Rembrandts goldener Mix: Zwei Spezialpigmente bringen die »Nachtwache« zum Strahlen
Rembrandts berühmtes großformatiges Gemälde »Die Nachtwache« von 1642 ist überwiegend in dunklen Tönen gehalten. Umso stärker sticht die Figur des Leutnant Willem van Ruytenburch hervor, der mit seiner hellen Kleidung einen Fokus in der Komposition bildet. Die kostbare Kleidung des Milizionärs setzte der niederländische Maler denn auch mit einer besonderen Wahl der Farbpigmente in Szene, wie ein Team um Fréderique Broers und Nouchka de Keyser von der Universität Amsterdam nun herausfand.
Im Fachblatt »Heritage Science« liefern sie Details dazu: Demnach kombinierte Rembrandt für die goldenen Stickereien in der Kleidung des Leutnants zwei Varianten des Minerals Pararealgar. In seiner kristallinen Form hat das Arsensulfid-Mineral eine gelbliche Färbung, in dem semiamorphen Zustand, den die Forscher auch in den Farbschichten entdeckten, ist es dagegen orangerot. Rembrandt scheint die beiden Varianten gezielt für seine Farbgebung eingesetzt zu haben.
Bislang waren Fachleute davon ausgegangen, dass Rembrandt eine damals gängigere Pigmentmischung verwendete, bestehend aus Realgar und Auripigment – beides ebenfalls Arsen-Schwefel-Verbindungen. Das hatten bereits Röntgen-Fluoreszenzaufnahmen am Gemälde nahegelegt, bei denen diese beiden Elemente entdeckt wurden. Eine genauere Nachuntersuchung an winzigen Farbproben zeigte nun, dass Rembrandt zu einer anderen Kombination von Arsen und Schwefel gegriffen hatte.
Tatsächlich wandelt sich Realgar (As4S4) unter Lichteinwirkung mit der Zeit von allein in Pararealgar (AsS) um. In Gemälden findet es sich darum in der Regel als Folge des Alterungsprozesses. Doch die Wissenschaftler gehen in ihrer aktuellen Studie davon aus, dass der niederländische Maler bei der »Nachtwache« gezielt zum Pararealgar griff. Das schließen sie aus der homogenen Verteilung dieses Minerals und seiner semiamorphen Variante.
Letztere entsteht, wenn man das Pararealgar erhitzt. Es wandelt sich dabei von Gelb in Orangerot – das könnte Rembrandt womöglich sogar selbst erledigt haben, um dem Gold einen rötlicheren Ton zu verleihen. Die Farbmischung verbesserte der Künstler zusätzlich mit den Pigmenten Bleizinngelb und Zinnober. Diese beiden Pigmente wurden bei den Untersuchungen ebenfalls gefunden.
Im Amsterdam des 17. Jahrhunderts seien eine Vielzahl von Pigmenten erhältlich gewesen, schreiben die Autoren der Untersuchung. Das beinhalte auch Arsen-Schwefel-Verbindungen abseits der viel verbreiteteren Kombination von Realgar und Auripigment. Als Beleg führen sie historische Quellen und die Kataloge von Mineralsammlungen an. Die Pigmente hätten Amsterdam aus dem heutigen Deutschland und Österreich sowie aus Venedig erreicht. In den Läden der kunstbeflissenen Stadt konnten die Maler dann aus einer breiten Farbpalette wählen. 15 Jahre später wirkte in Amsterdam der Maler Willem Kalf, in dessen Gemälden die Wissenschaftler dasselbe »Gold« entdeckten, das auch den Stickereien des Leutnants ihren Glanz verlieh. Das werten sie ebenfalls als Beleg für ihre These.
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