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Rembrandts goldener Mix: Zwei Spezialpigmente bringen die »Nachtwache« zum Strahlen

In Rembrandts berühmten Gemälde trägt eine Figur prachtvolle Kleidung mit Goldfäden. Neue Analysen zeigen, dass der Maler hier auf einen besonderen Kniff zurückgriff.
Restaurierung der »Nachtwache«
»De Nachtwacht«, wie das Bild im niederländischen Original heißt, wurde von Rembrandt van Rijn (1606–1669) im Jahr 1642 fertiggestellt. Seit 2019 erforschen und restaurieren es Fachleute der »Operation Nightwatch« vor den Augen der Museumsbesucher.

Rembrandts berühmtes großformatige Gemälde »Die Nachtwache« von 1642 ist überwiegend in dunklen Tönen gehalten. Umso stärker sticht die Figur des Leutnant Willem van Ruytenburch hervor, der mit seiner hellen Kleidung einen Fokus der Komposition bildet. Die kostbare Kleidung des Milizionärs setzte der niederländische Maler denn auch mit einer besonderen Wahl der Farbpigmente in Szene, wie ein Team um Fréderique Broers und Nouchka de Keyser von der Universität Amsterdam nun herausfand.

Im Fachblatt »Heritage Science« liefern sie Details dazu: Demnach kombinierte Rembrandt für die goldenen Stickereien in der Kleidung des Leutnants zwei Varianten des Minerals Pararealgar. In seiner kristallinen Form hat das Arsensulfid-Mineral eine gelbliche Färbung, in dem semi-amorphen Zustand, den die Forscher auch in den Farbschichten entdeckten, ist es dagegen orangerot. Rembrandt scheint die beiden Varianten gezielt für seine Farbgebung eingesetzt zu haben.

Goldene Stickerei | Das helle Kreuz im rechten Bild zeigt, wo die Wissenschaftler die Farbprobe entnahmen, in der sie das seltene Pigment Pararealgar entdeckten.

Bislang waren Fachleute davon ausgegangen, dass Rembrandt eine damals gängigere Pigmentmischung verwendete, bestehend aus Realgar und Auripigment – beides ebenfalls Arsen-Schwefel-Verbindungen. Das hatten bereits Röntgen-Fluoreszenzaufnahmen am Gemälde nahegelegt, in denen diese beiden Elemente entdeckt wurden. Eine genauere Nachuntersuchung an winzigen Farbproben zeigte nun, dass Rembrandt zu einer anderen Kombination von Arsen und Schwefel gegriffen hatte.

Tatsächlich wandelt sich Realgar (As4S4) unter Lichteinwirkung mit der Zeit von alleine in Pararealgar (AsS) um. In Gemälden findet es sich darum in der Regel als Folge des Alterungsprozesses. Doch die Wissenschaftler gehen in ihrer aktuellen Studie davon aus, dass der niederländische Maler bei der »Nachtwache« gezielt zum Pararealgar griff. Dies schließen sie aus der homogenen Verteilung dieses Minerals und seiner semi-amorphen Variante.

Letztere entsteht, wenn man das Pararealgar erhitzt. Es wandelt sich dabei von gelb in rotorange – das könnte Rembrandt womöglich sogar selbst erledigt haben, um dem Gold einen rötlicheren Ton zu verleihen. Die Farbmischung verbesserte Rembrandt zusätzlich mit den Pigmenten Blei-Zinn-Gelb und Zinnober. Diese beiden Pigmente wurden bei den Untersuchungen ebenfalls gefunden.

Im Amsterdam des 17. Jahrhunderts seien eine Vielzahl von Pigmenten erhältlich gewesen, schreiben die Autoren der Untersuchung. Das beinhalte auch Arsen-Schwefel-Verbindungen abseits der viel verbreiteteren Kombination von Realgar und Auripigment. Als Beleg führen sie historische Quellen und die Kataloge von Mineraliensammlungen an. Die Pigmente hätten Amsterdam aus dem heutigen Deutschland und Österreich sowie aus Venedig erreicht. In den Läden der kunstbeflissenen Stadt konnten die Maler dann aus einer breiten Farbpalette wählen. 15 Jahre später wirkte in Amsterdam der Maler Willem Kalf, in dessen Gemälden die Wissenschaftler dasselbe »Gold« entdeckten, das auch den Stickereien des Leutnants ihren Glanz verlieh. Auch das werten sie als Beleg für ihre These.

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