Mondforschung: Zwei Gesichter
Der Mond versteckt die Hälfte von sich vor den neugierigen Blicken der Menschen. Erst vor gut vierzig Jahren enthüllten Raumsonden, was uns so lange verborgen blieb. Ein kleiner japanischer Satellit hat den Trabenten nun viel genauer vermessen als seine Vorgänger und ihm sogar tief unter seine Kruste geschaut.
Vor langer, langer Zeit lebte ein Bambussammler irgendwo in Japan. Eines Tages fand er inmitten der Gräser ein kleines Mädchen, das er und seine Frau aufnahmen. Schnell wuchs das Kind zu einer wunderschönen Frau heran, nach der sich Männer aus dem ganzen Land verzehrten. Doch Kaguya, so ihr Name, kann die entgegengebrachte Liebe nicht erwidern, und muss schließlich zu ihrem Geburtsort zurückkehren: dem Mond.
Seit dem 10. Jahrhundert erzählen sich Japaner das Märchen der Mondprinzessin. Viele Jahrhunderte später, im September 2007, reiste Kaguya tatsächlich zum Erdtrabanten – in Form einer Forschungssonde. An Schönheit hat sie deutlich verloren, aber in diesem Fall geht eben die Zweckmäßigkeit vor. Seither kreist der Satellit, der den Arbeitsnamen Selene (Selenological and Engineering Explorer, aber auch den Namen der griechischen Mondgöttin) trägt, samt einer Vielzahl an hochwissenschaftlichen Instrumenten um den Mond und funkte während seiner aktiven Tage bereits gewaltige Datenmengen gen Erde.
Dass es Unterschiede zwischen der erdzu- und abgewandten Hemisphäre gibt, ist indes schon lange bekannt: Während die vertraute Seite von gleichmäßigem, dunklem Vulkangestein bedeckt ist, besteht die andere hauptsächlich aus hellem, stark verkratertem Hochland. Die Dicke der Kruste ist ungleich und ebenso ihre chemische Zusammensetzung. Wie kam der Mond zu den zwei Gesichtern? Waren es äußere Umstände, wie die kosmische Wetterlage und Meteoriteneinschläge, oder liegen die Ursachen in seinem Inneren verborgen?
Um dem Rätsel auf die Spuren zu kommen, messen Wissenschaftler zum Beispiel das Gravitationsfeld des Trabanten – beziehungsweise Schwankungen darin. Diese verraten viel über das Innenleben eines Himmelskörpers. Auf der Vorderseite des Erdtrabanten sind seit gut 40 Jahren starke positive Schwereanomalien bekannt, beispielsweise in den Mare-Becken. Vermutlich sind sie mit vulkanischem Basalt gefüllt und der Mantel des Mondes darunter angehoben.
Die Forscher fanden auf der erdabgewandten Seite breite ringförmige Strukturen, ausgestattet mit einer ungewöhnlich niedrigen Schwerkraft. Im Zentrum ist die Gravitation dagegen leicht erhöht. Die verschiedenartigen Muster deuten laut Namiki und seinem Team womöglich auf den Zustand der Lithosphäre – der Kruste und dem obersten Mantel – zur Zeit des großen Bombardements vor rund 3,8 Milliarden Jahren hin, als sich die Massenkonzentrationen formten. Demnach hätten sich die Becken mit Schwereanomalien auf der Vorderseite nach ihrer Entstehung stärker verändert als auf der Rückseite. Im Gegensatz dazu legen die Ergebnisse auf der erdabgewandten Seite eine eher starre Kruste nahe.
Damit erspähten sie mehrere kleine Krater an Nord- und Südpol, die bislang unentdeckt blieben. Außerdem fanden sie heraus, dass sich der höchste Punkt des Mondes am Rand des Dirichlet-Jackson-Beckens in der Nähe des Äquators befindet – elf Kilometer ragt er empor. Der niedrigste findet sich am Grund des Antoniadi-Kraters nahe dem Südpol, berichten Araki und seinen Kollegen. Die Analyse der globalen Daten und der Vergleich mit denen der Planeten Erde, Mars und Venus lassen die Forscher ebenfalls annehmen, dass die Lithosphäre des Mondes im Vergleich zur Erde recht starr ist.
Der Grund könnte der Mangel an Wasser und anderen leicht flüchtige Verbindungen in dieser Mondschicht sein, welche die mechanischen Eigenschaften der Kruste beeinflussen. Würde etwa Wasser unter der lunaren Oberfläche fließen, wäre sie "elastischer" – wie im Fall der Erde. So wie es scheint, sind auf dem gesamten Trabanten aber weder auf der Oberfläche noch tief im Inneren Wasservorkommen auszumachen.
2011 lassen die Amerikaner dann unter anderen auch die Mission Grail folgen – das Gravity Recovery and Interior Laboratory wird die Schwerkraft des Mondes mit einer Genauigkeit vermessen, die mindestens drei Größenordnungen über der von Kaguya liegt. Die Liste der bereits geplanten Missionen reißt aber noch längst nicht ab. Der Höhepunkt wird nach Angaben der NASA dann 2020 stattfinden: der erste Mensch auf dem Mond – seit dem letzten Mondspaziergang der Apollo-Astronauten Eugene Cernan und Harrison Schmitt im Jahr 1972.
Seit dem 10. Jahrhundert erzählen sich Japaner das Märchen der Mondprinzessin. Viele Jahrhunderte später, im September 2007, reiste Kaguya tatsächlich zum Erdtrabanten – in Form einer Forschungssonde. An Schönheit hat sie deutlich verloren, aber in diesem Fall geht eben die Zweckmäßigkeit vor. Seither kreist der Satellit, der den Arbeitsnamen Selene (Selenological and Engineering Explorer, aber auch den Namen der griechischen Mondgöttin) trägt, samt einer Vielzahl an hochwissenschaftlichen Instrumenten um den Mond und funkte während seiner aktiven Tage bereits gewaltige Datenmengen gen Erde.
Im Gegensatz zu seinen Vorgängern besteht Kaguya aus gleich drei Satelliten: einem großen Orbiter, einem Radio- und einem Relaissatelliten. Letzterer ermöglicht den Wissenschaftlern, auch dann mit der Sonde zu kommunizieren, wenn sie sich hinter dem Mond befindet. Das verschafft ihnen die Gelegenheit, beide Seiten des Himmelkörpers flächendeckend zu beobachten und zu vergleichen.
Dass es Unterschiede zwischen der erdzu- und abgewandten Hemisphäre gibt, ist indes schon lange bekannt: Während die vertraute Seite von gleichmäßigem, dunklem Vulkangestein bedeckt ist, besteht die andere hauptsächlich aus hellem, stark verkratertem Hochland. Die Dicke der Kruste ist ungleich und ebenso ihre chemische Zusammensetzung. Wie kam der Mond zu den zwei Gesichtern? Waren es äußere Umstände, wie die kosmische Wetterlage und Meteoriteneinschläge, oder liegen die Ursachen in seinem Inneren verborgen?
Um dem Rätsel auf die Spuren zu kommen, messen Wissenschaftler zum Beispiel das Gravitationsfeld des Trabanten – beziehungsweise Schwankungen darin. Diese verraten viel über das Innenleben eines Himmelskörpers. Auf der Vorderseite des Erdtrabanten sind seit gut 40 Jahren starke positive Schwereanomalien bekannt, beispielsweise in den Mare-Becken. Vermutlich sind sie mit vulkanischem Basalt gefüllt und der Mantel des Mondes darunter angehoben.
Im Mare Orientale, an der Grenze von Vorder- und Rückseite, wird die Massekonzentration dagegen von einem Ring negativer Schwereanomalie umgeben. Ein Team um Noriyuki Namiki von der Kyushu University in Japan legen nun wesentlich genauere Daten von Kaguya vor als bislang verfügbar – auch von der Rückseite [1]. So können die beiden Seiten nun erstmals direkt verglichen werden.
Die Forscher fanden auf der erdabgewandten Seite breite ringförmige Strukturen, ausgestattet mit einer ungewöhnlich niedrigen Schwerkraft. Im Zentrum ist die Gravitation dagegen leicht erhöht. Die verschiedenartigen Muster deuten laut Namiki und seinem Team womöglich auf den Zustand der Lithosphäre – der Kruste und dem obersten Mantel – zur Zeit des großen Bombardements vor rund 3,8 Milliarden Jahren hin, als sich die Massenkonzentrationen formten. Demnach hätten sich die Becken mit Schwereanomalien auf der Vorderseite nach ihrer Entstehung stärker verändert als auf der Rückseite. Im Gegensatz dazu legen die Ergebnisse auf der erdabgewandten Seite eine eher starre Kruste nahe.
Um mehr über die Dichteschwankungen zu erfahren, muss der Beitrag der Topografie ausgeschaltet werden – damit nicht etwa versteckte Berge oder Täler die tatsächliche Massekonzentration verfälschen. Diesem Aspekt widmeten sich Hiroshi Araki vom Nationalen Astronomischen Observatorium von Japan und seine Kollegen [2]. Sie erstellten mit Hilfe der Laser-Höhenmesser an Bord von Selene die erste topografische Karte, die den gesamten Mond von Pol zu Pol abbildet – und das viel genauer als bisher: nur rund 15 Kilometer beträgt die Auflösung.
Damit erspähten sie mehrere kleine Krater an Nord- und Südpol, die bislang unentdeckt blieben. Außerdem fanden sie heraus, dass sich der höchste Punkt des Mondes am Rand des Dirichlet-Jackson-Beckens in der Nähe des Äquators befindet – elf Kilometer ragt er empor. Der niedrigste findet sich am Grund des Antoniadi-Kraters nahe dem Südpol, berichten Araki und seinen Kollegen. Die Analyse der globalen Daten und der Vergleich mit denen der Planeten Erde, Mars und Venus lassen die Forscher ebenfalls annehmen, dass die Lithosphäre des Mondes im Vergleich zur Erde recht starr ist.
Der Grund könnte der Mangel an Wasser und anderen leicht flüchtige Verbindungen in dieser Mondschicht sein, welche die mechanischen Eigenschaften der Kruste beeinflussen. Würde etwa Wasser unter der lunaren Oberfläche fließen, wäre sie "elastischer" – wie im Fall der Erde. So wie es scheint, sind auf dem gesamten Trabanten aber weder auf der Oberfläche noch tief im Inneren Wasservorkommen auszumachen.
Wie es zu dieser asymmetrischen Entwicklung kam, kann aber auch die Mondprinzessin beziehungsweise Mondgöttin noch nicht gänzlich erklären. Dank des neu entdeckten Interesses am Erdtrabanten, dürfte es bis zur Antwort aber nur eine Frage der Zeit sein. Die chinesische Sonde Chang’e-1 und die indische Chandrayaan-1 befinden sich bereits im Orbit. Der Lunar Reconnaissance Orbiter sowie der Lunar Crater Observation and Sensing Satellite (LCROSS), der kontrolliert auf dem Mond einschlagen soll, stehen in den Startlöchern und sollen laut der NASA im Frühjahr abheben.
2011 lassen die Amerikaner dann unter anderen auch die Mission Grail folgen – das Gravity Recovery and Interior Laboratory wird die Schwerkraft des Mondes mit einer Genauigkeit vermessen, die mindestens drei Größenordnungen über der von Kaguya liegt. Die Liste der bereits geplanten Missionen reißt aber noch längst nicht ab. Der Höhepunkt wird nach Angaben der NASA dann 2020 stattfinden: der erste Mensch auf dem Mond – seit dem letzten Mondspaziergang der Apollo-Astronauten Eugene Cernan und Harrison Schmitt im Jahr 1972.
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