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Ökonomie und Klimaschutz: Zwei-Grad-Ziel auch aus ökonomischer Sicht sinnvoll

Weniger als zwei Grad Erwärmung wären aus ökonomischer Sicht optimal, wenn die vermiedenen Klimaschäden gegen die Kosten von Klimaschutz gegengerechnet werden. Zu diesem Schluss kommen Forscher mit Hilfe einer aktualisierten Form des DICE-Modells.
Vertrocknetes Feld

Bei einer Erwärmung zwischen 1,5 Grad Celsius und 1,8 Grad Celsius wäre das »Kosten-Nutzen-Optimum« erreicht, wenn man die Kosten der Maßnahmen gegen den anthropogenen Klimawandel und die der zu erwartenden Schäden betrachtet, berichten Forscher im Fachmagazin »Nature Climate Change«. Das wäre mit den Pariser Klimazielen aus dem Jahr 2016 kompatibel, die eine globale Erwärmung bis auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit anstreben. Die Forscher nutzten für ihre Untersuchung das so genannte DICE-Modell (Dynamic Integrated Climate-Economy Model) mit aktualisierten Parametern. Damit widersprechen sie dem Entwickler des Modells, dem amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger William Nordhaus, der damit berechnet hatte, dass das Zwei-Grad-Ziel »ökonomisch suboptimal« und auf Grund hoher sozialer Kosten kaum zu erreichen sei. Seine Berechnung hatte ergeben, dass die optimale Erderwärmung unter Berücksichtigung der Kosten für die Maßnahmen bis ins Jahr 2100 ungefähr bei einer Erwärmung von 3,5 Grad Celsius liegt.

Das DICE-Modell wurde von William Nordhaus über Jahrzehnte hin entwickelt. Im Prinzip versucht es mit Instrumenten der modernen Wirtschaftswissenschaften, eine effiziente Strategie zur Bewältigung der drohenden globalen Erwärmung zu bestimmen. Laut dem Autorenteam hätten einige Parameter des DICE-Modells jedoch nicht mehr dem aktuellen Stand der Klimawissenschaften entsprochen. Daher nutzten sie nun neuere Module unter anderem für die Simulation des Kohlenstoffdioxidkreislaufs und für die vom Klimawandel vermutlich verursachten Schäden. Zudem passten sie die durch so genannte Social Discount Rates (SDRs) repräsentierten Werte zum generationsübergreifenden Wohlstand an – also welche ethischen, aber auch ökonomischen Entscheidungen getroffen werden sollten, wenn es um den Transfer von Wohlstand zwischen Generationen geht. Da diese SDRs oft subjektiv seien, haben die Autoren die ursprünglich im DICE-Modell verwendeten Parameter durch den auf zwei verschiedene Weisen generierten Median von Expertenmeinungen aus einer Umfrage unter 173 Fachleuten ersetzt.

Deutsche Experten stufen die Studie übereinstimmend als relevant ein, wie eine Befragung durch das Science Media Center ergab. »Die Veröffentlichung ist von großer Bedeutung für die Klimadebatte«, sagt die Klimaökonomin Ulrike Kornek vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin. Die Ergebnisse würden zeigen, dass sich ambitionierter Klimaschutz lohnt, wenn die vermiedenen Klimaschäden gegen die Kosten von Klimaschutz gegengerechnet werden. Der Wirtschaftswissenschaftler Reimund Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig meint: »Die in der Studie angewandte Methode entspricht dem State-of-the-Art der Klimaökonomie.« Aus seiner Sicht hätten die Autoren die wichtigsten Faktoren einbezogen.

»Das ist eine sehr relevante Studie, die zeigt, dass auch aus ökonomischer Sicht das Zwei-Grad-Ziel erreicht werden muss, da ansonsten die ökonomischen Schäden durch die Klimaerwärmung größer werden als die Anpassungskosten«
Christian Franzke von der School of Engineering and Science der Jacobs University Bremen

Auch der Meteorologe Christian Franzke von der School of Engineering and Science der Jacobs University Bremen sagt, dass die verwendete Version des DICE-Modells auf dem neuesten Stand der Wissenschaft sei. »Das ist eine sehr relevante Studie, die zeigt, dass auch aus ökonomischer Sicht das Zwei-Grad-Ziel erreicht werden muss, da ansonsten die ökonomischen Schäden durch die Klimaerwärmung größer werden als die Anpassungskosten.« Mit den derzeitigen geplanten nationalen Emissionseinsparungen werde man dieses Ziel aber nicht erreichen, glaubt er. Stattdessen würden wir auf eine globale Erwärmung von bis zu 3,1 Grad zusteuern mit entsprechend höheren Schäden.

Die umfassende Aktualisierung des DICE-Modells würde einen nützlichen Beitrag zum Stand der Forschung liefern, bestätigt auch der Ökonom Johannes Emmerling, RFF-CMCC European Institute on Economics and the Environment (EIEE), Mailand, Italien. Er kritisiert allerdings, dass die Heterogenität der Länder und Individuen sowie die tatsächliche Schadenshäufigkeit nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Jüngste empirische Schätzungen zu den Auswirkungen des Klimawandels würden teilweise auch beträchtliche positive Effekte – zum Beispiel in der Landwirtschaft – für bestimmte kältere Regionen vorhersagen. Reimund Schwarze denkt hingegen, dass in dem für die Studie angepassten DICE-Modell eher zu viele als zu wenige Faktoren analysiert wurden. Das könne den Blick auf die wirklich treibenden Faktoren verstellen. Er merkt an, dass das DICE-Modell in seiner ursprünglichen Fassung in den USA für die Festlegung von CO2-Preisen für staatliche Infrastrukturplanungen genutzt wurde. Im politischen Kontext habe das DICE-Modell hier zu Lande jedoch nie eine Rolle gespielt. Große Bedeutung attestiert er dem DICE-Modell aber im akademischen Bereich, weil es anders als die meisten Modelle leicht zugänglich und leicht anwendbar sei. »Für das umweltökonomische Denken war – und ist – das DICE-Modell also wichtig!«, sagt Schwarze. Daher findet er auch die jetzige Studie »wichtig und gut«.

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