Artenschutz: Zugrouten der Waldrappe aufgeklärt?
Die Fluglinien der vom Aussterben bedrohten Waldrappe (Geronticus eremita) von Syrien in ihr Winterquartier und wieder zurück ist zumindest teilweise aufgeklärt. Das erbrachte die Satelliten-Überwachung senderbestückter Einzelvögel durch Ornithologen um Ken Smith von der britischen Naturschutzorganisation Royal Society for the Protection of Birds (RSPB).
Die Tiere zogen demnach im letzten Sommer von der Oase Palmyra in der syrischen Wüste südwärts über die Arabische Halbinsel bis in den Jemen und setzten von dort über nach Äthiopien, wo sie – rund achtzig Kilometer von Addis Abeba – in einem Feuchtgebiet des Hochlands überwinterten. Zurück flogen die Waldrappe zur Überraschung der Wissenschaftler westlich des Roten Meers bis in den Sudan, wo sie dann an der breitesten Stelle des Binnenmeers nach Saudi-Arabien übersetzten: Knapp 300 Kilometer mussten sie hier über das offene Wasser fliegen. Insgesamt legten sie auf ihrer Rundreise mehr als 6100 Kilometer zurück. Dass sie ihre Meer-Querung zudem erst am späten Vormittag begannen und deshalb bei Einbruch der Nacht noch weit vom Festland entfernt waren, ließ den Forschern nach eigener Aussage das Herz in die Hose rutschen, wie Jeremy Lindsell vom RSPB kommentierte.
Denn weltweit leben nur rund 500 dieser Ibisse in freier Natur – davon die überwiegende Mehrheit im marokkanischen Nationalpark Souss-Massa. Nur 13 Waldrappe gibt es dagegen in der syrischen Population, die anders als ihre westafrikanischen Artgenossen Zugvögel sind. Sie zeigen damit als letzte Vertreter der Spezies ein Verhalten, wie es früher auch für die europäischen – mittlerweile völlig ausgerotteten – Bestände typisch war. Seit der Wiederentdeckung der orientalischen Gruppe 2002 stieg ihre Zahl nie über 13 Individuen, obwohl die vorhandenen Paare oft guten Bruterfolg hatten.
RSPB und Birdlife International befürchten daher, dass den Tieren unterwegs Gefahr durch Jäger oder Pestizide droht, während sie in Palmyra auch durch die ortsansässigen Beduinen gut geschützt werden. In diesem Sommer soll deshalb ein Jungvogel mit einem Sender ausgestattet werden, denn der Nachwuchs der letzten Saison verbrachte den Winter nicht mit den Alttieren. Ihr Winterquartier ist deshalb noch nicht bekannt und womöglich entsprechend unsicher. (dl)
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