Doppelsterne: Zwei rasende Weiße Zwerge
Rund 16 000 Lichtjahre von uns entfernt, im eher unscheinbaren Sternbild Krebs, sind zwei Sternleichen in einem engen Tanz gefangen. Das System HM Cancri besteht aus zwei Weißen Zwergen, die einander im Abstand von rund 100 000 Kilometern umkreisen. Sie rasen innerhalb von nur 5,4 Minuten einmal um ihren gemeinsamen Schwerpunkt, der sich zwischen ihnen befindet.
Bereits im Jahr 1999 war HM Cancri als Röntgenquelle aufgefallen, die mit einer Periode von 5,4 Minuten in ihrer Leuchtkraft variierte. Lange Zeit war jedoch unklar, was für diese periodische Schwankung verantwortlich war. Schon früh kam die Vermutung auf, dass es sich dabei um die Rotationsperiode eines Doppelsternystems handeln könnte. Allerdings konnten sich die Astronomen ein so enges System nicht vorstellen.
Ein Forscherteam um Gijs Roelofs am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge, Massachusetts, setzte nun eines der beiden Keck-Teleskope auf dem Mauna Kea, Hawaii, ein, um Näheres über HM Cancri herauszufinden.
Das Forscherteam untersuchte Spektren des Systems und suchte dabei nach periodischen Verschiebungen von Spektrallinien durch den Dopplereffekt. Bewegt sich einer der Weißen Zwerge während seines Umlaufs um den Schwerpunkt des Systems auf uns zu, so erscheinen seine Spektrallinien geringfügig ins Blaue verschoben. Entfernt er sich hingegen auf seinem Umlauf von uns, so verschieben sich seine Spektrallinien ins Rote.
Die Messungen waren schwierig, da die Periodendauer so gering und das System wegen seiner Entfernung von 16 000 Lichtjahren sehr lichtschwach ist. Die Spektralunteruchungen zeigen nun, dass HM Cancri aus zwei wechselwirkenden Sternen besteht. Da das System aber extrem klein ist, kommen dabei nur zwei Weiße Zwerge infrage. Diese besitzen etwa die Masse unserer Sonne, sind aber nur so groß wie die Erde und können sich daher in einem Abstand von nur 100 000 Kilometer umkreisen. Normale Sterne sind hierfür einfach zu groß und kämen wegen ihrer vergleichsweise kühlen Temperaturen auch nicht als Röntgenquelle in Betracht. Weiße Zwerge bestehen dagegen aus heißer, hochverdichteter Materie mit einer mittleren Dichte von etwa einer Tonne pro Kubikzentimeter. Bei dieser "entarteten" Materie handelt es sich überwiegend um Kohlenstoff mit Beimengungen von Sauerstoff und Helium.
Von einem der Weißen Zwerge strömt heiße Materie zu seinem Nachbarn. Dort bildet sich eine Scheibe um den Äquator aus. Aus der Scheibe stürzt das Gas schließlich auf einen eng begrenzten Bereich der Oberfläche, wobei die Röntgenstrahlung entsteht. Durch die Rotation des Sternsystems zeigt dieser heiße Fleck mal zur Erde, zu anderen Zeiten nicht. So lässt sich die Periodizität der Röntgenstrahlung von HM Cancri erklären.
Das enge System von HM Cancri ist eine Herausforderung für die Sternphysiker. Ursprünglich muss es sich bei beiden Zwergen um gewöhnliche Sterne gehandelt haben, die einem engen, aber durchaus normalen Doppelsternsystem angehörten. Im Verlauf ihrer Entwicklung müssen die Sterne durch zwei Episoden gegenseitigen Materieaustauschs einander näher gerückt sein. Wie dieses Geschehen im Einzelnen ablief, ist auch den beteiligten Forschern noch unklar.
HM Cancri ist aber nicht nur für die Stellarphysiker interessant. Da sich hier zwei kompakte Massen eng umkreisen, muss dieses System Gravitationswellen freisetzen und eine kräftige Quelle von Verzerrungen der Raumzeit sein. Über lange Sicht verlieren dabei die beiden Weißen Zwerge kinetische Energie und nähern sich immer mehr einander an, bis sie schließlich verschmelzen.
Überschreitet dabei ihre gemeinsame Masse eine kritische Grenze von etwa 1,5 Sonnenmassen, so kann ihre entartete Materie den enormen Druck- und Temperaturbedingungen nicht mehr standhalten. Schlagartig setzen im Inneren des verschmolzenen Weißen Zwergs Fusionsreaktionen ein und der Stern explodiert in einer gigantischen Supernova-Explosion. Dabei bleibt von ihm außer der Strahlung der Explosion nur noch eine expandierende Wolke aus heißen Gasen übrig.
Tilmann Althaus
Bereits im Jahr 1999 war HM Cancri als Röntgenquelle aufgefallen, die mit einer Periode von 5,4 Minuten in ihrer Leuchtkraft variierte. Lange Zeit war jedoch unklar, was für diese periodische Schwankung verantwortlich war. Schon früh kam die Vermutung auf, dass es sich dabei um die Rotationsperiode eines Doppelsternystems handeln könnte. Allerdings konnten sich die Astronomen ein so enges System nicht vorstellen.
Ein Forscherteam um Gijs Roelofs am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge, Massachusetts, setzte nun eines der beiden Keck-Teleskope auf dem Mauna Kea, Hawaii, ein, um Näheres über HM Cancri herauszufinden.
Das Forscherteam untersuchte Spektren des Systems und suchte dabei nach periodischen Verschiebungen von Spektrallinien durch den Dopplereffekt. Bewegt sich einer der Weißen Zwerge während seines Umlaufs um den Schwerpunkt des Systems auf uns zu, so erscheinen seine Spektrallinien geringfügig ins Blaue verschoben. Entfernt er sich hingegen auf seinem Umlauf von uns, so verschieben sich seine Spektrallinien ins Rote.
Die Messungen waren schwierig, da die Periodendauer so gering und das System wegen seiner Entfernung von 16 000 Lichtjahren sehr lichtschwach ist. Die Spektralunteruchungen zeigen nun, dass HM Cancri aus zwei wechselwirkenden Sternen besteht. Da das System aber extrem klein ist, kommen dabei nur zwei Weiße Zwerge infrage. Diese besitzen etwa die Masse unserer Sonne, sind aber nur so groß wie die Erde und können sich daher in einem Abstand von nur 100 000 Kilometer umkreisen. Normale Sterne sind hierfür einfach zu groß und kämen wegen ihrer vergleichsweise kühlen Temperaturen auch nicht als Röntgenquelle in Betracht. Weiße Zwerge bestehen dagegen aus heißer, hochverdichteter Materie mit einer mittleren Dichte von etwa einer Tonne pro Kubikzentimeter. Bei dieser "entarteten" Materie handelt es sich überwiegend um Kohlenstoff mit Beimengungen von Sauerstoff und Helium.
Von einem der Weißen Zwerge strömt heiße Materie zu seinem Nachbarn. Dort bildet sich eine Scheibe um den Äquator aus. Aus der Scheibe stürzt das Gas schließlich auf einen eng begrenzten Bereich der Oberfläche, wobei die Röntgenstrahlung entsteht. Durch die Rotation des Sternsystems zeigt dieser heiße Fleck mal zur Erde, zu anderen Zeiten nicht. So lässt sich die Periodizität der Röntgenstrahlung von HM Cancri erklären.
Das enge System von HM Cancri ist eine Herausforderung für die Sternphysiker. Ursprünglich muss es sich bei beiden Zwergen um gewöhnliche Sterne gehandelt haben, die einem engen, aber durchaus normalen Doppelsternsystem angehörten. Im Verlauf ihrer Entwicklung müssen die Sterne durch zwei Episoden gegenseitigen Materieaustauschs einander näher gerückt sein. Wie dieses Geschehen im Einzelnen ablief, ist auch den beteiligten Forschern noch unklar.
HM Cancri ist aber nicht nur für die Stellarphysiker interessant. Da sich hier zwei kompakte Massen eng umkreisen, muss dieses System Gravitationswellen freisetzen und eine kräftige Quelle von Verzerrungen der Raumzeit sein. Über lange Sicht verlieren dabei die beiden Weißen Zwerge kinetische Energie und nähern sich immer mehr einander an, bis sie schließlich verschmelzen.
Überschreitet dabei ihre gemeinsame Masse eine kritische Grenze von etwa 1,5 Sonnenmassen, so kann ihre entartete Materie den enormen Druck- und Temperaturbedingungen nicht mehr standhalten. Schlagartig setzen im Inneren des verschmolzenen Weißen Zwergs Fusionsreaktionen ein und der Stern explodiert in einer gigantischen Supernova-Explosion. Dabei bleibt von ihm außer der Strahlung der Explosion nur noch eine expandierende Wolke aus heißen Gasen übrig.
Tilmann Althaus
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