Polarforschung: Zu größerem Ruhm
Die Wissenschaft war ihm wichtiger als der Ruhm, als Erster den Südpol zu erreichen. Das mussten Robert F. Scott und seine Gefolgsleute mit dem Leben bezahlen. Der Polarforschung aber bescherten sie einen Schatz.
Vor 100 Jahren im Juni 1911 kauerte Robert Falcon Scott mit einem Team von 32 Forschern, das größtenteils aus britischen Wissenschaftlern, Marineoffizieren und Seefahrern bestand, im Dunkel des antarktischen Winters, in dem die Sonne nicht über den Horizont steigt und die umgebende See unter einer bis zu zweieinhalb Meter dicken Eisdecke verschwindet. Im Winter können die Temperaturen auf Ross Island, dem südlichsten freien Stück Land, das Scotts Schiff erreichte, unter minus 45 Grad Celsius fallen. Blizzards sind keine Seltenheit. Ohne drahtlose Kommunikation und völlig abgeschnitten von der Außenwelt warteten die Forscher auf die längeren, wärmeren Frühlingstage im Oktober. Dann würden sich einige von ihnen auf den Weg machen, um über nahezu 1500 Kilometer Schelfeis, Berge und das Polarplateau einen Ort zu erreichen, der für niemanden von besonderem Interesse war – abgesehen davon, dass er sich am "unteren Ende" der Erde befand.
In den langen Wintermonaten fand Scott mehr als genug Zeit, über eine spontane Entscheidung nachzugrübeln, die er vier Monate zuvor – kurz bevor der Winter über die Forscher hereinbrach – getroffen hatte. Im Februar 1911 war eine kleine Gruppe von Scotts Männern bei dem Versuch, die praktisch unbekannte Edward-VII-Halbinsel östlich des Ross-Schelfeises zu erreichen, auf eine andere Gruppe gestoßen, die ihr Camp etwa 560 Kilometer entfernt am Rand des Schelfeises aufgeschlagen hatte. Diese neun Männer stammten aus Norwegen und wurden von Roald Amundsen angeführt, einem erfahrenen arktischen Skiläufer und Hundeschlittenführer, der 1905 als Erster die Nordwestpassage in der kanadischen Arktis überquert hatte.
Eigentlich hieß es, Amundsen befinde sich auf dem Weg zum Nordpol, mehr als 19 000 Kilometer entfernt auf der anderen Seite der Erde. Er hatte sein Ziel jedoch heimlich geändert, um, wie es Scott erschien, die britischen Forscher zu überrumpeln. Amundsens Team reiste mit leichtem Gepäck, frei von wissenschaftlichen Ambitionen. Sie wollten mit Schlittenhunden und auf Schiern einen Sprint zum Pol hinlegen, wobei ihr Ausgangspunkt bereits knapp 100 Kilometer näher am Ziel lag als Scotts Basis auf Ross Island. Was für Scott als ein wohl durchdachter Marsch zum Pol begonnen hatte, war plötzlich zu einem Wettlauf geworden.
Er hatte nicht mit einem Rivalen gerechnet und musste sich nun entscheiden, entweder alles auf das Erreichen des Pols zu setzen oder seinem Plan treu zu bleiben. Er blieb sich treu. "Es ist für uns richtig und gleichzeitig klüger, einfach so weiterzumachen, als wäre nichts geschehen", schrieb Scott zur Herausforderung durch Amundsen in sein Tagebuch. Er bezweifelte, dass Amundsens Schlittenhunde Hunderte von Kilometern über unbekanntes Terrain rennen konnten. Sollten sie es doch schaffen, hatte er ohnehin keine Chance, sie zu schlagen. Für diese Treue zur Wissenschaft zahlten Scott und sein Team einen hohen Preis. Wissenschaftliche Ablenkungen
Wissenschaft zu betreiben war sozusagen eine Tradition in der britischen Royal Navy, und Scott war schließlich auch Offizier. An allen britischen Antarktisexpeditionen zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten Physiker, Geologen und Biologen teilgenommen. Da die Evolution seinerzeit eines der zentralen Themen war, hatten die Forscher nach einem entscheidenden fossilen Beweisstück Ausschau gehalten: eine aus dem Paläozoikum stammende Pflanzengattung namens Glossopteris. Kritiker von Darwins Evolutionstheorie hatten das scheinbar plötzliche Auftreten dieser auffälligen, breitblättrigen Pflanzengattung in der fossilen Geschichte Afrikas, Australiens und Südamerikas zur Verteidigung kreationstischer Erklärungsansätze für das Leben angeführt. Daraufhin hatte Darwin die Hypothese entwickelt, dass sich Glossopteris auf einer Landmasse am südlichen Polarkreis entwickelt hatte, die irgendwie mit den anderen südlichen Kontinenten verbunden gewesen war. Scotts erste Expedition fand Kohlebänke, die bewiesen, dass es in der Antarktis einst Pflanzen gegeben hatte, und Shackletons Expedition entdeckte ebenfalls Pflanzenfossilien, jedoch keine Glossopteris. Scott hoffte nun, diese Angelegenheit klären zu können.
Er hatte zahlreiche Unterstützungsgruppen eingeplant, die nach und nach zurückbleiben sollten, so dass letztlich nur ein kleines Team einen Schlitten zu Fuß zum Pol ziehen würde. Scott dachte, auf diese Weise könne er Sicherheitsreserven schaffen, und so bliebe vielleicht auch unterwegs noch Gelegenheit für Forschung und Kartierung.
Die erste Gruppe brach im Januar 1911 vom Basislager auf, ohne Amundsens Position zu kennen. Scott sandte zehn Männer in zwei getrennten Gruppen aus, die Berge und Gletscher des antarktischen Festlands zu erkunden. Auch als die größere der beiden Gruppen Amundsens Lager entdeckte, begab sie sich gleich wieder auf die nächste wissenschaftliche Mission zur Erforschung von Felsformationen, Gletschern und Buchten entlang der Nordküste von Viktorialand. Dieses Team verbrachte dort planmäßig den Winter 1911 und konnte daher nicht zu der Tour zum Pol beitragen. Nach einer unerwarteten Rückkehr des Winters während des Einsatzes kehrte die Gruppe im November 1912 mit einer Reihe von Fossilien zu Scotts Basislager zurück. Unter diesen befand sich auch ein bemerkenswerter Baumabdruck, jedoch keine Glossopteris.
Die kleinere Gruppe, zu der auch die Geologen Griffith Taylor und Frank Debenham gehörten, erforschte im Februar und März 1911 die Trockentäler, freien Berggipfel und enormen Gletscher der mittleren Küstenregion von Viktorialand. Sie verbrachten die Wintermonate von April bis Oktober 1911 im Basislager mit der Untersuchung ihrer Funde. Auch darunter befanden sich viele Fossilien, doch immer noch nicht die eigentlich gewünschte Pflanze. Taylor und Debenham unternahmen daher Anfang November 1911 eine noch längere Erkundungsreise, kurz nachdem Scott zum Pol aufgebrochen war. Zur Unterstützung in dem unwegsamen Gelände nahmen sie Scotts besten nordischen Skiläufer Tryggve Gran sowie den Bootsmann Robert Forde, einen außergewöhnlich starken Schlittenführer, mit. Dass er Gran und Forde dem wissenschaftlichen Team zuwies, anstatt sie selbst mitzunehmen, zeigte Scotts Engagement für die Forschung. Es machte sich bezahlt: Taylor und Debenham konnten ein riesiges Gebiet bis dahin unbekannter Berge und Gletscher erforschen und stießen dabei auf eine beachtliche Sammlung von Fossilien aus dem Paläozoikum, allerdings wieder nicht auf die eigentlich gesuchte Versteinerung.
Die Jagd auf Pinguine
Die größte Ablenkung vom Wettlauf zum Pol ergab sich durch ein Versprechen, das Scott Edward A. Wilson gegeben hatte, damit er an der Reise teilnahm. Wilson hatte sich bereits auf Scotts erster Antarktisexpedition als ausgezeichneter Zoologe bewährt. Damals waren sie am Kap Crozier von Ross Island auf eine Kolonie von Kaiserpinguinen gestoßen – und Wilson bemerkte, dass diese vermutlich uralte Art ihre Eier im Winter legt und ausbrütet. Scott versprach Wilson, dass er mitten im Winter zu der Kolonie zurückkehren könne, um zu prüfen, ob Embryonen von Kaiserpinguinen Überreste eines Reptiliengebisses aufwiesen. Wilson hoffte beweisen zu können, dass sich Vögel aus Reptilien entwickelt hatten.
Wilson und seine Gruppe brachen am 27. Juni 1911 zu einer mehr als 100 Kilometer langen Exkursion über das Schelfeis von Ross Island auf. Sie zogen knapp 350 Kilogramm wissenschaftliche Gerätschaften, Ausrüstung für das Überleben in der Kälte sowie Proviant auf zwei langen Schlitten mit Geschirren hinter sich her.
Die Gruppe marschierte um die Insel herum nach Süden, wo die Temperaturen häufig unter minus 56 Grad Celsius fielen. Die durch die extreme Kälte schwierige Oberfläche zwang die Männer dazu, die Schlitten einzeln zu ziehen. So kamen sie mit drei Kilometern Fußmarsch immer nur einen Kilometer voran. Nach drei Wochen schonungsloser Anstrengung erreichten die Männer schließlich eine Moräne oberhalb von Kap Crozier. Dort bauten sie eine Steinhütte, in der sie die Embryonen untersuchen wollten, bevor die Eier durchgefroren waren. Mit einem Schlitten als Deckenbalken spannten sie Segeltuch über die vier Steinwände, kitteten Risse mit Schnee und bauten sich zum Heizen einen Bollerofen.
Im Zwielicht, das mittags für wenige Stunden am Tag das Eis ein wenig erhellte, kämpften sich die Männer durch ein Labyrinth massiver Eishügel und Gletscherspalten zu der Kolonie. Sie erreichten ihr Ziel erst, als es fast schon wieder dunkel war. Cherry-Garrard klagte: "Das Material, das sich für die Wissenschaft als überaus wichtig erweisen konnte, war in Reichweite. Durch jede unserer Beobachtungen machten wir Theorien zu Tatsachen, doch dazu blieb uns gerade mal ein kurzer Moment." Sie ergriffen sechs Eier und eilten in der Erwartung, später noch einmal wiederzukommen, zur Hütte zurück.
In der Nacht zog ein schwerer Sturm auf. Die orkanartigen Winde zerrten am Zeltdach der Hütte, bis es am Mittag des dritten Tages in Fetzen weggerissen wurde. Nur noch von ihren Schlafsäcken geschützt, kauerten die Männer in dem Schneetreiben. Als sich der Sturm einen Tag später endlich legte, blies Wilson die Aktion ab. "Wir mussten uns dem Wetter am Kap Crozier und der Dunkelheit geschlagen geben", schrieb er. Die wenigen gesammelten Eier hatten sie verloren oder sie waren eingefroren und taugten damit nicht mehr für Untersuchungen.
Im September 1911, nahm Scott Bowers und Edgar Evans auf seine letzte Tour vor der Reise zum Pol mit: Innerhalb von zwei Wochen legten sie 280 Kilometer zurück, um Stangen zu überprüfen, die ein anderes Team zum Messen der Gletscherbewegungen ins Eis getrieben hatte. Der Weg über die Berge war eine Herausforderung. Das Team musste bei minus 40 Grad Celsius mit einem schweren Schlitten über 50 Kilometer innerhalb eines Tages zurücklegen. "Es ist nicht wirklich klar, warum sie gehen", schrieb Debenham damals.
Der plausibelste Grund war die Wissenschaft. Scott hatte zuvor in sein Tagebuch geschrieben: "Der Stand der Dinge ist in jeder Hinsicht sehr zufrieden stellend. Wenn diese [Polar-]Reise gelingt, kann nichts, nicht einmal das erste Erreichen des Pols, der Expedition den Rang als wichtigste Forschungsreise in die Polargebiete ablaufen." Die Wissenschaft würde dafür sorgen.
Die Reise zum Pol beginnt
Auf Grund von schlechtem Wetter und Verzögerungen durch einige der Nebenprojekte der Expedition musste Scott den Beginn der Reise zum Pol verschieben. Als er schließlich am 1. November 1911 aufbrach, lag er bereits zwölf Tage hinter Amundsen zurück.
"Ich weiß nicht, wie ich Amundsens Chancen einschätzen soll", schrieb Scott kurz vor der Abreise. "Ich habe mich bereits frühzeitig entschieden, alles genauso weiterzumachen, als existiere er gar nicht. Jeder Versuch eines Wettlaufs hätte meinen Plan ruiniert." Scott hatte eine sichere und keine schnelle Reise zum Pol geplant. Sie umfasste einige unterstützende Teams, zum Beispiel eins mit Zugmaschinen, das die Schlitten über das erste Schelfeis schleppen sollte, und weitere mit Hunden und Ponys, die möglicherweise die Berge am Beardmore-Gletscher erreichen oder sogar erklimmen würden.
Jedes Team sollte Vorräte für die Rückreise der Polgruppe in Depots ablegen und dann nacheinander zurückkehren, bis nur noch eine Gruppe übrig blieb, die einen einzelnen Schlitten über das etwa 3000 Meter hohe Polarplateau zum Pol selbst ziehen sollte. Das Vorgehen war schwerfällig, da die gesamte Mannschaft immer nur so schnell vorankam wie ihr langsamstes Glied, das, wie sich herausstellte, die Ponys waren. Sie plagten sich in dem weichen Schnee, der ihnen bis zur Hinterhand reichte, und sie benötigten Viehfutter und einen besonderen Windschutz während der Rastphasen.
Amundsen und seine Männer kamen in der Zwischenzeit zügig voran. Mit den gut ziehenden Hunden erreichte die Gruppe den Pol am 14. Dezember nach zwei Monaten auf Hundeschlitten. Die Rückreise war sogar noch schneller. Die Oberfläche war fest und der Weg führte überwiegend bergab. "Wir hatten immer den Wind im Rücken und die ganze Zeit Sonne und Wärme", schrieb Amundsen. Die Rationen für die Männer und Hunde stiegen auf dem Weg entlang der gleichmäßig verteilten Versorgungslager. Sie benötigten nur fünf Wochen für den Rückweg. Und Amundsen hatte sogar zugenommen.
Am 17. Januar 1912 erreichte Scott den Pol und fand dort die norwegische Flagge vor. "Großer Gott", schrieb er, " das ist ein furchtbarer Ort."
Der Rückmarsch
Doch das Schlimmste stand ihnen noch bevor. Es wurde bitterkalt und der Schnee nahm die Konsistenz von Sand an. Tag für Tag füllte die gleiche Klage die Tagebücher der Schlittenführer: nur Ziehen, kein Gleiten. Dabei versanken sie manchmal so tief in der granulierten Oberfläche, dass die Querstangen den körnigen Schnee durchpflügten. Sie hatten noch Proviant, aber nicht genug, um den Kalorienverbrauch unter solchen Bedingungen auszugleichen.
Die Männer wurden schwächer. Evans zog sich eine Schnittwunde an der Hand zu, die sich entzündete. Oates litt an schweren Erfrierungen. Sie diagnostizierten es zwar nicht, aber alle Beteiligten zeigten Anzeichen von Skorbut.
Doch trotzdem nahmen sie sich die Zeit für geologische Beobachtungen. Auf dem Weg herab vom Beardmore-Gletscher hielten sie auf die Moräne unterhalb des Mount Buckley zu. Am 8. Februar nach dem Mittagessen schrieb Scott: "Die Moräne ist offenkundig so interessant, dass ... ich mich entschieden habe, hier zu lagern und den Rest des Tages mit geologischen Untersuchungen zu verbringen. Wir befanden uns unter senkrecht abfallenden Klippen aus Beacon-Sandstein, der rasch verwitterte und beachtliche Kohlenflöze aufwies. Daraus hat Wilson mit seinen scharfen Augen verschiedene Pflanzenabdrücke gesammelt, als Letztes ein Stück Kohle mit wunderschön nachgezeichneten Schichten von Blättern." Die Pflanzen sahen aus wie Glossopteris. Mit Bowers Hilfe konnte Wilson 16 Kilogramm Fossilien und Gesteinsproben mitnehmen.
Evans und Oates starben als Erste. Nachdem sie sich eine Woche lang den Gletscher hinuntergequält hatten, verlor Evans mehr und mehr die Orientierung. Er wurde bewusstlos und starb am 17. Februar. Oates Erfrierungen wurden so schlimm, dass er nicht mehr mithalten konnte, aber er wollte die anderen nicht ausbremsen. Stattdessen verließ er am 16. März während eines Schneesturms das Zelt, laut Bericht mit den Worten: "Ich geh nur mal raus und bleib vielleicht eine Weile draußen." Er kehrte nie zurück. Die anderen legten ihre letzte Strecke am 19. März zurück. Bis auf das dringendst Notwendige hatten sie alles zurückgelassen, außer – auf Wilsons Wunsch – die Tagebücher, Aufzeichnungen und geologischen Proben. Diese trugen sie noch bis zu ihrem letzten Lager, wo ein Blizzard sie acht Tage lang festhielt, gerade einmal 17 Kilometer von einem entscheidenden Versorgungslager entfernt. Dann gingen ihnen Proviant und Brennstoff aus. Sie starben zusammen, Wilson und Bowers in schlafender Haltung und Scott zwischen ihnen, seinen Schlafsack halb geöffnet und einen Arm um Wilson gelegt.
So fand sie eine Suchmannschaft im nächsten Frühling, mit ihren Aufzeichnungen und Proben. Wie sich herausstellte, hatte Wilson mit den Fossilien Recht behalten: Es handelte sich tatsächlich um die lang gesuchten Glossopteris. Debenham schrieb: "Die 16 Kilogramm Proben, welche die Polgruppe vom Mount Buckley mitbrachte, sind von ihrer Beschaffenheit bestens geeignet, einen lange geführten Streit unter Geologen über die Art der früheren Verbindung zwischen Antarktika und Australasien beizulegen." Wilson als unermüdlicher Forscher mit religiösem Eifer wäre sicher zufrieden gewesen. Darwin hatte Recht und er hatte geholfen, es zu beweisen.
Zwei britische Expeditionen hatten bereits versucht, zum Südpol vorzudringen. Die eine war 1901 bis 1904 unter Leitung von Scott selbst unterwges gewesen, die andere von 1907 bis 1909 hatte Ernest Shackleton geleitet. Beide verfehlten ihr Ziel. Dieses Mal sprühte Scott jedoch geradezu vor Zuversicht. Auf Basis seiner früheren Erfahrungen hatte er diese Expedition geplant und wollte damit nicht nur als Erster den Südpol erreichen – sondern auch ehrgeizige wissenschaftliche Ziele vorantreiben. Er hatte einige Teams eingesetzt, um an verschiedenen Stellen im Rossmeerbecken Fossilien und andere wissenschaftlich relevante Daten zu sammeln. Sobald der Frühling anbrach, wollten er und sein Team langsam nach Süden ziehen, im Frühsommer die britische Flagge am Südpol hissen und erfüllt vom Glück dieser Eroberung und ihrer wissenschaftlichen Entdeckungen zurückkehren.
In den langen Wintermonaten fand Scott mehr als genug Zeit, über eine spontane Entscheidung nachzugrübeln, die er vier Monate zuvor – kurz bevor der Winter über die Forscher hereinbrach – getroffen hatte. Im Februar 1911 war eine kleine Gruppe von Scotts Männern bei dem Versuch, die praktisch unbekannte Edward-VII-Halbinsel östlich des Ross-Schelfeises zu erreichen, auf eine andere Gruppe gestoßen, die ihr Camp etwa 560 Kilometer entfernt am Rand des Schelfeises aufgeschlagen hatte. Diese neun Männer stammten aus Norwegen und wurden von Roald Amundsen angeführt, einem erfahrenen arktischen Skiläufer und Hundeschlittenführer, der 1905 als Erster die Nordwestpassage in der kanadischen Arktis überquert hatte.
Eigentlich hieß es, Amundsen befinde sich auf dem Weg zum Nordpol, mehr als 19 000 Kilometer entfernt auf der anderen Seite der Erde. Er hatte sein Ziel jedoch heimlich geändert, um, wie es Scott erschien, die britischen Forscher zu überrumpeln. Amundsens Team reiste mit leichtem Gepäck, frei von wissenschaftlichen Ambitionen. Sie wollten mit Schlittenhunden und auf Schiern einen Sprint zum Pol hinlegen, wobei ihr Ausgangspunkt bereits knapp 100 Kilometer näher am Ziel lag als Scotts Basis auf Ross Island. Was für Scott als ein wohl durchdachter Marsch zum Pol begonnen hatte, war plötzlich zu einem Wettlauf geworden.
Diese Neuigkeiten brachten ziemliche Unruhe in sein Camp. Einige Teammitglieder schlugen vor, die Wissenschaft beiseite zu lassen und sich auf den Wettlauf zu konzentrieren: Bei einer Entscheidung zwischen Wissenschaft und Pol plädierten sie für den Pol. Scott war jedoch nicht ihrer Meinung. Von seiner ersten Antarktisexpedition hatte er einen wahren Schatz mitgebracht: geologische und biologische Proben, Daten über Meteorologie und Magnetfelder sowie wichtige Erkenntnisse für Ozeanografie und Gletscherforschung. Er sah in der Wissenschaft einen wichtigen Bestandteil der neuen Expedition.
Er hatte nicht mit einem Rivalen gerechnet und musste sich nun entscheiden, entweder alles auf das Erreichen des Pols zu setzen oder seinem Plan treu zu bleiben. Er blieb sich treu. "Es ist für uns richtig und gleichzeitig klüger, einfach so weiterzumachen, als wäre nichts geschehen", schrieb Scott zur Herausforderung durch Amundsen in sein Tagebuch. Er bezweifelte, dass Amundsens Schlittenhunde Hunderte von Kilometern über unbekanntes Terrain rennen konnten. Sollten sie es doch schaffen, hatte er ohnehin keine Chance, sie zu schlagen. Für diese Treue zur Wissenschaft zahlten Scott und sein Team einen hohen Preis. Wissenschaftliche Ablenkungen
Wissenschaft zu betreiben war sozusagen eine Tradition in der britischen Royal Navy, und Scott war schließlich auch Offizier. An allen britischen Antarktisexpeditionen zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten Physiker, Geologen und Biologen teilgenommen. Da die Evolution seinerzeit eines der zentralen Themen war, hatten die Forscher nach einem entscheidenden fossilen Beweisstück Ausschau gehalten: eine aus dem Paläozoikum stammende Pflanzengattung namens Glossopteris. Kritiker von Darwins Evolutionstheorie hatten das scheinbar plötzliche Auftreten dieser auffälligen, breitblättrigen Pflanzengattung in der fossilen Geschichte Afrikas, Australiens und Südamerikas zur Verteidigung kreationstischer Erklärungsansätze für das Leben angeführt. Daraufhin hatte Darwin die Hypothese entwickelt, dass sich Glossopteris auf einer Landmasse am südlichen Polarkreis entwickelt hatte, die irgendwie mit den anderen südlichen Kontinenten verbunden gewesen war. Scotts erste Expedition fand Kohlebänke, die bewiesen, dass es in der Antarktis einst Pflanzen gegeben hatte, und Shackletons Expedition entdeckte ebenfalls Pflanzenfossilien, jedoch keine Glossopteris. Scott hoffte nun, diese Angelegenheit klären zu können.
Er hatte zahlreiche Unterstützungsgruppen eingeplant, die nach und nach zurückbleiben sollten, so dass letztlich nur ein kleines Team einen Schlitten zu Fuß zum Pol ziehen würde. Scott dachte, auf diese Weise könne er Sicherheitsreserven schaffen, und so bliebe vielleicht auch unterwegs noch Gelegenheit für Forschung und Kartierung.
Während seiner Zeit in der Antarktis wollte er zudem verschiedene Forscherteams absetzen, die einzig und allein wissenschaftliche Belege sammeln sollten. Scott hätte diese Gruppen zwar dazu bringen können, ihre anstrengenden Missionen aufzugeben und sich auf die Reise zum Pol zu konzentrieren, er entschied sich jedoch dagegen. Während des Zugs zum Pol sollten verschiedene Offiziere und Wissenschaftler im Hauptlager verbleiben, um meteorologische und Magnetfelddaten aufzuzeichnen, und die Seeleute und Forscher auf Scotts Schiff sollten ozeanografische Forschungen im Südpolarmeer durchführen. Daran änderte auch Amundsens Herausforderung nichts.
Die erste Gruppe brach im Januar 1911 vom Basislager auf, ohne Amundsens Position zu kennen. Scott sandte zehn Männer in zwei getrennten Gruppen aus, die Berge und Gletscher des antarktischen Festlands zu erkunden. Auch als die größere der beiden Gruppen Amundsens Lager entdeckte, begab sie sich gleich wieder auf die nächste wissenschaftliche Mission zur Erforschung von Felsformationen, Gletschern und Buchten entlang der Nordküste von Viktorialand. Dieses Team verbrachte dort planmäßig den Winter 1911 und konnte daher nicht zu der Tour zum Pol beitragen. Nach einer unerwarteten Rückkehr des Winters während des Einsatzes kehrte die Gruppe im November 1912 mit einer Reihe von Fossilien zu Scotts Basislager zurück. Unter diesen befand sich auch ein bemerkenswerter Baumabdruck, jedoch keine Glossopteris.
Die kleinere Gruppe, zu der auch die Geologen Griffith Taylor und Frank Debenham gehörten, erforschte im Februar und März 1911 die Trockentäler, freien Berggipfel und enormen Gletscher der mittleren Küstenregion von Viktorialand. Sie verbrachten die Wintermonate von April bis Oktober 1911 im Basislager mit der Untersuchung ihrer Funde. Auch darunter befanden sich viele Fossilien, doch immer noch nicht die eigentlich gewünschte Pflanze. Taylor und Debenham unternahmen daher Anfang November 1911 eine noch längere Erkundungsreise, kurz nachdem Scott zum Pol aufgebrochen war. Zur Unterstützung in dem unwegsamen Gelände nahmen sie Scotts besten nordischen Skiläufer Tryggve Gran sowie den Bootsmann Robert Forde, einen außergewöhnlich starken Schlittenführer, mit. Dass er Gran und Forde dem wissenschaftlichen Team zuwies, anstatt sie selbst mitzunehmen, zeigte Scotts Engagement für die Forschung. Es machte sich bezahlt: Taylor und Debenham konnten ein riesiges Gebiet bis dahin unbekannter Berge und Gletscher erforschen und stießen dabei auf eine beachtliche Sammlung von Fossilien aus dem Paläozoikum, allerdings wieder nicht auf die eigentlich gesuchte Versteinerung.
Die Jagd auf Pinguine
Die größte Ablenkung vom Wettlauf zum Pol ergab sich durch ein Versprechen, das Scott Edward A. Wilson gegeben hatte, damit er an der Reise teilnahm. Wilson hatte sich bereits auf Scotts erster Antarktisexpedition als ausgezeichneter Zoologe bewährt. Damals waren sie am Kap Crozier von Ross Island auf eine Kolonie von Kaiserpinguinen gestoßen – und Wilson bemerkte, dass diese vermutlich uralte Art ihre Eier im Winter legt und ausbrütet. Scott versprach Wilson, dass er mitten im Winter zu der Kolonie zurückkehren könne, um zu prüfen, ob Embryonen von Kaiserpinguinen Überreste eines Reptiliengebisses aufwiesen. Wilson hoffte beweisen zu können, dass sich Vögel aus Reptilien entwickelt hatten.
Diese Reise führte Wilson, den zoologischen Assistenten Apsley Cherry-Garrard und H. R. "Birdie" Bowers, einen von Scotts besten Männern, während der Planung und Vorbereitung für die Tour zum Pol aus dem Basislager und setzte sie den unbekannten Gefahren aus, die Schlittentouren im dunklen antarktischen Winter bargen.
Wilson und seine Gruppe brachen am 27. Juni 1911 zu einer mehr als 100 Kilometer langen Exkursion über das Schelfeis von Ross Island auf. Sie zogen knapp 350 Kilogramm wissenschaftliche Gerätschaften, Ausrüstung für das Überleben in der Kälte sowie Proviant auf zwei langen Schlitten mit Geschirren hinter sich her.
Die Gruppe marschierte um die Insel herum nach Süden, wo die Temperaturen häufig unter minus 56 Grad Celsius fielen. Die durch die extreme Kälte schwierige Oberfläche zwang die Männer dazu, die Schlitten einzeln zu ziehen. So kamen sie mit drei Kilometern Fußmarsch immer nur einen Kilometer voran. Nach drei Wochen schonungsloser Anstrengung erreichten die Männer schließlich eine Moräne oberhalb von Kap Crozier. Dort bauten sie eine Steinhütte, in der sie die Embryonen untersuchen wollten, bevor die Eier durchgefroren waren. Mit einem Schlitten als Deckenbalken spannten sie Segeltuch über die vier Steinwände, kitteten Risse mit Schnee und bauten sich zum Heizen einen Bollerofen.
Im Zwielicht, das mittags für wenige Stunden am Tag das Eis ein wenig erhellte, kämpften sich die Männer durch ein Labyrinth massiver Eishügel und Gletscherspalten zu der Kolonie. Sie erreichten ihr Ziel erst, als es fast schon wieder dunkel war. Cherry-Garrard klagte: "Das Material, das sich für die Wissenschaft als überaus wichtig erweisen konnte, war in Reichweite. Durch jede unserer Beobachtungen machten wir Theorien zu Tatsachen, doch dazu blieb uns gerade mal ein kurzer Moment." Sie ergriffen sechs Eier und eilten in der Erwartung, später noch einmal wiederzukommen, zur Hütte zurück.
In der Nacht zog ein schwerer Sturm auf. Die orkanartigen Winde zerrten am Zeltdach der Hütte, bis es am Mittag des dritten Tages in Fetzen weggerissen wurde. Nur noch von ihren Schlafsäcken geschützt, kauerten die Männer in dem Schneetreiben. Als sich der Sturm einen Tag später endlich legte, blies Wilson die Aktion ab. "Wir mussten uns dem Wetter am Kap Crozier und der Dunkelheit geschlagen geben", schrieb er. Die wenigen gesammelten Eier hatten sie verloren oder sie waren eingefroren und taugten damit nicht mehr für Untersuchungen.
Auf dem Weg zurück waren die Männer erschöpft. Die Temperaturen fielen erneut unter minus 56 Grad Celsius, und die Schlafsäcke konnten sie nicht mehr wärmen. Nachts schliefen sie kaum und Bowers und Cherry-Garrard waren so müde, dass sie beim Schlittenziehen einnickten. Einmal stürzte Bowers in eine tiefe Gletscherspalte und hing nur noch an seinem Zuggeschirr, bis er gerettet wurde. Cherry-Garrards Kiefer klapperten so stark, dass seine Zähne brachen. Als sie im August wieder im Lager eintrafen, war jeder Acht-Kilogramm-Sack durch Eis aus geschmolzenem Schnee und Schweiß um bis zu 13 Kilogramm schwerer geworden. "Sie sahen verwitterter aus, als jeder den ich bisher gesehen habe", bemerkte Scott. "Ihre Gesichter waren vernarbt und runzelig, die Augen trüb, die Hände von der ständigen Feuchtigkeit und Kälte weiß und faltig." Bowers erholte sich schnell und brach wieder auf.
Im September 1911, nahm Scott Bowers und Edgar Evans auf seine letzte Tour vor der Reise zum Pol mit: Innerhalb von zwei Wochen legten sie 280 Kilometer zurück, um Stangen zu überprüfen, die ein anderes Team zum Messen der Gletscherbewegungen ins Eis getrieben hatte. Der Weg über die Berge war eine Herausforderung. Das Team musste bei minus 40 Grad Celsius mit einem schweren Schlitten über 50 Kilometer innerhalb eines Tages zurücklegen. "Es ist nicht wirklich klar, warum sie gehen", schrieb Debenham damals.
Der plausibelste Grund war die Wissenschaft. Scott hatte zuvor in sein Tagebuch geschrieben: "Der Stand der Dinge ist in jeder Hinsicht sehr zufrieden stellend. Wenn diese [Polar-]Reise gelingt, kann nichts, nicht einmal das erste Erreichen des Pols, der Expedition den Rang als wichtigste Forschungsreise in die Polargebiete ablaufen." Die Wissenschaft würde dafür sorgen.
Die Reise zum Pol beginnt
Auf Grund von schlechtem Wetter und Verzögerungen durch einige der Nebenprojekte der Expedition musste Scott den Beginn der Reise zum Pol verschieben. Als er schließlich am 1. November 1911 aufbrach, lag er bereits zwölf Tage hinter Amundsen zurück.
"Ich weiß nicht, wie ich Amundsens Chancen einschätzen soll", schrieb Scott kurz vor der Abreise. "Ich habe mich bereits frühzeitig entschieden, alles genauso weiterzumachen, als existiere er gar nicht. Jeder Versuch eines Wettlaufs hätte meinen Plan ruiniert." Scott hatte eine sichere und keine schnelle Reise zum Pol geplant. Sie umfasste einige unterstützende Teams, zum Beispiel eins mit Zugmaschinen, das die Schlitten über das erste Schelfeis schleppen sollte, und weitere mit Hunden und Ponys, die möglicherweise die Berge am Beardmore-Gletscher erreichen oder sogar erklimmen würden.
Jedes Team sollte Vorräte für die Rückreise der Polgruppe in Depots ablegen und dann nacheinander zurückkehren, bis nur noch eine Gruppe übrig blieb, die einen einzelnen Schlitten über das etwa 3000 Meter hohe Polarplateau zum Pol selbst ziehen sollte. Das Vorgehen war schwerfällig, da die gesamte Mannschaft immer nur so schnell vorankam wie ihr langsamstes Glied, das, wie sich herausstellte, die Ponys waren. Sie plagten sich in dem weichen Schnee, der ihnen bis zur Hinterhand reichte, und sie benötigten Viehfutter und einen besonderen Windschutz während der Rastphasen.
Am 3. Januar 1912 machte sich das letzte Unterstützungsteam vom Plateau aus auf den Rückweg. Vor dem eigentlichen Polteam, das aus Scott, Wilson, Bowers, Evans und dem Kapitän der British Army Lawrence "Titus" Oates bestand, erstreckten sich 240 Kilometer Eis, die – abgesehen von regelmäßigen meteorologischen Aufzeichnungen und Beobachtungen der windgepeitschten Oberfläche – kaum Aussicht auf wissenschaftliche Forschung boten.
Amundsen und seine Männer kamen in der Zwischenzeit zügig voran. Mit den gut ziehenden Hunden erreichte die Gruppe den Pol am 14. Dezember nach zwei Monaten auf Hundeschlitten. Die Rückreise war sogar noch schneller. Die Oberfläche war fest und der Weg führte überwiegend bergab. "Wir hatten immer den Wind im Rücken und die ganze Zeit Sonne und Wärme", schrieb Amundsen. Die Rationen für die Männer und Hunde stiegen auf dem Weg entlang der gleichmäßig verteilten Versorgungslager. Sie benötigten nur fünf Wochen für den Rückweg. Und Amundsen hatte sogar zugenommen.
Am 17. Januar 1912 erreichte Scott den Pol und fand dort die norwegische Flagge vor. "Großer Gott", schrieb er, " das ist ein furchtbarer Ort."
Der Rückmarsch
Doch das Schlimmste stand ihnen noch bevor. Es wurde bitterkalt und der Schnee nahm die Konsistenz von Sand an. Tag für Tag füllte die gleiche Klage die Tagebücher der Schlittenführer: nur Ziehen, kein Gleiten. Dabei versanken sie manchmal so tief in der granulierten Oberfläche, dass die Querstangen den körnigen Schnee durchpflügten. Sie hatten noch Proviant, aber nicht genug, um den Kalorienverbrauch unter solchen Bedingungen auszugleichen.
Die Männer wurden schwächer. Evans zog sich eine Schnittwunde an der Hand zu, die sich entzündete. Oates litt an schweren Erfrierungen. Sie diagnostizierten es zwar nicht, aber alle Beteiligten zeigten Anzeichen von Skorbut.
Doch trotzdem nahmen sie sich die Zeit für geologische Beobachtungen. Auf dem Weg herab vom Beardmore-Gletscher hielten sie auf die Moräne unterhalb des Mount Buckley zu. Am 8. Februar nach dem Mittagessen schrieb Scott: "Die Moräne ist offenkundig so interessant, dass ... ich mich entschieden habe, hier zu lagern und den Rest des Tages mit geologischen Untersuchungen zu verbringen. Wir befanden uns unter senkrecht abfallenden Klippen aus Beacon-Sandstein, der rasch verwitterte und beachtliche Kohlenflöze aufwies. Daraus hat Wilson mit seinen scharfen Augen verschiedene Pflanzenabdrücke gesammelt, als Letztes ein Stück Kohle mit wunderschön nachgezeichneten Schichten von Blättern." Die Pflanzen sahen aus wie Glossopteris. Mit Bowers Hilfe konnte Wilson 16 Kilogramm Fossilien und Gesteinsproben mitnehmen.
Evans und Oates starben als Erste. Nachdem sie sich eine Woche lang den Gletscher hinuntergequält hatten, verlor Evans mehr und mehr die Orientierung. Er wurde bewusstlos und starb am 17. Februar. Oates Erfrierungen wurden so schlimm, dass er nicht mehr mithalten konnte, aber er wollte die anderen nicht ausbremsen. Stattdessen verließ er am 16. März während eines Schneesturms das Zelt, laut Bericht mit den Worten: "Ich geh nur mal raus und bleib vielleicht eine Weile draußen." Er kehrte nie zurück. Die anderen legten ihre letzte Strecke am 19. März zurück. Bis auf das dringendst Notwendige hatten sie alles zurückgelassen, außer – auf Wilsons Wunsch – die Tagebücher, Aufzeichnungen und geologischen Proben. Diese trugen sie noch bis zu ihrem letzten Lager, wo ein Blizzard sie acht Tage lang festhielt, gerade einmal 17 Kilometer von einem entscheidenden Versorgungslager entfernt. Dann gingen ihnen Proviant und Brennstoff aus. Sie starben zusammen, Wilson und Bowers in schlafender Haltung und Scott zwischen ihnen, seinen Schlafsack halb geöffnet und einen Arm um Wilson gelegt.
So fand sie eine Suchmannschaft im nächsten Frühling, mit ihren Aufzeichnungen und Proben. Wie sich herausstellte, hatte Wilson mit den Fossilien Recht behalten: Es handelte sich tatsächlich um die lang gesuchten Glossopteris. Debenham schrieb: "Die 16 Kilogramm Proben, welche die Polgruppe vom Mount Buckley mitbrachte, sind von ihrer Beschaffenheit bestens geeignet, einen lange geführten Streit unter Geologen über die Art der früheren Verbindung zwischen Antarktika und Australasien beizulegen." Wilson als unermüdlicher Forscher mit religiösem Eifer wäre sicher zufrieden gewesen. Darwin hatte Recht und er hatte geholfen, es zu beweisen.
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