Direkt zum Inhalt

Neurolinguistik: Zu dünnes Kortexareal bei chinesischen Legasthenikern

Chinesische Muttersprachler, die an Legasthenie leiden, zeigen verringerte Aktivitäten in einem für die Verarbeitung chinesischer Schriftzeichen entscheidenden Kortexareal, welches bei ihnen zudem im Durchschnitt dünner ist. Zu diesem Ergebnis kamen jetzt Forscher um Li-Hai Tan von der Universität Hongkong. Die Lese-Rechtschreib-Schwäche schlage sich demnach auch in der Gehirnstruktur der Betroffenen nieder, so die Autoren der Studie.

Während ihre 16 Probanden eine einfache Leseübung absolvierten, überprüften die Forscher zunächst mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT), welche Gehirnbereiche einen Aktivitätsmangel aufwiesen und bestimmten die Dicke der Region. Tan zufolge sei der Gyrus frontalis medialis der linken Gehirnhälfte betroffen. Die Legasthenie seiner Versuchspersonen äußere sich damit in einem Bereich, der für die Raumwahrnehmung und das sprachliche Arbeitsgedächtnis zuständig sei.

Betroffene Hirnregionen bei Legasthenikern | Bei europäischen Legasthenikern ist die linke temporo-parietale Hirnrinde (oben, grün) beeinträchtigt. Dagegen zeigen Chinese mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche eine verminderte Aktivität des linken Gyrus frontalis medialis (oben, rot), während sich der rechte Hinterhauptslappen (unten, blau) verstärkt regt.
Bei Legasthenikern, die eine Alphabetschrift erlernt haben, hatten Forscher bereits den gleichen Zusammenhang zwischen Aktivitätsmangel und geringer Dicke beobachtet. Im Unterschied zu den Chinesen liege bei ihnen das fragliche Areal allerdings weiter hinten im Gehirn, im Übergang vom linken Temporal- zum Parietallappen.

Oberflächlich betrachtet seien zwar die Schwierigkeiten der Legastheniker in beiden Fällen identisch – es gelingt ihnen nicht, grafische Zeichen korrekt in Laute umzusetzen –, je nach Schriftsystem würde das Gehirn allerdings unterschiedliche Bereiche heranziehen, um diese Aufgabe zu lösen. (jd)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.