Festkörperphysik: Zitternde Kristalle unter der Röntgenlupe
Wenn Licht auf einen Kristall fällt, gibt es mitunter nicht nur die klassischen Reflexionen und Brechungen, die wir alle aus dem Schulunterricht kennen. In besonderen Exemplaren kommt es zu Schwingungen der Atome, die ein eigenes elektromagnetisches Muster hervorrufen.
Das Schöne an einem Wackelpudding ist, dass er wackelt. Besonders Kinder freuen sich an seinem Zittern und Bibbern, sobald sie mit dem Löffel, den Fingern oder der Nase an dessen Oberfläche stoßen. Ganz neugierige Jüngstforschernaturen stechen den wehrlosen Pudding vielleicht sogar an und beobachten, wie sich sein Wabbeln durch den strukturellen Defekt verändert. Aber nicht nur Kinder mögen Wackelpudding, und nicht nur Pudding wackelt. Doch ob es in der Mensa der Universität Oxford, an welcher Andrea Cavalleri forscht, des Öfteren Wackelpudding zum Nachtisch gegeben hat, ist nicht bekannt. Wohl weiß man dagegen, das Cavalleri und ein internationales Physikerteam sich mit wissenschaftlich zitternden Körper beschäftigen. Auf absolut seriöse und sogar recht anspruchsvolle Weise.
Bei dem "Wackelpudding-Ersatz" der Forscher handelt es sich um Kristalle, denen womöglich auf Grund ihrer seltsamen optischen Eigenschaften eine Zukunft in der Optronik winkt – jenem Technologiezweig, der eines Tages mit Licht das tun soll, was Computer gegenwärtig noch mit Elektronen machen. In diesen Kristallen liegen Metall-Ionen eingebettet in eine Referenz aus Sauerstoff-Ionen, in welcher sie einen kleinen Bewegungsspielraum haben. So können beispielsweise beim Lithiumtantalat (LiTaO3) die Lithium- und Tantal-Atome leicht um ihre Ruhelage schwingen. Genau diese Verschiebbarkeit verleiht den Kristallen ihre Fähigkeiten und interessiert Physiker rund um den Globus.
Um Lithiumtantalat in Aktion zu versetzen, bedarf es allerdings des passenden Lichtes. Dessen Energie muss in etwa der Resonanzfrequenz der Metallatome entsprechen. Dann kommt es zu einem komplexen Wechselspiel zwischen dem elektromagnetischen Feld des eingestrahlten Lichts, das die Ionen zum Vibrieren bringt, was seinerseits eine weitere Strahlung mit etwas niedrigerer Energie auslöst. Wie diese Terahertz-Strahlung, die irgendwo zwischen infrarotem Licht und Mikrowellen anzusiedeln ist, sich im Kristall ausbreitet, hat Cavalleris Team nun erstmals beobachtet.
Die Terahertz-Strahlung anzuregen, stellte dabei noch die kleinste Herausforderung dar. Hierzu diente ein Laser, dessen Licht in kurzen Pulsen von 70 Billiardstel Sekunden (70 Femtosekunden, also 70*10-15 Sekunden) mit 800 Nanometern Wellenlänge (nahes Infrarot) im optimalen Winkel auf die Kristalloberfläche traf. Dort verschoben die elektromagnetischen Wellen die Ionen – was Physiker als Polariton bezeichnen und der Einfachheit halber wie ein Teilchen behandeln. Um die Verbreitung dieser Quasiteilchen als Urheber der Terahertz-Strahlung zu verfolgen, beschossen die Wissenschaftler den Kristall mit genau abgestimmtem Röntgenlicht, das je nach Position der Ionen im Gitter leicht unterschiedlich abgelenkt wird, bevor es auf einen Detektor fällt. Ein Aufbau, dessen Kunststück vor allem darin bestand, die Pulse des Laserlichts mit den Röntgenlichtblitzen exakt aufeinander abzustimmen.
Die Analyse zeigte schließlich, dass gleich drei Strahlungen den Kristall durchwandern. Zunächst natürlich das Laserlicht, dessen Ausbreitungsrichtung an der Grenzfläche zwischen Vakuum und Kristall gemäß optischen Gesetzen abgeknickt war. Ihm folgte die Terahertz-Strahlung, die sich gewissermaßen im Kielwasser des Lichtes hielt. Träger waren die Tantal-Atome, die als geladene Teilchen durch ihre Schwingungen das elektromagnetische Feld hervorriefen. Als dritte Komponente fanden die Forscher aber noch eine weitere Terahertz-Strahlung, die sich nur mit einem Drittel der Geschwindigkeit ausbreitete und in Nähe der Oberfläche blieb.
Obwohl die Wissenschaftler ihre Ergebnisse mit einem theoretischen Modell überzeugend simulieren konnten, haben ihre Messungen noch einen Nachteil: Sie kratzen im wörtlichen Sinne nur an der Oberfläche. Tiefer als wenige millionstel Meter drang das Röntgenlicht nicht in die Kristalle ein. Dennoch dürfte die Methode ihre Nachahmer finden. Denn wenn eines Tages wirklich Licht die üblichen Elektronen als Vermittler von Informationen ablösen soll, ist die Kenntnis von den Interaktionen zwischen elektromagnetischen Wellen und den Atomen der Trägermaterialien von entscheidender Wichtigkeit. Das Röntgenlicht bietet dafür einen Blick ins Innere der Kristalle. Auch wenn sie dadurch nicht ganz so durchschaubar werden wie der klassische Wackelpudding.
Bei dem "Wackelpudding-Ersatz" der Forscher handelt es sich um Kristalle, denen womöglich auf Grund ihrer seltsamen optischen Eigenschaften eine Zukunft in der Optronik winkt – jenem Technologiezweig, der eines Tages mit Licht das tun soll, was Computer gegenwärtig noch mit Elektronen machen. In diesen Kristallen liegen Metall-Ionen eingebettet in eine Referenz aus Sauerstoff-Ionen, in welcher sie einen kleinen Bewegungsspielraum haben. So können beispielsweise beim Lithiumtantalat (LiTaO3) die Lithium- und Tantal-Atome leicht um ihre Ruhelage schwingen. Genau diese Verschiebbarkeit verleiht den Kristallen ihre Fähigkeiten und interessiert Physiker rund um den Globus.
Um Lithiumtantalat in Aktion zu versetzen, bedarf es allerdings des passenden Lichtes. Dessen Energie muss in etwa der Resonanzfrequenz der Metallatome entsprechen. Dann kommt es zu einem komplexen Wechselspiel zwischen dem elektromagnetischen Feld des eingestrahlten Lichts, das die Ionen zum Vibrieren bringt, was seinerseits eine weitere Strahlung mit etwas niedrigerer Energie auslöst. Wie diese Terahertz-Strahlung, die irgendwo zwischen infrarotem Licht und Mikrowellen anzusiedeln ist, sich im Kristall ausbreitet, hat Cavalleris Team nun erstmals beobachtet.
Die Terahertz-Strahlung anzuregen, stellte dabei noch die kleinste Herausforderung dar. Hierzu diente ein Laser, dessen Licht in kurzen Pulsen von 70 Billiardstel Sekunden (70 Femtosekunden, also 70*10-15 Sekunden) mit 800 Nanometern Wellenlänge (nahes Infrarot) im optimalen Winkel auf die Kristalloberfläche traf. Dort verschoben die elektromagnetischen Wellen die Ionen – was Physiker als Polariton bezeichnen und der Einfachheit halber wie ein Teilchen behandeln. Um die Verbreitung dieser Quasiteilchen als Urheber der Terahertz-Strahlung zu verfolgen, beschossen die Wissenschaftler den Kristall mit genau abgestimmtem Röntgenlicht, das je nach Position der Ionen im Gitter leicht unterschiedlich abgelenkt wird, bevor es auf einen Detektor fällt. Ein Aufbau, dessen Kunststück vor allem darin bestand, die Pulse des Laserlichts mit den Röntgenlichtblitzen exakt aufeinander abzustimmen.
Die Analyse zeigte schließlich, dass gleich drei Strahlungen den Kristall durchwandern. Zunächst natürlich das Laserlicht, dessen Ausbreitungsrichtung an der Grenzfläche zwischen Vakuum und Kristall gemäß optischen Gesetzen abgeknickt war. Ihm folgte die Terahertz-Strahlung, die sich gewissermaßen im Kielwasser des Lichtes hielt. Träger waren die Tantal-Atome, die als geladene Teilchen durch ihre Schwingungen das elektromagnetische Feld hervorriefen. Als dritte Komponente fanden die Forscher aber noch eine weitere Terahertz-Strahlung, die sich nur mit einem Drittel der Geschwindigkeit ausbreitete und in Nähe der Oberfläche blieb.
Obwohl die Wissenschaftler ihre Ergebnisse mit einem theoretischen Modell überzeugend simulieren konnten, haben ihre Messungen noch einen Nachteil: Sie kratzen im wörtlichen Sinne nur an der Oberfläche. Tiefer als wenige millionstel Meter drang das Röntgenlicht nicht in die Kristalle ein. Dennoch dürfte die Methode ihre Nachahmer finden. Denn wenn eines Tages wirklich Licht die üblichen Elektronen als Vermittler von Informationen ablösen soll, ist die Kenntnis von den Interaktionen zwischen elektromagnetischen Wellen und den Atomen der Trägermaterialien von entscheidender Wichtigkeit. Das Röntgenlicht bietet dafür einen Blick ins Innere der Kristalle. Auch wenn sie dadurch nicht ganz so durchschaubar werden wie der klassische Wackelpudding.
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