Direkt zum Inhalt

News: Zuwenig Hemmung

Schizophrenie zeigt eine Vielfalt von Symptomen. Deshalb ist es immer noch schwierig, sie korrekt zu diagnostizieren, und es läßt sich nur schwer feststellen, welche Vorgänge im Gehirn der Erkrankten ablaufen. nscheinend gibt es Defekte in mehreren Gehirnstrukturen und Störungen bei verschiedenen chemischen Prozessen im Hirn zu geben, die durch eine Mischung von Milieu- und genetisch bedingten Faktoren verursacht werden. Eine neue Studie beschreibt nun die Basis der kognitiven Schädigungen, die zu den am stärksten behindernden und hartnäckigsten Symptomen der Schizophrenie gehören.
Das Hauptsymptom der Schizophrenie kennt man unter dem Begriff "dissoziatives Denken", doch Autismus, Depression, Manie, Ambivalenz, Wahnvorstellungen und Halluzinationen treten ebenfalls häufig auf. Einige der emotionalen Störungen werden wahrscheinlich durch Probleme im limbischen System des Gehirns verursacht. Die kognitiven Aspekte könnten jedoch das Ergebnis von Problemen in den Frontallappen sein – in denen viele der 'menschlicheren' Gedankenprozesse ablaufen.

Bei Schizophrenen, so wird vermutet, könnten die chemischen Prozesse in dieser Region gestört sein. Die wichtigste hemmende Signalverbindung (Neurotransmitter) des Gehirns vermittelt der Neurotransmitter GABA (gamma-Amino-Buttersäure). Eine zu geringe GABA-Konzentration kann zu Übererregbarkeit führen, was beim Auftreten in bestimmten Gehirnregionen Epilepsie hervorrufen kann. Eingriffe in das GABA-Signalsystems können einen narkotisierenden oder beruhigenden Effekt haben. Seit einiger Zeit wird vermutet, daß Schizophrene eine zu geringe GABA-Aktivität in den Frontallappen des Gehirn aufweisen. Dies könnte die Überaktivität und Verwirrung Schizophrener bei kognitiven Prozessen erklären.

Jetzt scheinen Tsung-Ung Woo und seine Kollegen von der University of Pittsburgh, Pennsylvania, entdeckt zu haben, was genau im GABA-Signalsystem in den Frontallappen Schizophrener falsch läuft. Sie fanden heraus, daß das Netzwerk der Verbindungen, die von einer Form GABA-produzierender Zelle erstellt wird, in den Frontallappen der Erkrankten sehr viel kleiner ist (Proceedings of the National Academy of Sciences 28. April 1998 (Abstract)).

Die Verzweigungen dieser Kandelaber-Zellen. sind normalerweise mit dem wichtigsten Typ erregender Signalzellen im Cortex verbunden – den Pyramidalzellen. Bei weniger Verbindungen und somit einem viel geringeren hemmenden Effekt könnten die Pyramidalzellen übererregt werden und sich widersprechende Signale weiterleiten. Eines ist jedoch weiterhin unklar: Gibt es bei Schizophrenen weniger Kandelaber-Zellen, weniger Verzweigungen jeder einzelnen Zelle, oder liegt das Problem bei der Bildung einer aktiven Verbindung zwischen Kandelaber- und Pyramidalzellen?

Was immer die genaue Ursache sein mag, wenn man die Quelle vieler Symptome der Schizophrenie ausfindig machen kann, verbessert dies die Chancen, die Störung zu behandeln. Tatsächlich müssen die kognitiven und emotionalen Aspekte möglicherweise völlig separat behandelt werden. Die Forscher glauben, daß der Erfolg bestimmter atypischer antipsychotischer Medikamente bei der Behandlung von Schizophrenie darauf zurückzuführen sein könnte, daß sie auf die Kandelaber-Zellen einwirken, um die Überaktivität der Pyramidalzellen zu reduzieren.

  • Quellen

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.