaltener Spurenelemente, insbesondere der Spuren von Edelgasen wie Xenon. In der Tat ist es vor allem die ungewöhnliche isotopische Zusammensetzung des Xenons – die leichtesten und schwersten Isotope sind um etwa 100 Prozent angereichert –, die eine Verbindung zu Supernova-Explosionen andeutet.

Unter diesen Umständen sollte es hilfreich sein, mehr über den Prozess des Einbringens der Fremdatome in die Diamanten zu wissen. Hierzu gibt es starke, jedoch bisher nur indirekte Hinweise, dass dies durch Ionenbeschuss geschah. Um diese Hypothese zu testen, führten die Wissenschaftler der russisch-deutschen Zusammenarbeit ein Simulationsexperiment durch: irdische Nanodiamanten von ähnlicher Größe wie die präsolaren wurden mit einer Edelgasmischung bestehend aus Helium-, Argon-, Krypton- und Xenonionen einer Energie von 700 Elektronenvolt bestrahlt. Anschließend wurde die thermische Freisetzung der implantierten Edelgase untersucht.

Zum einen zeigte sich – nicht unerwartet –, dass die Ionen unter den gegebenen Bedingungen tatsächlich in die Nanodiamanten implantiert wurden. Überraschend jedoch war, dass die Freisetzung in zwei Schüben verlief: für einen Teil der Edelgase erfolgte sie im Temperaturbereich 200 bis 700 Grad Celsius, für einen weiteren Teil oberhalb von 1000 Grad Celsius. Diese Situation – nach einer einmaligen Bestrahlung mit Ionen – ist auf den ersten Blick ähnlich der Situation bei den präsolaren Diamanten, jedoch ist hier die Lage komplizierter. Im Fall der Stern-Diamanten müssen nämlich mindestens zwei Bestrahlungen stattgefunden haben, dies zeigen Unterschiede in der isotopischen Zusammensetzung der Edelgase: isotopisch normale Edelgase werden bei tiefer Temperatur freigesetzt, Edelgase mit vermutlichem Supernova-Ursprung bei höherer.

Wenn in der Tat Ionenimplantation der Prozess ist, mit dessen Hilfe Spurenelemente in die präsolaren Diamanten eingebracht wurden, und wenn, wie die Simulation andeutet, die mittels Ionenimplantation eingebrachten Fremdatome Plätze verschiedener thermischer Stabilität einnehmen, scheint der folgende Ablauf wahrscheinlich: Zunächst bilden sich Diamanten, die anschließend der Bestrahlung durch Supernova-Spurenelementen ausgesetzt sind. Der thermisch weniger fest gebundenen Teil des implantierten Supernova-Materials geht später wieder verloren. Dann werden die Diamanten erneut mit Spurenelementen normaler Isotopen-Zusammensetzung bestrahlt – vielleicht geschieht dies im interstellaren Raum oder im frühen Sonnensystem. So verbleiben die Diamanten für die nächsten 10 000 Jahre bei Temperaturen unterhalb von 100 Grad Celsius.

Eine weitere wichtige Information aus dem Simulationsprozess ist, dass der fester gebundene Teil der implantierten Edelgase in seiner Isotopenzusammensetzung fraktioniert ist gegenüber der Ausgangszusammensetzung. Sollte dies, wie zu erwarten, auch im Fall der Sternenstaub-Diamanten der Fall sein, bedürfen die bisher aus den Messdaten abgeleiteten Häufigkeiten und isotopischen Zusammensetzungen der Supernova-Implantate einer entsprechenden Korrektur. Wie bedeutend die Änderungen sind und ob sie von Bedeutung sind für das Verständnis der implizier-ten nuklearen Prozesse, bleibt im Detail noch zu klären.

  • Quellen
Max-Planck Gesellschaft

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