Aktuelles am Himmel: Zwei ungleiche Gesichter der Sonne
Im November zog vor allem die Nordhalbkugel der Sonne die Blicke auf sich. Dort zeigten sich einige große Fleckengruppen, wodurch das vorherige Nord-Süd-Gefälle der Aktivität etwas abgebaut wurde. Anders verhielt es sich in Ost-West-Richtung: Im Lauf des Monats offenbarte die Sonnenrotation ein großes Ungleichgewicht der Aktivität nach Längengraden. So ließ sich im November der Wechsel von einer sehr hohen Aktivität in der ersten Woche zu sehr kleinen Flecken in der dritten Woche beobachten.
Zu Monatsanfang bot die Sonnenscheibe noch einen viel versprechenden Anblick: Zahlreiche, teils recht kräftige Fleckengruppen prägten den Anblick des Tagesgestirns (siehe »Starker Beginn«). Nach diesem starken Auftakt flaute die Aktivität vorübergehend etwas ab, so dass es im November insgesamt ein wenig ruhiger zuging als im Vormonat. Teilweise gab es im Süden mehr Fleckengruppen als im Norden (siehe »Der Süden dominiert noch«). Die Monatsrelativzahl R blieb recht hoch – zur Freude der Sonnenbeobachter, die lediglich mit dem grauen Novemberwetter zu kämpfen hatten: Das Beobachternetz der Fachgruppe Sonne der deutschlandweiten Vereinigung der Sternfreunde e. V. (VdS) ermittelte ein provisorisches Monatsmittel von R = 152, nach 160,2 im Oktober und 148,0 im September 2024.
Die Häufigkeit solarer Eruptionen (englisch: flares) ging ebenfalls zurück; sie verblieb aber insgesamt auf einem hohen Niveau. Insgesamt 20 Flares der zweitstärksten Klasse M wurden auf der Vorderseite der Sonne bis zum 27. November registriert. Zu dieser Zeit wurde die Datenauswertung des Solar Dynamics Observatory (SDO) der NASA durch einen technischen Fehler erschwert, der bereits am 26. November auftrat: Im Kontrollzentrum des SDO war infolge eines Rohrbruchs Kühlmittel ausgelaufen. Der entstandene Schaden ist so groß, dass der an der Stanford University betriebene Serverraum möglicherweise neu aufgebaut werden muss. Sicher ist indes, dass der Schwerpunkt der solaren Flareaktivität in der ersten Monatshälfte lag, in Einklang mit der hohen Fleckentätigkeit auf der uns zugewandten Seite der Sonne.
Zu den Highlights des Herbstmonats gehörte ein eindrucksvoll großer, runder Fleck mit ausgedehnter Penumbra auf der Nordhalbkugel, der am 4. November das zentrale Gebiet der Sonnenscheibe kreuzte (siehe »Ein langlebiger Fleck«). Hierin manifestierte sich die ruhige und langlebige Endphase einer großen Fleckengruppe, die schon im Vormonat sichtbar gewesen war. Ende November trat dieses aktive Gebiet am Ostrand der Sonnenscheibe in Erscheinung – nach seiner nunmehr dritten Sonnenumrundung. Diese Beobachtung belegt, dass die Aktivität der Nordhalbkugel nicht voreilig abgeschrieben werden sollte, obschon sie in den letzten Monaten gegenüber dem Süden deutlich ins Hintertreffen geraten war.
Auch hübsche Protuberanzen waren wieder vielfach zu sehen. Beispiele zweier verschiedener Typen solcher leuchtenden Gasfilamente wurden mit dem SDO am 20. November am Südwestrand der Sonnenscheibe beobachtet: Eine ruhende, sich nur langsam verändernde Protuberanz in hoher südlicher Breite wurde durch eine dynamischere Protuberanz kontrastiert, die sich unmittelbar über einem Aktivitätsgebiet näher am Äquator befand (siehe »Ungleiche Protuberanzen«). Der vom SDO für diese Beobachtungen genutzte Spektralbereich der Emissionslinie des Heliums bei 30,4 Nanometern im extremen UV zeigt die Sonne in ähnlicher Weise wie der für Amateurastronomen zugängliche Spektralbereich der roten Wasserstofflinie H-alpha. Insgesamt bieten sich also weiterhin viele Gelegenheiten, unser Tagesgestirn ins Visier zu nehmen. Teleskope von 8 bis 15 Zentimeter Öffnung mit geeigneten Filtern sind hierfür völlig ausreichend.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.