Direkt zum Inhalt

Zucker: Wie Süßes unser Gehirn beeinflusst

Kuchen, Schokolade, Gummibärchen – nicht bloß Kinderaugen fangen beim Anblick von Süßem an zu leuchten, auch Erwachsene können nur schwer widerstehen. Wie entsteht diese Vorliebe, was macht sie mit dem Gehirn? Und können wir sie wieder loswerden?
Junge Frau mit roten Locken isst genüsslich einen Schokokuss
Studien zeigen: Wer bereits als Kind viel genascht hat, tut es noch im Erwachsenenalter. Das Gehirn lernt mit der Zeit, Zucker zu präferieren.

Den Brokkoli lässt Jan links liegen, lautstark verlangt er stattdessen nach Eis. Nach langer Diskussion mit seiner Mutter Klara rennt er schmollend in sein Zimmer. Klara tut es leid, ihr Kind so zu sehen, aber sie ist sich sicher: Es war richtig, nicht nachzugeben. Denn Zucker (siehe »Was genau ist eigentlich Zucker?«) ist ungesund. Anstrengend sind diese Auseinandersetzungen aber schon, jetzt könnte sie einen Schokoriegel gebrauchen. Dreimal geht Klara am Süßigkeitenversteck vorbei, dann greift sie doch zu. Schließlich muss sie nach der Aufregung ihre Nerven beruhigen.

Derartige Kämpfe – sei es mit dem Kind oder mit dem inneren Schweinehund – kennen wohl viele von uns. Und zunächst einmal: Unser Körper und insbesondere unser Gehirn benötigen Zucker, um zu funktionieren. Am liebsten in Form von Glukose (Traubenzucker), die direkt aus dem Blut ins Denkorgan transportiert wird. 75 Prozent dieses Einfachzuckers landen dort, denn die Aktivität der Hirnzellen verbraucht viel Energie. Prinzipiell müssen wir aber keinen Zucker essen, denn unser Körper kann aus komplexen Kohlenhydraten Glukose herstellen, aus Nüssen oder Kartoffeln etwa.

Studien zeigen, dass bereits Neugeborene gesüßtes Wasser gegenüber ungesüßtem bevorzugen, wohingegen sie bei bitterem Geschmack ihr Gesicht verziehen. Das ist evolutionär sinnvoll, da süße Früchte meist nicht giftig sind und viel Energie spenden. Da diese nicht an jedem Baum hingen, aßen unsere Vorfahren so viel wie möglich davon, sobald sie welche fanden. In den heute verzehrten, stark verarbeiteten Nahrungsmitteln ist jedoch viel zu viel Zucker enthalten. Gleichzeitig bewegen wir uns deutlich weniger als unsere Vorfahren und verbrauchen deshalb weniger Energie.

Wie sehr übermäßiger Zuckerkonsum unserer Gesundheit schadet, zeigt eindrücklich ein natürliches Experiment aus dem Jahr 2022. Paul Gertler und Tadeja Gracner von der University of California in Berkeley hatten sich einen historischen Umstand zu Nutze gemacht: In Großbritannien herrschte bis in die 1950er Jahre Zuckermangel, weshalb der süße Stoff rationiert war. Während dieser Zeit machte Zucker zehn Prozent der Gesamtenergiezufuhr der Bevölkerung aus und entsprach damit der heute empfohlenen Obergrenze. Im September 1953 hob man die Rationierung auf, und der Konsum stieg im Folgejahr auf das Doppelte an.

Gertler und Gracner werteten die Daten einer britischen Langzeitstudie aus, bei der Freiwillige über mehrere Jahre immer wieder befragt wurden. Sie verglichen den Gesundheitszustand derjenigen, die in den Jahren vor Ende der Rationierung geboren worden waren (1950 bis 1953), mit dem derer, die in den ersten Jahren danach zur Welt kamen (1955 bis 1960). Letztere litten im Alter von 50 bis 65 Jahren deutlich öfter an Diabetes, chronischen Entzündungen sowie Arthritis und wiesen erhöhte Cholesterinspiegel auf (siehe auch »Süßer Krankmacher«).

Was genau ist eigentlich Zucker?

Kohlenhydrate bestehen aus Zuckermolekülen und werden nach deren Anzahl kategorisiert (Einfachzucker, Zweifachzucker, Mehrfachzucker). Alle Kohlenhydrate werden im Darm zu Einfachzuckern gespalten und als solche ins Blut aufgenommen. Die Bezeichnung Zucker steht im allgemeinen Sprachgebrauch für Haushaltszucker (Saccharose). Dabei handelt es sich um einen Zweifachzucker, der durch Verknüpfung der beiden Einfachzucker Traubenzucker (Glukose) und Fruchtzucker (Fruktose) entsteht.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, täglich maximal zehn Prozent der benötigten Energiemenge in Form von Zucker zu decken. Das entspricht für Erwachsene bei einem Bedarf von 2000 Kilokalorien etwa 50 Gramm Zucker am Tag (zirka 16 Zuckerwürfel). Tatsächlich betrug der Pro-Kopf-Verbrauch im Jahr 2022/23 in Deutschland allerdings fast das Doppelte, nämlich zirka 90 Gramm.

Warum fällt es uns so schwer, trotz besseren Wissens die Finger von Süßem zu lassen? Neben der evolutionär bedingten Vorliebe für Zuckriges prägen uns Erfahrungen aus der Kindheit – sogar noch aus der Zeit vor der Geburt. So werden im Mutterleib Stoffwechsel- und Organfunktionen des Kindes sowie wahrscheinlich auch Geschmackspräferenzen vorgespurt, erklärt Regina Ensenauer, Leiterin des Instituts für Kinderernährung am Max Rubner-Institut in Karlsruhe. Je nachdem, wie sich die Schwangere ernährt, erhält das Baby über das Fruchtwasser sowie über die Plazenta verschiedene Nähr- und Geschmacksstoffe. Später ist das Neugeborene über die Muttermilch ebenfalls unzähligen gustatorischen Reizen ausgesetzt. In den ersten 1000 Tagen des Lebens wird somit der Grundstein für das spätere Ernährungsverhalten gelegt, sagt die Expertin. Auch in der Studie von Gertler und Gracner zeigte sich: Diejenigen, die in der Kindheit viel Süßes aßen, naschten auch als Erwachsene mehr.

Das Gehirn lernt nämlich mit der Zeit, zuckerhaltige Nahrung zu bevorzugen. »Regelmäßiger Konsum zucker- und fettreicher Lebensmittel führt dazu, dass man ebendiese anderen Speisen vorzieht«, sagt Sharmili Edwin Thanarajah. Die Neurologin arbeitet an der Klinik für Psychiatrie der Uniklinik Frankfurt sowie am Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung in Köln. 2023 untersuchte sie in Zusammenarbeit mit der Yale University die entsprechenden neuronalen Mechanismen.

»In den ersten 1000 Tagen des Lebens wird der Grundstein für das spätere Ernährungsverhalten gelegt«Regina Ensenauer, Ernährungsmedizinerin

Dazu luden die Wissenschaftler 49 gesunde, normalgewichtige Probandinnen und Probanden ein und teilten sie in zwei Gruppen auf. Die einen erhielten acht Wochen lang zusätzlich zu ihrer normalen Ernährung Pudding, der viel Fett und Zucker enthielt. Die anderen aßen eine proteinreiche Version mit der gleichen Kalorienzahl. Im Abstand von mehreren Wochen sollten alle Teilnehmenden Puddingproben mit variierender Zusammensetzung kosten und bewerten. »Diejenigen, die regelmäßig die fett- und zuckerreiche Speise gegessen hatten, fanden fettarme Nahrungsmittel nicht mehr lecker«, erklärt Edwin Thanarajah. Mit anderen Worten: Wenn man sich jeden Tag von Pommes oder Torte ernährt, hat man für einen Apfel nicht mehr viel übrig.

In Abbildungen mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) zeigten dieselben Freiwilligen im Vergleich zur »zucker- und fettarmen Gruppe« außerdem eine erhöhte Hirnaktivität sowohl bei der Ankündigung als auch beim Trinken eines süßen Milchshakes. Insbesondere das für Motivation und Belohnung wichtige Dopaminsystem reagierte stärker. Dazu gehörten Regionen des Mittelhirns wie das ventrale Tegmentum und die Substantia nigra und darüber hinaus der Präfrontalkortex und die Insula. Der Effekt hing nicht mit Veränderungen des Körpergewichts oder des Stoffwechsels zusammen. Zucker- und fetthaltige Lebensmittel haben also eine direkte Wirkung auf die Schaltkreise des Gehirns, sie verdrahten es neu, und wir lernen, derartiges Essen als belohnend zu empfinden, so das Fazit der Autoren.

Hirnveränderungen führen zu einem Teufelskreis

Welche Mechanismen stecken genau hinter diesen Ergebnissen? »Wir denken, dass die Stoffwechselhormone eine wichtige Rolle spielen, zum Beispiel Insulin, GLP-1, Ghrelin und Leptin.« Das sind alles Botenstoffe, die Hunger und Sättigung vermitteln. Auf den Nervenzellen befinden sich Rezeptoren für diese Hormone, so dass sie direkt auf das Belohnungssystem einwirken können, erklärt Edwin Thanarajah. Zudem sei wohl das Mikrobiom im Darm involviert, dessen Zusammensetzung sich durch eine fett- und zuckerreiche Ernährung verändert. Wie Studien an Menschen und Tieren zeigten, beeinflussen Stoffwechselendprodukte der Darmbakterien unter anderem über den Vagusnerv die Signalwege des Belohnungssystems und somit unsere Nahrungspräferenzen.

Zudem konnte man in Tierexperimenten nachweisen, dass eine fett- und zuckerreiche Diät die Dopaminrezeptoren im ventralen Tegmentum reduziert. Eine geringere Rezeptorendichte findet man auch bei stark übergewichtigen Menschen. Es ist noch nicht abschließend geklärt, wie das zu Stande kommt. Was man aber weiß: Es beeinflusst vermutlich unser Essverhalten. Ein Team der Universität Utrecht um Johannes de Jong veränderte Ratten genetisch so, dass sie weniger solcher Rezeptoren im Belohnungssystem hatten. Diese Tiere zeigten vermehrt Verhalten, das mit Zucker belohnt wurde. 2010 legten Joshua Buckholtz, damals an der Vanderbilt University in Nashville, und seine Kollegen gesunde Probanden in einen PET-Scanner, mit dessen Hilfe man Stoffwechselvorgänge im Gehirn sichtbar machen kann. Sie fanden heraus, dass weniger Dopaminrezeptoren im ventralen Tegmentum mit höherer Impulsivität einhergingen. Dadurch kann man Süßem schlechter widerstehen – ein Teufelskreis. Manche Fachleute sprechen gar von einer Zuckersucht.

»Regelmäßiger Konsum gesüßter Lebensmittel führt dazu, dass man fett- und zuckerreiches Essen bevorzugt«Sharmili Edwin Thanarajah, Neurologin

»Ich finde es schwierig, bei Essen von Sucht zu sprechen«, sagt Edwin Thanarajah. »Allerdings führen industriell verarbeitete Nahrungsmittel zu übermäßigem Verzehr. Sie enthalten Fett und Zucker in solchen Mengen, dass sie unser Belohnungssystem stark aktivieren.« Als Abhängigkeit wird das unkontrollierbare Verlangen und die schädliche Einnahme von Rausch- oder Genussmitteln bezeichnet. Ähnliches beobachtet man bei Leuten, die viel Fett und viel Zucker zu sich nehmen. Das Essen wird oft ohne Hunger konsumiert, ist aber unwiderstehlich – obwohl die Person weiß, dass negative gesundheitliche Konsequenzen drohen. Was Zucker und Suchtmittel ebenfalls gemeinsam haben: Sie nehmen Einfluss auf unser psychisches Wohlbefinden. Häufig essen wir Chips oder Unmengen an Schokolade, wenn wir unsere Stimmung heben wollen.

Eine solche Ernährung kann neben einer Reihe von Erkrankungen wie Diabetes oder Adipositas langfristig sogar neurologische Störungen verursachen. Zum einen wird das vermittelt durch das resultierende Übergewicht. Denn dieses erhöht das Risiko für Schlaganfälle, Demenz, Depressionen oder etwa Long Covid, erklärt Edwin Thanarajah. Und auch Diabeteserkrankungen fördern Demenz. Es mehren sich jedoch Hinweise darauf, dass zu viel Zucker unabhängig von Übergewicht oder Diabetes schädlich für das Gehirn ist.

Zucker beeinträchtigt das Gedächtnis

2018 beobachtete ein Team aus China und Großbritannien in einer Längsschnittstudie mit mehr als 5000 Probanden, dass erhöhte Zuckerspiegel im Blut mit schlechteren kognitiven Leistungen einhergingen – selbst bei jenen, die nicht an Diabetes litten. Dieser Zusammenhang fand sich vor allem bei Gedächtnisaufgaben und exekutiven Funktionen. Lucia Kerti von der Charité – Universitätsmedizin Berlin und ihre Kollegen untersuchten 141 Frauen und Männer im MRT-Scanner. Jene mit chronisch erhöhtem Blutzuckerspiegel hatten vermehrt Gedächtnisprobleme, was die Fachleute durch Volumenverluste im Hippocampus erklärten. Strategien, die darauf abzielen, den Blutzuckerspiegel zu senken, könnten eventuell die Kognition in der älteren Bevölkerung verbessern, so ihr Fazit.

Laut Edwin Thanarajah spielt hier möglichweise der Darm wieder eine entscheidende Rolle. Denn durch eine fett- und zuckerreiche Ernährung können in ihm Entzündungen entstehen. Eine zentrale Aufgabe erfüllen dabei so genannte Zytokine, die Botenstoffe des Immunsystems. Diese werden bei inflammatorischen Prozessen ausgeschüttet, können ins Gehirn gelangen und dort Schaden anrichten.

Dementsprechend beeinträchtigt eine experimentell herbeigeführte Ausschüttung von Zytokinen bei gesunden Probanden die Gedächtnisleistungen, wie eine Arbeitsgruppe aus Jerusalem bereits 2001 demonstrierte. Auch sind Entzündungen im Hippocampus bei einer zucker- und fettreichen Ernährung besonders ausgeprägt. Der Wachstumsfaktor BDNF (brain-derived neurotrophic factor) scheint ebenfalls beteiligt zu sein. Er schützt Neurone und regt das Wachstum neuer Nervenzellen an. In Tierexperimenten reduzierte eine fett- und zuckerreiche Diät die Menge an BNDF, was mit einem schlechteren Abschneiden in Gedächtnistests einherging.

Süßer Krankmacher

Gelangt Zucker ins Blut, schüttet die Bauchspeicheldrüse das Hormon Insulin aus. Insulin sorgt dafür, dass die Zellen Zucker aufnehmen. Wenn wir mehr Zucker essen, als wir im Moment benötigen, regt Insulin die Leber an, Glukose in Form von Glykogen und Fett als Vorrat für knappe Zeiten zu speichern.

Fruchtzucker, die Fruktose, ist ebenfalls kritisch. Diese wird weniger gut vom Körper verarbeitet und zum Großteil direkt als Fett eingelagert. Sie kann das Gehirn nicht unmittelbar mit Energie versorgen, da sie die Blut-Hirn-Schranke nicht so leicht überwindet wie Glukose. Außerdem stört sie das Sättigungssignal. Fruktose ist auch in Obst enthalten; doch darüber hinaus sind in der vollständigen Frucht förderliche Bestandteile wie Ballaststoffe, sekundäre Pflanzenstoffe, Vitamine und Mineralien vorhanden. Ausgepresst als Saft hingegen wird die Fruktose in konzentrierter Form aufgenommen, was weniger gesund ist.

In den stark verarbeiteten Lebensmitteln, die man heute im Supermarkt kaufen kann, befindet sich viel Zucker. Gleichzeitig bewegen wir uns wenig und verbrauchen relativ geringe Mengen Energie. Die körperlichen Regulationsmechanismen werden überfordert, und eine Insulinresistenz kann entstehen, das heißt, die Zellen reagieren schwächer auf den Botenstoff. Darauf kann ein metabolisches Syndrom folgen, bestehend aus dauerhaft erhöhtem Blutzuckerspiegel, einer Fettstoffwechselstörung, einem zu großen Taillenumfang und Bluthochdruck. Es steigert das Risiko für Typ-II-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs.

Bei all diesen schlechten Nachrichten: Kann man den Drang nach Zucker wieder loswerden? »Ja«, glaubt Edwin Thanarajah. »Auf Grund klinischer Erfahrung vermuten wir, dass die Veränderungen im Gehirn innerhalb von acht bis zwölf Wochen wieder rückgängig gemacht werden können. An dieser Frage arbeiten verschiedene Arbeitsgruppen gerade intensiv.«

Dabei ist das Nahrungsumfeld mitentscheidend. Hier sei die Politik gefragt, betont die Neurologin. Es bedarf noch viel stärkerer Aufklärung über gesunde Ernährung und entsprechender Leitlinien beispielsweise für Kantinenessen. 2018 zeigte ein Team um den Wirtschaftswissenschafter Michael Anderson von der University of California in Berkeley, dass der Wechsel zu einem Anbieter gesünderer Nahrung in Schulkantinen zu besseren kognitiven Leistungen der Schüler führte.

Darüber hinaus sollte die an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Nahrungsmittel beschränkt werden. Immerhin verpflichtete sich Deutschlands Wirtschaft 2021 selbst, irreführende Aussagen zu unterlassen. Eine Befreiung gesunder Produkte von der Mehrwertsteuer oder eine höhere Besteuerung ungesunder Nahrungsmittel erscheint viel versprechend. So senkte die Einführung einer Herstellerabgabe für zuckerhaltige Getränke 2018 in Großbritannien die Adipositasrate bei Schulkindern, weil die Hersteller auf Grund der gestiegenen Kosten den Zuckergehalt ihrer Produkte senkten.

Kindern einen gesunden Start ins Leben ermöglichen

Und was kann der Einzelne tun? Regina Ensenauer empfiehlt werdenden Müttern eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung, um negativen Auswirkungen auf das Ungeborene vorzubeugen. In einer Längsschnittstudie untersuchen sie und ihr Team seit 2010 eine Kohorte von 1707 Frauen und deren Kindern bereits während der Schwangerschaft. Ein Drittel der werdenden Mütter mit Adipositas hatte zum Zeitpunkt der Entbindung einen erhöhten Blutzuckerspiegel, was mit einem höheren durchschnittlichen Gewicht der Neugeborenen einherging. Diese starteten also bereits gewissermaßen mit Ballast ins Leben.

»Die Veränderungen im Gehirn können innerhalb von acht bis zwölf Wochen vermutlich wieder rückgängig gemacht werden«Sharmili Edwin Thanarajah, Neurologin

Es empfiehlt sich zudem, das Kind das erste halbe Jahr ausschließlich zu stillen. Eltern sollten außerdem auf die Qualität der Lebensmittel achten, für eine ausgewogene Ernährung sorgen und ihrem Nachwuchs ein gutes Vorbild sein, so Ensenauer. Gemeinsam in Ruhe essen sei ebenfalls wichtig. So zeigte ein Team um Mattea Dallacker vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin 2023, dass Kinder mehr Obst und Gemüse aßen, wenn sie zehn Minuten länger als gewöhnlich am Esstisch saßen. Spezielle »Kinderlebensmittel« sind laut Ensenauer nicht nötig, denn die enthalten häufig viel Zucker.

Ferner ist für jeden Erwachsenen eine ausgewogene Ernährung ohne stark verarbeitete Lebensmittel sinnvoll. Das heißt, es sollte mehr selbst gekocht werden. Stressreduktion und ausreichend Schlaf sind ebenfalls wichtig, da wir unter Druck und müde eher zu Ungesundem greifen, erklärt Edwin Thanarajah. Zudem rät die Expertin, unsere Emotionen über andere Wege zu regulieren anstatt über zucker- und fetthaltige Nahrungsmittel. So ist es etwa ratsam, nicht dem ersten Impuls zu folgen und nach der Schokolade zu greifen, sondern mehrmals tief durchzuatmen und sich dann bewusst dafür oder dagegen zu entscheiden. Achtsames Essen kann helfen, besser einzuschätzen, ob man wirklich hungrig ist. Statt dem Drang nachzugeben, kann man beispielsweise spazieren gehen, Sport treiben oder Musik hören. Dann ist auch gelegentliches Naschen in Ordnung.

WEITERLESEN MIT »SPEKTRUM +«

Im Abo erhalten Sie exklusiven Zugang zu allen Premiumartikeln von »spektrum.de« sowie »Spektrum - Die Woche« als PDF- und App-Ausgabe. Testen Sie 30 Tage uneingeschränkten Zugang zu »Spektrum+« gratis:

Jetzt testen

(Sie müssen Javascript erlauben, um nach der Anmeldung auf diesen Artikel zugreifen zu können)

  • Quellen

Edwin Thanarajah, S. et al.: Habitual daily intake of a sweet and fatty snack modulates reward processing in humans. Cell Metabolism 35, 2023

García-Cabrerizo, R. et al.: Microbiota-gut-brain axis as a regulator of reward processes. Journal of Neurochemistry 157, 2020

Gertler, P., Gracner, T.: The sweet life: The long-term effects of a sugar-rich early childhood. National Bureau of Economic Research Working Paper Series 30799, 2022

Kerti, L. et al.: Higher glucose levels associated with lower memory and reduced hippocampal microstructure. Neurology 81, 2013

Zheng, F. et al.: HbA1c, diabetes and cognitive decline: The English Longitudinal Study of Ageing. Diabetologia 61, 2018

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.