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News: Zu heiß gewickelt

Die Männer leiden seit vier Jahrzehnten unter dem Rückgang ihrer Spermienproduktion. Während viele die Ursachen bisher meist in der zunehmenden Bedrohung durch Umweltgifte sehen, glauben Kieler Forscher nun, dass hohe Temperaturen die Entwicklung der Hoden beeinträchtigen. Schuld daran sind die Wegwerf-Windeln. Im Gegensatz zu den altmodischen Baumwollwindeln gewährleisten sie nämlich nicht den kleinen Unterschied zwischen Körper- und Hodentemperatur.
Zahlreiche Studien haben es bewiesen: Weltweit produzieren die Männer immer weniger gesunde Spermien. In Deutschland ist die Konzentration lebensfähiger Spermien in der Samenflüssigkeit während der letzten 40 Jahre um bis zu 70 Prozent gesunken. Während die ansteigenden Umweltbelastungen zu den Favoriten der Ursachenforscher gehören, glauben Kieler Kinderärzte, dass den Männern das Problem möglicherweise buchstäblich in die Wiege gelegt wurde. Denn Wegwerf-Windeln könnten zu ungesund hohen Temperaturen der Hoden führen (Archives of Disease in Childhood vom Oktober 2000).

Um dies herauszufinden, verglichen Wolfgang Sippell und seine Kollegen der Klinik für Allgemeine Pädiatrie an der Universität Kiel die Körpertemperaturen von 48 kleinen Jungen mit denen ihrer Hoden. Die bis viereinhalb Jahre alten Kinder trugen während der 24-stündigen Messperioden jeweils Einweg- oder Baumwollwindeln. Die Entscheidung für diesen oder jenen Auslaufschutz oblag dem Zufall.

Normalerweise liegt die Temperatur der Hoden um rund 2,5 Grad Celsius unter der Körpertemperatur – die in diesem Fall im Enddarm ermittelt wurde. Baumwollwindeln haben auf diesen Temperaturunterschied offenbar keinen Einfluss, denn er betrug bei allen Kindern im Durchschnitt 2,6 Grad Celsius. Ganz anders hingegen bei den Wegwerf-Windeln. Sie führten bei allen 48 Jungen zu einer starken Verminderung dieser Temperaturdifferenz. Bei 13 Jungen konnte schließlich gar kein Unterschied mehr gemessen werden. Bei erwachsenen Männern ist die Folge hoher Temperaturen der Hoden eine verringerte Spermienproduktion, bei Babies könnte auf diese Weise die spätere Entwicklung der Hoden gestört werden. Denn in den ersten beiden Lebensjahren entstehen in den Hoden die so genannten Sertoli-Zellen. Später ernähren sie die heranreifenden Spermien und sind für die Fertilität somit von wesentlicher Bedeutung.

In Deutschland begann der Wechsel hin zur Wegwerf-Windel vor rund 25 Jahren – aber nur in den alten Bundesländern. In der ehemaligen DDR erfreuten sich die althergebrachten Baumwollwindeln dagegen bis weit nach dem Mauerfall großer Beliebtheit. Hier sieht die Arbeitsgruppe von Wolfgang Sippell nun die Grundlage zukünftiger Forschungen. Vielleicht kann der Vergleich zwischen gleichaltrigen Männern aus West und Ost Aufschluss darüber geben, ob der frühkindliche Hitzestau Ursache für die zunehmenden Probleme bei der Zeugung von Nachwuchs ist.

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