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News: Zuwenig Regen zum Forschen

Auf landwirtschaftlich genutzten Flächen in Thüringen geht besonders viel ertragreicher Boden durch Erosion verloren. Das fanden Geographen der Universität Jena in einem dreijährigen Forschungsprojekt auf Flächen der Buchaer Agrargenossenschaft bei Jena und Weimar heraus. Das Team von Prof. Dr. Roland Mäusbacher erstellte eine Bilanz darüber, wieviel Boden durch Regenwasser weggeschwemmt wird und welche Fernwirkungen in Gewässern und Siedlungen entstehen können. Mit den ermittelten Daten entwickelten sie ein Modell, das die Erosion simulieren kann.
Neu am Jenaer Modell ist, daß die sogenannte Tiefenlinienerosion mitberücksichtigt wird. Tiefenlinien sind oft als Dellen oder Gräben im Gelände oder an einem Hang sichtbar. Wenn der Boden nach einem Regenguß das Wasser nicht mehr aufnehmen kann, sammelt es sich in diesen Gräben, fließt dort ab und reißt dabei Ackerboden mit. "300 bis 400 Tonnen Erde wurden dabei im Durchschnitt nach einem starken Regen aus einer Tiefenlinie ausgetragen", faßt Roland Mäusbacher die Ergebnisse zusammen. Damit geht 30mal mehr fruchtbarer Boden verloren, als viele Wissenschaftler für normal halten.

Zusammen mit englischen und niederländischen Forschergruppen gelang es den Jenaer Geographen jetzt, diese Art der Erosion zu simulieren. Maria Riedmayer entwickelte in ihrer Dissertation einen Algorithmus, mit dessen Hilfe Prognosen erstellt werden können, wie stark unter bestimmten Bedingungen die Erosion auf Ackerflächen ist. Daß nun die Tiefenlinien mit modelliert werden, verbessert die Prognosen, "da die Tiefenlinienerosion 80 Prozent des Abtrags ausmachen kann", erläutert der Jenaer Lehrstuhlinhaber für Physische Geographie.

Mit solchen Berechnungen kann man Entscheidungen unterstützen, wie die Bauern ihre Böden nutzen sollten oder ob die Politik Flächen stillegen lassen sollte. "Oft erschweren oder behindern aber die ökonomischen Zwänge manche erosionsmindernde Maßnahme", fügt Mäusbacher hinzu. Generell hält es der Geograph für sinnvoll, steile Abschnitte im Gelände zu begrünen. Ein Beispiel aus der Nähe von Heidelberg zeigte, daß durch die Begrünung solcher Tiefenlinien der Bodenverlust um 50 Prozent verringert werden kann.

Aber noch warnt der Jenaer Wissenschaftler davor, sich all zu sehr auf die Prognosen zu verlassen: "Aufgrund der ungünstigen klimatischen Verhältnisse bei unseren Untersuchungen konnte das Modell erst bei einzelnen Niederschlagsereignissen getestet werden." Für Mäusbacher hat es in den letzten Jahren zuwenig geregnet. Mehr Regen ist aber notwendig, um sicherzustellen, wie exakt die Simulation wirklich ist. Die Natur hält sich aber nicht immer an die Prognosen: Bei starken Regenfällen im Sommer 1997 waren innerhalb von vier Tagen mehr als 130 mm Regen gefallen – eine hohe Erosion wurde erwartet. Die Jenaer Forscher konnten jedoch keinen Bodenaustrag in den Tiefenlinien ihrer Testflächen feststellen. Mäusbachers Mitarbeiter Dirk Strauch vermutet, nachdem er die Niederschlagsdaten aus der Gesamtregion ausgewertet hat, die geringen Intensitäten der Regen als Ursache.

Die Wissenschaft weiß noch nicht genau, wie schnell sich Boden nachbildet. Eine historische Erosionsforschung, wie sie Prof. Mäusbacher plant, könnte Aufschluß über bisherige und damit zukünftige Bodenverluste geben. Doch die Abnahme der nutzbaren Bodenschicht ist nicht die einzige Folge. Schwebstoffe, Nährstoffe und Pflanzenschutzmittel gelangen mit dem abfließenden Wasser in Bäche und Flüsse und können in diesen Ökosystemen nachhaltige Veränderungen hervorrufen. Nur exakte Daten und verläßliche Prognosen ermöglichen rechtzeitige Gegenmaßnahmen.

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