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Sinnesphysiologie: Zu Salziges ist bitter-sauer

Salzstreuer und verschüttetes Salz

Zu wenig, vor allem aber zu viel Salz in der Nahrung bringt unseren Flüssigkeitshaushalt aus dem Gleichgewicht – Grund genug für unseren Organismus, solche schädlichen Salzkonzentrationen verlässlich erkennen zu können. Doch wann empfinden wir Salziges als unangenehm? Charles Zuker von der Columbia University beobachtete an Mäusen, dass zu viel Kochsalz, also Natriumchlorid, durch Geschmacksrezeptoren für Bitteres und Saures detektiert wird.

Die Geschmacksknospen auf der Zunge tragen Rezeptoren für fünf verschiedene Qualitäten: süß, sauer, bitter, salzig und umami. Während Süßes und das herzhafte Umami bei der Signalverarbeitung generell als attraktiv eingestuft werden, warnen uns "sauer" und "bitter" vor allem unangenehm vor giftiger und verdorbener Nahrung. Nur Salziges kann sowohl attraktiv als auch aversiv wirken. Auf niedrige Konzentrationen reagiert dabei ein epithelialer Natriumkanal, von dem aus der Sinnesreiz per Geschmacksnerv ans Gehirn weiterläuft. Ab wann die Konzentration von Natriumchlorid als zu hoch empfunden wird – und welche Rezeptoren daran beteiligt sind –, war dagegen bislang unklar.

Um die Fragen zu klären, betrachteten Zuker und seine Kollegen die Chorda tympani von Mäusen – eine Nervenbahn, die sensorische Signale aus der Zunge empfängt. In dem Nervenbündel ermittelten die Forscher die Signalantworten einzelner Neuronen nach der Einwirkung verschiedener Salzlösungen auf die Geschmacksrezeptoren. Dabei fiel auf, dass Nervenzellen, die auf hohe Salzkonzentrationen reagierten, auch nach Gabe von Bitterstoffen feuerten. Umgekehrt konnten beide Antworten auf die gleiche Weise blockiert werden. Das deutete darauf hin, dass "sehr Salziges" vom gleichen Rezeptor erkannt wird wie "Bitteres".

Der Test am lebenden Tier bestätigte diese Vermutung: Mäuse ohne funktionierende Bittersensoren tranken Salzlösungen sehr hoher, sogar schädlicher Konzentrationen und zeigten sogar eine Vorliebe dafür. Denn ohne Bittersensoren meldete nur der weiter aktive Natriumkanal geschmacksanregende Reize. Das normale Salzvermeidungsverhalten der Mäuse konnte durch Reparatur des Gendefekts wiederhergestellt werden. Vollkommen unempfindlich waren Mäuse, bei denen durch eine Doppelmutation zusätzlich die Säurewahrnehmung unterbrochen war. Sie tranken sogar Lösungen mit dem Salzgehalt von Meerwasser. Die Forscher schlossen daraus, dass eine Kombination von Bitter- und Sauerrezeptoren die Wahrnehmung einer versalzenen Speise vermittelt.

Noch nicht völlig verstanden ist, warum stark salzige Nahrung dann nicht sauer oder bitter schmeckt. Offenbar spielen dabei Kombinationseffekte der verschiedenen Geschmacksreize und die Verschaltungen des neuronalen Systems eine Rolle, erklären die Forscher: Je nach Verknüpfung der Signalbahnen werden diese Reize im Gehirn auf verschiedene Weise miteinander verrechnet. Dadurch wird es aber auch umso schwieriger, den kombinierten Sinneseindruck einer geschmacksreichen Speise im Einzelnen neuronal zu dekodieren.

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