Immunsystem: Zuckerschirm schützt Bakterien
Ein HI-Virus profitiert davon, das Immunsystem gründlich durcheinanderzubringen: Es infiziert und zerstört vor allem die T-Helferzellen, die eine zentrale Funktion in der Körperabwehr haben. Diese machen im gesunden Organismus normalerweise andere Immunzellen auf eingedrungene Krankheitsserreger aufmerksam, indem sie Zytokine als Alarmsignal ausschütten. Bei HIV-Infizierten fällt die wichtige Verstärkerfunktion allerdings mit dem Niedergang der T-Helferzellen nach und nach aus. Betroffene leiden daher immer häufiger an Sekundärinfektionen, die ein gesundes Immunsystem eigentlich in Schach halten kann.
Seit Längerem wunderten sich Forscher aber darüber, warum ausgerechnet die mit dem Thyphuserreger verwandten, als nicht-typhöse, enterische Salmonellen bezeichnete Bakterien HIV-Patienten besonders hart treffen – die Erregergruppe ist gerade in ärmeren Ländern eine der gefährlichsten Bedrohungen für AIDS-Kranke. Ein internationales Forscherteam liefert darauf nun eine überraschende Antwort: Das HIV-unterwanderte Immunsystem greifen diese Salmonella-Arten zwar durchaus hart an, dies allerdings erfolglos an einer Stelle, an der die hilflosen Immuntruppen dann wirksameren Attacken im Weg stehen.
Achillesferse der Bakterien
Vor einiger Zeit noch hatten AIDS-Forscher einen einfachen Umkehrschluss aus der Tatsache gezogen, dass chronisch HIV-Infizierte mit der Zeit immer stärker an Bakterien wie Salmonellen leiden: Weil HIV den zellvermittelten Zweig der Immunabwehr mit seinen T-Zellen besonders beeinträchtigen dürfte, sollte dieser Abwehrweg zur Bekämpfung von Salmonellen besonders wichtig sein. Mittlerweile ist aber klar, dass dies zu kurz gesprungen ist: Auch der zweite, antikörperbasierte Arm des Immunsystems trägt zur Bekämpfung von Salmonellen und Co wesentlich bei, wie Untersuchungen belegt haben.
Calman MacLennan von der University of Birmingham in England und seine Kollegen hatten daher vermutet, dass alle unter Salmonellen leidenden HIV-Patienten schlicht keine Antikörper mehr gegen das Bakterium bilden. Nun wollten sie eigentlich nur herausfinden, auf welchem Weg HIV auch die Antikörperproduktion der Körperabwehr lahmlegt. Schon bei den ersten Untersuchungen wartete dann aber eine Überraschung auf die Forscher: Tatsächlich fanden sie im Blut von HIV-Infizierten, die zusätzlich von Salmonellen attackiert wurden, durchaus Antikörper gegen das Bakterium – sogar in überraschend großer Zahl. Offensichtlich nützen diese Antikörper den Betroffenen allerdings nicht: Die Bakterien überleben im Blut, obwohl sie von den Antikörpern als feindlich markiert werden.
Durch Antikörper stigmatisierte Eindringlinge werden im Körper normalerweise durch das so genannte Komplementsystem zerstört – aber auch dieses war bei den untersuchten Patienten durchaus funktionsfähig, zeigten die Forscher. Alle der sonst wirksamen Abwehrwaffen des Körpers sind also einsatzbereit – warum aber werden die markierten Salmonella-Keime trotzdem nicht abgetötet?
Zuckerketten als Windmühlenflügel
Eine ganze Reihe von Experimenten war schließlich nötig, um Licht ins Dunkel zu bringen. Zunächst ermittelte MacLennans Team, dass Salmonellen vor allem durch solche Antikörper abgetötet werden, die an bestimmte Porine-Kanalproteine der äußeren Bakterienmembran binden. Diese Antikörper waren auch im Blut der HIV-Infizierten zu finden – offenbar kamen sie aber gar nicht an ihren Einsatzort heran. Denn eine zweite, bei den HIV-Patienten merkwürdigerweise in Massen produzierte Antikörpertruppe versperrt ihnen den Weg: Sie bindet in großer Zahl an die langen Zuckerlipidketten, die wie ein Antennenwald aus der Bakterienhülle herausragen. Einmal dort angedockt, bilden die Antikörper dann offenbar eine Barriere, die den Zugang zur Bakterienoberfläche für andere Abwehrmoleküle verhindert: Erst als die Forscher die Zuckerlipidketten der Salmonellen per Enzymschere abschnitten, konnten auch das HIV-geschädigte Abwehrsystem die Keime wieder erreichen – und töten.
Womöglich, so spekulierten MacLennan und Kollegen, sorgt HIV dafür, dass im Blut von Betroffenen mehr Bruchstücke von Zuckerlipidketten zirkulieren – was das Immunsystem dann zur massenhaften Produktion der zwar bemühten, insgesamt aber wirkungslosen Antikörperarmada anregt. Solche Zuckerlipide könnten etwa aus der Schleimschicht des Verdauungstraktes stammen, die im Zug der Virusinfektion stark angegriffen wird. Die ersten Untersuchungen bestätigen das allerdings nicht: Im Blut der Infizierten finden sich keine erhöhten Mengen der Lipopolysaccaridketten. Die Suche muss also weitergehen. Immerhin: Die Erkenntnisse von MacClennan und Kollegen sollten helfen, einen großen Fehler bei der Entwicklung von Impfstoffen gegen Salmonellen zu vermeiden – statt der Zuckerlipidketten sollten besser Membranproteine als Angriffsziele auserkoren werden.
Achillesferse der Bakterien
Vor einiger Zeit noch hatten AIDS-Forscher einen einfachen Umkehrschluss aus der Tatsache gezogen, dass chronisch HIV-Infizierte mit der Zeit immer stärker an Bakterien wie Salmonellen leiden: Weil HIV den zellvermittelten Zweig der Immunabwehr mit seinen T-Zellen besonders beeinträchtigen dürfte, sollte dieser Abwehrweg zur Bekämpfung von Salmonellen besonders wichtig sein. Mittlerweile ist aber klar, dass dies zu kurz gesprungen ist: Auch der zweite, antikörperbasierte Arm des Immunsystems trägt zur Bekämpfung von Salmonellen und Co wesentlich bei, wie Untersuchungen belegt haben.
Calman MacLennan von der University of Birmingham in England und seine Kollegen hatten daher vermutet, dass alle unter Salmonellen leidenden HIV-Patienten schlicht keine Antikörper mehr gegen das Bakterium bilden. Nun wollten sie eigentlich nur herausfinden, auf welchem Weg HIV auch die Antikörperproduktion der Körperabwehr lahmlegt. Schon bei den ersten Untersuchungen wartete dann aber eine Überraschung auf die Forscher: Tatsächlich fanden sie im Blut von HIV-Infizierten, die zusätzlich von Salmonellen attackiert wurden, durchaus Antikörper gegen das Bakterium – sogar in überraschend großer Zahl. Offensichtlich nützen diese Antikörper den Betroffenen allerdings nicht: Die Bakterien überleben im Blut, obwohl sie von den Antikörpern als feindlich markiert werden.
Durch Antikörper stigmatisierte Eindringlinge werden im Körper normalerweise durch das so genannte Komplementsystem zerstört – aber auch dieses war bei den untersuchten Patienten durchaus funktionsfähig, zeigten die Forscher. Alle der sonst wirksamen Abwehrwaffen des Körpers sind also einsatzbereit – warum aber werden die markierten Salmonella-Keime trotzdem nicht abgetötet?
Zuckerketten als Windmühlenflügel
Eine ganze Reihe von Experimenten war schließlich nötig, um Licht ins Dunkel zu bringen. Zunächst ermittelte MacLennans Team, dass Salmonellen vor allem durch solche Antikörper abgetötet werden, die an bestimmte Porine-Kanalproteine der äußeren Bakterienmembran binden. Diese Antikörper waren auch im Blut der HIV-Infizierten zu finden – offenbar kamen sie aber gar nicht an ihren Einsatzort heran. Denn eine zweite, bei den HIV-Patienten merkwürdigerweise in Massen produzierte Antikörpertruppe versperrt ihnen den Weg: Sie bindet in großer Zahl an die langen Zuckerlipidketten, die wie ein Antennenwald aus der Bakterienhülle herausragen. Einmal dort angedockt, bilden die Antikörper dann offenbar eine Barriere, die den Zugang zur Bakterienoberfläche für andere Abwehrmoleküle verhindert: Erst als die Forscher die Zuckerlipidketten der Salmonellen per Enzymschere abschnitten, konnten auch das HIV-geschädigte Abwehrsystem die Keime wieder erreichen – und töten.
Bleibt nun nur noch die Frage, wie die Infektion von T-Helferzellen durch das HI-Virus dazu führt, dass ein anderer Zweig des insgesamt ja eigentlich geschwächten Immunsystems – nämlich die Herstellung von Antikörpern gegen Bakterien – plötzlich dazu angeregt wird, in Massen wirkungslose Antikörper gegen Zuckerlipidketten zu produzieren und mit ihnen dann einer wirksamen Bekämpfung von Sekundärinfektionen im Weg zu stehen.
Womöglich, so spekulierten MacLennan und Kollegen, sorgt HIV dafür, dass im Blut von Betroffenen mehr Bruchstücke von Zuckerlipidketten zirkulieren – was das Immunsystem dann zur massenhaften Produktion der zwar bemühten, insgesamt aber wirkungslosen Antikörperarmada anregt. Solche Zuckerlipide könnten etwa aus der Schleimschicht des Verdauungstraktes stammen, die im Zug der Virusinfektion stark angegriffen wird. Die ersten Untersuchungen bestätigen das allerdings nicht: Im Blut der Infizierten finden sich keine erhöhten Mengen der Lipopolysaccaridketten. Die Suche muss also weitergehen. Immerhin: Die Erkenntnisse von MacClennan und Kollegen sollten helfen, einen großen Fehler bei der Entwicklung von Impfstoffen gegen Salmonellen zu vermeiden – statt der Zuckerlipidketten sollten besser Membranproteine als Angriffsziele auserkoren werden.
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