Endstation Verbraucher: Zu teuer oder zu Recht?
Schon im Oktober zahlte der Verbraucher knapp zehn Prozent mehr für frische Produkte als im Vorjahr, ermittelte die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle für Erzeugnisse der Land-, Forst und Ernährungswirtschaft (ZMP). Vor allem Milcherzeugnisse kosten fast dreißig Prozent mehr. Zu den Spitzenreitern gehört Butter: Der Preis für ein Päckchen von 250 Gramm stieg in nur vier Monaten von 75 Cent auf 1,19 Euro. Wer soll das bezahlen? Und an wen wird gezahlt? Laut den Verbraucherzentralen vermuten viele Käufer, dass der Handel profitiert, während den Bauern nur ein Bruchteil des Geldes erreicht. Oder liegt es an den Verbrauchern selbst, die so sehr an Dumping-Preise gewöhnt sind, dass sie ausgerechnet bei ihrer Ernährung knausern wollen?
Frank Jäger vom Hessischen Bauernverband war selbst überrascht von der rasanten Preisentwicklung: "Das hat noch im März 2007 keiner so vorausgesehen." Jäger leitet das Referat für Milchproduktion, Tierzucht und Tierhaltung. Warum Milch ein so teures Gut geworden ist, liegt unter anderem an den Märkten der Europäischen Union. Sprach man in den vergangenen Jahren über das Milchangebot in der EU, so fielen meist die Begriffe "Butterberg" und "Milchsee". Die Bauern erzeugten solche Übermengen, dass die EU sie nur mit Export-Beihilfen auf dem Weltmarkt absetzen konnte.
Die Milchlager der EU sind leer
In Deutschland war die Milch bis 2006 nicht nur billiger als heute, sondern auch im EU-Vergleich günstig. Die deutschen Verbraucher zahlten im Schnitt 15 Prozent weniger für Milch, Eier und Käse als andere EU-Länder. Der Preis für die übrigen Nahrungsmittel lag dagegen leicht über dem Niveau der Nachbarstaaten. Einen großen Anteil daran hatten die Discountermärkte. Nach Angaben der ZMP haben die Discounter in Deutschland einen Marktanteil von über vierzig Prozent, den höchsten in der EU. Von der deutschen H-Milch geht laut Jäger die Hälfte bei Aldi, Lidl und Co. über den Ladentisch. Zwischen den Märkten herrscht eine große Konkurrenz, deshalb wurden die Preise bisher deutlich unter das durchschnittliche EU-Niveau gedrückt. Waren die Molkereien mit ihren Milchlieferanten nicht bereit, günstig zu liefern, fanden sie nur schwer einen Abnehmer.
Doch die Situation hat sich geändert. "Die Milchlager der EU sind leer, die Export-Unterstützungen wurden auf null gefahren", berichtet Jäger. Die Milch verkauft sich besser, dies liegt nicht nur daran, dass der Verbrauch in der EU gestiegen ist und Länder wie England nach Überschwemmungen weniger produziert haben. Es gibt einen weiteren Grund: Die Welt isst mit. Asiatische Länder entdecken mit dem westlichen Lebensstil neue Vorlieben in der Ernährung und fördern mit ihrer enormen Kaufkraft den europäischen Milch-Export. Frank Jäger vergleicht: "Jeder Deutsche isst im Durchschnitt 22 Kilogramm Käse im Jahr, ein Chinese zur Zeit nur 400 Gramm. Da steckt noch einiges an Potential drin." Bisher hat die Quotenregel der EU vorgegeben, wieviel Milch in den Mitgliedsländern produziert werden darf, um die Überproduktion zu vermeiden. Die Regel läuft 2015 aus, Jäger hält eine Verlängerung für unwahrscheinlich, da sich die EU aus der Steuerung der Märkte zurückziehe. Dies eröffne neue Chancen: Die Lage auf dem Weltmarkt könne dazu beitragen, Angebot und Nachfrage zu regeln – und zwar zu Gunsten der Milchbauern.
Teure Ferkel
Wo die globale Nachfrage keinen Einfluss hat, bleibt das Niveau weiter niedrig. Für Schweinefleisch hat die EU mit China noch kein Veterinärabkommen beschlossen, so kann es nicht dorthin exportiert werden. Zurzeit bekomme ein Bauer pro Ferkel 30 Euro, dabei habe er pro Tier Kosten von 60 bis 65 Euro, klagt Jäger. Der Markt müsse auch hier geöffnet werden und der Preis steigen.
Die Verbraucher müssen wohl auf Dauer mehr bezahlen, wenn sie ihren Kühlschrank füllen wollen. Allerdings sollten die Deutschen im Schnitt auch mehr Geld in der Tasche haben. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), eines der größten Marktforschungsinstitute weltweit, ermittelte im vergangenen November, dass Konjunktur, Einkommen und die Lage auf dem Arbeitsmarkt sich weiter verbessern werden. Trotzdem meldet das Institut, dass die Kauflust abnimmt, denn die meisten fürchten, bald noch mehr für Energie und Lebensmitteln ausgeben zu müssen. Die GfK spricht von einer "gefühlten Inflation". Dieser Begriff tauchte bereits nach der Einführung des Euro auf. Damals nahmen die Bewohner vieler EU-Länder den Euro als "Teuro" war, obwohl laut den statistischen Ämtern die Inflation genauso hoch war wie vor der Einführung. Der Verbraucherpreisindex, den das statistische Bundesamt in Deutschland regelmäßig ermittelt, war nach dem Währungswechsel nur leicht gestiegen. Dieser Index gibt an, wieviel ein Haushalt für alle Produkte und Dienstleistungen ausgibt, die er regelmäßig braucht. Trotzdem hatten die Bürger das Gefühl, viel weniger für ihr Geld zu bekommen.
Der Index der wahrgenommenen Inflation
Gemeinsam mit dem Wirtschaftswissenschaftler Hans Wolfgang Brachinger von der Schweizer Universität Freiburg errechnete das Bundesamt einen neuen statistischen Wert, den Index der wahrgenommenen Inflation (IWI). Während der Verbraucherpreisindex objektiv die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten angibt, bezieht der IWI die subjektive Sicht des Käufers mit ein. Brachinger richtete sich dazu nach folgenden Annahmen: Ob ein Produkt als teuer oder günstig empfunden wird, hängt davon ab, ob der Kunde einen niedrigeren oder höheren Preis erwartet hat. Dabei reagiert er auf gestiegene Preise viel empfindlicher, als wenn er weniger zahlen muss. Besonders hoch schätzt er die Inflation ein, wenn er die Verteuerung häufig zu spüren bekommt. Die erhöhten Preise für Milch und Brot begegnen dem Verbraucher mehrmals in der Woche an der Supermarktkasse. Einen neuen Fernseher oder Computer kauft er dagegen erst wieder in ein paar Jahren zu einem Sonderangebot, das deutlich unter dem Preis des alten Geräts liegt. Aber wer erinnert sich noch daran, was er damals bezahlt hat? Währenddessen wird automatisch die Miete vom Konto abgezogen, der Betrag taucht in den Köpfen nicht auf. Dies erklärt, warum die Empörung beim Lebensmittelkauf so groß ist, selbst wenn anderswo mehr Geld übrigbleibt.
Andrea Schauff von der Verbraucherzentrale Hessen nennt ein weiteres Problem der Käufer: Ihnen fehlt die Transparenz. Wenn Konzerne und Handel nicht bekannt geben, warum die Preise sich verändern, reagieren die Verbraucher oft misstrauisch. Als alle Supermärkte gleichzeitig die Butterpreise erhöhten, meldeten sich bei den Verbraucherschützern empörte Anrufer, die Preisabsprachen vermuteten. Das Kartellamt hat dies überprüft, konnte aber keine illegalen Absprachen in der Milchindustrie feststellen. "Für die Verbraucher ist nicht einzusehen, dass die Preise für Verarbeitungsprodukte sich viel stärker verteuern als die entsprechenden Rohstoffpreise. Selbst wenn zum Beispiel der Getreidepreis um fünfzig Prozent steigt, kann das bei einem Brötchen nicht mehr als ein oder zwei Cent ausmachen", erläutert Schauff. Die Verbraucher wollten wissen , wie die Preise entstehen und was wirklich bei den Erzeugern ankommt. Steigende Preise seien aus Sicht der Käufer nur dann gerechtfertigt, wenn dafür Qualität und Sicherheit bei den Lebensmitteln verbessert werden. Schauff ist sicher: "Ein Teil der Verbraucher ist bereit, mehr auszugeben für hohe Qualität, dann wollen sie aber wissen, wo der Mehrwert liegt, also etwa wie das Tier gehalten wurde und woher das Fleisch kommt, das auf ihrem Teller landet." Das habe sich auch am steigenden Absatz von Bioprodukten gezeigt. Außerdem sei eine bessere Kennzeichnung der Lebensmittel notwendig, um die Verbraucher über die Herkunft der Rohstoffe zu informieren. Die Verbraucherzentralen weisen deshalb mit Einkaufsführern auf regionale und ökologisch erzeugte Lebensmittel hin.
Was kostet ein Schnitzel?
Wie Kosten und Preis zusammenhängen, ist nur schwer zu durchblicken. Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung verfolgte in der Studie "Was kostet ein Schnitzel wirklich?" den Weg des Schweinefleischs vom Bauern bis zur Ladentheke. Im Auftrag des Verbrauchervereins "foodwatch" verglich das Institut dabei Öko-Schnitzel für durchschnittlich 13 Euro pro Kilogramm mit herkömmlich erzeugtem Schnitzel für 7 Euro. Die Ursache für den großen Unterschied liegt laut der Studie nicht nur darin, dass Öko-Fleisch teurer und umweltfreundlicher erzeugt wird. Bisher macht es nur einen Marktanteil von 0,5 Prozent aus, die kleinen Mengen können bei weitem nicht so effizient verarbeitet und vermarktet werden wie die Massen an herkömmlichem Fleisch. Die so entstehenden Mehrkosten trägt der Endverbraucher durch den höheren Preis im Supermarkt. Hinzu kommt, dass lediglich die Edelteile wie Schnitzel und Kotelett als "Öko" verkauft werden können, die Reststücke müssen zum normalen Preis abgegeben werden. Die Forscher sind der Meinung, Öko-Fleisch könne nur erschwinglicher werden, wenn es aus der bisherigen Nische herauskäme. Die Bundesregierung versucht mit ihrem Programm "Ökologischer Landbau" die Bedingungen zu verbessern. Der Verein "foodwatch" kritisiert jedoch, dass sich die Regierung nicht genug gegen eine Agrarlobby durchsetzt, die das meiste Geld mit Massenproduktion verdient und sich daher gegen Veränderungen wehrt. Laut "foodwatch" muss Öko-Fleisch besser beworben werden, der Staat eine umweltfreundliche Erzeugung fördern und die Supermarktketten den Vertrieb verbessern. Ansonsten würden die Verbraucher weiter zu herkömmlichem Fleisch greifen und die Öko-Produktion bliebe in ihrer Marktnische stecken.
Von all diesen Zusammenhängen steht nichts auf dem Preisschild im Supermarkt. Der Käufer kann sich nur selbst informieren und abwägen, wofür er sein Geld ausgibt. Dass er gezwungen ist, mehr davon auszugeben, ist kaum abzuwenden. Doch wer gerechte Preise fordert, wird akzeptieren müssen, dass der Deutsche Bauernverband seit Jahren mit der Kampagne wirbt: "Lebensmittel sind mehr wert".
Lisa Leander
Dieser Beitrag ist Teil eines Projektes der Studenten des 3. und 5. Semester Wissenschaftsjournalismus der Hochschule Darmstadt zum Thema "Ernährung":
Das große Fressen
Frank Jäger vom Hessischen Bauernverband war selbst überrascht von der rasanten Preisentwicklung: "Das hat noch im März 2007 keiner so vorausgesehen." Jäger leitet das Referat für Milchproduktion, Tierzucht und Tierhaltung. Warum Milch ein so teures Gut geworden ist, liegt unter anderem an den Märkten der Europäischen Union. Sprach man in den vergangenen Jahren über das Milchangebot in der EU, so fielen meist die Begriffe "Butterberg" und "Milchsee". Die Bauern erzeugten solche Übermengen, dass die EU sie nur mit Export-Beihilfen auf dem Weltmarkt absetzen konnte.
Die Milchlager der EU sind leer
In Deutschland war die Milch bis 2006 nicht nur billiger als heute, sondern auch im EU-Vergleich günstig. Die deutschen Verbraucher zahlten im Schnitt 15 Prozent weniger für Milch, Eier und Käse als andere EU-Länder. Der Preis für die übrigen Nahrungsmittel lag dagegen leicht über dem Niveau der Nachbarstaaten. Einen großen Anteil daran hatten die Discountermärkte. Nach Angaben der ZMP haben die Discounter in Deutschland einen Marktanteil von über vierzig Prozent, den höchsten in der EU. Von der deutschen H-Milch geht laut Jäger die Hälfte bei Aldi, Lidl und Co. über den Ladentisch. Zwischen den Märkten herrscht eine große Konkurrenz, deshalb wurden die Preise bisher deutlich unter das durchschnittliche EU-Niveau gedrückt. Waren die Molkereien mit ihren Milchlieferanten nicht bereit, günstig zu liefern, fanden sie nur schwer einen Abnehmer.
Doch die Situation hat sich geändert. "Die Milchlager der EU sind leer, die Export-Unterstützungen wurden auf null gefahren", berichtet Jäger. Die Milch verkauft sich besser, dies liegt nicht nur daran, dass der Verbrauch in der EU gestiegen ist und Länder wie England nach Überschwemmungen weniger produziert haben. Es gibt einen weiteren Grund: Die Welt isst mit. Asiatische Länder entdecken mit dem westlichen Lebensstil neue Vorlieben in der Ernährung und fördern mit ihrer enormen Kaufkraft den europäischen Milch-Export. Frank Jäger vergleicht: "Jeder Deutsche isst im Durchschnitt 22 Kilogramm Käse im Jahr, ein Chinese zur Zeit nur 400 Gramm. Da steckt noch einiges an Potential drin." Bisher hat die Quotenregel der EU vorgegeben, wieviel Milch in den Mitgliedsländern produziert werden darf, um die Überproduktion zu vermeiden. Die Regel läuft 2015 aus, Jäger hält eine Verlängerung für unwahrscheinlich, da sich die EU aus der Steuerung der Märkte zurückziehe. Dies eröffne neue Chancen: Die Lage auf dem Weltmarkt könne dazu beitragen, Angebot und Nachfrage zu regeln – und zwar zu Gunsten der Milchbauern.
Teure Ferkel
Wo die globale Nachfrage keinen Einfluss hat, bleibt das Niveau weiter niedrig. Für Schweinefleisch hat die EU mit China noch kein Veterinärabkommen beschlossen, so kann es nicht dorthin exportiert werden. Zurzeit bekomme ein Bauer pro Ferkel 30 Euro, dabei habe er pro Tier Kosten von 60 bis 65 Euro, klagt Jäger. Der Markt müsse auch hier geöffnet werden und der Preis steigen.
Die Verbraucher müssen wohl auf Dauer mehr bezahlen, wenn sie ihren Kühlschrank füllen wollen. Allerdings sollten die Deutschen im Schnitt auch mehr Geld in der Tasche haben. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), eines der größten Marktforschungsinstitute weltweit, ermittelte im vergangenen November, dass Konjunktur, Einkommen und die Lage auf dem Arbeitsmarkt sich weiter verbessern werden. Trotzdem meldet das Institut, dass die Kauflust abnimmt, denn die meisten fürchten, bald noch mehr für Energie und Lebensmitteln ausgeben zu müssen. Die GfK spricht von einer "gefühlten Inflation". Dieser Begriff tauchte bereits nach der Einführung des Euro auf. Damals nahmen die Bewohner vieler EU-Länder den Euro als "Teuro" war, obwohl laut den statistischen Ämtern die Inflation genauso hoch war wie vor der Einführung. Der Verbraucherpreisindex, den das statistische Bundesamt in Deutschland regelmäßig ermittelt, war nach dem Währungswechsel nur leicht gestiegen. Dieser Index gibt an, wieviel ein Haushalt für alle Produkte und Dienstleistungen ausgibt, die er regelmäßig braucht. Trotzdem hatten die Bürger das Gefühl, viel weniger für ihr Geld zu bekommen.
Der Index der wahrgenommenen Inflation
Gemeinsam mit dem Wirtschaftswissenschaftler Hans Wolfgang Brachinger von der Schweizer Universität Freiburg errechnete das Bundesamt einen neuen statistischen Wert, den Index der wahrgenommenen Inflation (IWI). Während der Verbraucherpreisindex objektiv die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten angibt, bezieht der IWI die subjektive Sicht des Käufers mit ein. Brachinger richtete sich dazu nach folgenden Annahmen: Ob ein Produkt als teuer oder günstig empfunden wird, hängt davon ab, ob der Kunde einen niedrigeren oder höheren Preis erwartet hat. Dabei reagiert er auf gestiegene Preise viel empfindlicher, als wenn er weniger zahlen muss. Besonders hoch schätzt er die Inflation ein, wenn er die Verteuerung häufig zu spüren bekommt. Die erhöhten Preise für Milch und Brot begegnen dem Verbraucher mehrmals in der Woche an der Supermarktkasse. Einen neuen Fernseher oder Computer kauft er dagegen erst wieder in ein paar Jahren zu einem Sonderangebot, das deutlich unter dem Preis des alten Geräts liegt. Aber wer erinnert sich noch daran, was er damals bezahlt hat? Währenddessen wird automatisch die Miete vom Konto abgezogen, der Betrag taucht in den Köpfen nicht auf. Dies erklärt, warum die Empörung beim Lebensmittelkauf so groß ist, selbst wenn anderswo mehr Geld übrigbleibt.
Andrea Schauff von der Verbraucherzentrale Hessen nennt ein weiteres Problem der Käufer: Ihnen fehlt die Transparenz. Wenn Konzerne und Handel nicht bekannt geben, warum die Preise sich verändern, reagieren die Verbraucher oft misstrauisch. Als alle Supermärkte gleichzeitig die Butterpreise erhöhten, meldeten sich bei den Verbraucherschützern empörte Anrufer, die Preisabsprachen vermuteten. Das Kartellamt hat dies überprüft, konnte aber keine illegalen Absprachen in der Milchindustrie feststellen. "Für die Verbraucher ist nicht einzusehen, dass die Preise für Verarbeitungsprodukte sich viel stärker verteuern als die entsprechenden Rohstoffpreise. Selbst wenn zum Beispiel der Getreidepreis um fünfzig Prozent steigt, kann das bei einem Brötchen nicht mehr als ein oder zwei Cent ausmachen", erläutert Schauff. Die Verbraucher wollten wissen , wie die Preise entstehen und was wirklich bei den Erzeugern ankommt. Steigende Preise seien aus Sicht der Käufer nur dann gerechtfertigt, wenn dafür Qualität und Sicherheit bei den Lebensmitteln verbessert werden. Schauff ist sicher: "Ein Teil der Verbraucher ist bereit, mehr auszugeben für hohe Qualität, dann wollen sie aber wissen, wo der Mehrwert liegt, also etwa wie das Tier gehalten wurde und woher das Fleisch kommt, das auf ihrem Teller landet." Das habe sich auch am steigenden Absatz von Bioprodukten gezeigt. Außerdem sei eine bessere Kennzeichnung der Lebensmittel notwendig, um die Verbraucher über die Herkunft der Rohstoffe zu informieren. Die Verbraucherzentralen weisen deshalb mit Einkaufsführern auf regionale und ökologisch erzeugte Lebensmittel hin.
Was kostet ein Schnitzel?
Wie Kosten und Preis zusammenhängen, ist nur schwer zu durchblicken. Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung verfolgte in der Studie "Was kostet ein Schnitzel wirklich?" den Weg des Schweinefleischs vom Bauern bis zur Ladentheke. Im Auftrag des Verbrauchervereins "foodwatch" verglich das Institut dabei Öko-Schnitzel für durchschnittlich 13 Euro pro Kilogramm mit herkömmlich erzeugtem Schnitzel für 7 Euro. Die Ursache für den großen Unterschied liegt laut der Studie nicht nur darin, dass Öko-Fleisch teurer und umweltfreundlicher erzeugt wird. Bisher macht es nur einen Marktanteil von 0,5 Prozent aus, die kleinen Mengen können bei weitem nicht so effizient verarbeitet und vermarktet werden wie die Massen an herkömmlichem Fleisch. Die so entstehenden Mehrkosten trägt der Endverbraucher durch den höheren Preis im Supermarkt. Hinzu kommt, dass lediglich die Edelteile wie Schnitzel und Kotelett als "Öko" verkauft werden können, die Reststücke müssen zum normalen Preis abgegeben werden. Die Forscher sind der Meinung, Öko-Fleisch könne nur erschwinglicher werden, wenn es aus der bisherigen Nische herauskäme. Die Bundesregierung versucht mit ihrem Programm "Ökologischer Landbau" die Bedingungen zu verbessern. Der Verein "foodwatch" kritisiert jedoch, dass sich die Regierung nicht genug gegen eine Agrarlobby durchsetzt, die das meiste Geld mit Massenproduktion verdient und sich daher gegen Veränderungen wehrt. Laut "foodwatch" muss Öko-Fleisch besser beworben werden, der Staat eine umweltfreundliche Erzeugung fördern und die Supermarktketten den Vertrieb verbessern. Ansonsten würden die Verbraucher weiter zu herkömmlichem Fleisch greifen und die Öko-Produktion bliebe in ihrer Marktnische stecken.
Von all diesen Zusammenhängen steht nichts auf dem Preisschild im Supermarkt. Der Käufer kann sich nur selbst informieren und abwägen, wofür er sein Geld ausgibt. Dass er gezwungen ist, mehr davon auszugeben, ist kaum abzuwenden. Doch wer gerechte Preise fordert, wird akzeptieren müssen, dass der Deutsche Bauernverband seit Jahren mit der Kampagne wirbt: "Lebensmittel sind mehr wert".
Lisa Leander
Dieser Beitrag ist Teil eines Projektes der Studenten des 3. und 5. Semester Wissenschaftsjournalismus der Hochschule Darmstadt zum Thema "Ernährung":
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