Schlaganfall-Folgen: Zwei von drei Überlebenden geht es gut
»Psychisch rundum gesund« – das sagen kanadische Sozialforscherinnen über zwei von drei Menschen, die einen Schlaganfall überlebt haben. Esme Fuller-Thomson und Lisa Jensen von der University of Toronto hatten Angaben von mehr als 11 000 repräsentativ ausgewählten Erwachsenen ab 50 Jahren ausgewertet, von denen 300 einen Schlaganfall hinter sich hatten. Die Messlatte lag hoch: Vollständige psychische Gesundheit wurde nur jenen Befragten attestiert, die nach eigenen Angaben an den meisten Tagen mit ihrem Leben glücklich und zufrieden waren, keine lebensmüden Gedanken hatten und weder unter Depressionen, Angststörungen noch einer Abhängigkeit litten. Dennoch lautete das Fazit in der Zeitschrift »Journal of Aging and Health«: Die große Mehrheit erfreue sich bester seelischer Gesundheit.
Als wichtigster Faktor erwiesen sich enge Vertraute: Die Chancen auf psychisches Wohlbefinden waren viermal größer, wenn die Befragten eine ihnen nahestehende Person nennen konnten. Die Forscherinnen schlagen deshalb gezielte Interventionen für sozial isolierte Betroffene vor, um deren seelisches Befinden nach einem Schlaganfall zu fördern. Auch eine Schmerztherapie sei bei Bedarf wichtig. Denn wer mit chronischen Schmerzen kämpfte, zählte nur halb so oft zur Gruppe der Glücklichen.
Eine traurige Erkenntnis brachte die Studie jedoch zu Tage: Wurden die Befragten in der Kindheit misshandelt oder missbraucht, waren sie auch Jahrzehnte später nach einem Schlaganfall psychisch belasteter als ihre Altersgenossen. »Eine schwere Kindheit wirft einen sehr langen Schatten«, kommentiert Fuller-Thomson in einer Pressemitteilung zur Studie. Die Ergebnisse bezeichnet sie dennoch als ermutigend, wenn auch nicht auf Betroffene in Heimen übertragbar, da diese in der Studie nicht berücksichtigt wurden. Die meiste Forschung zu den psychischen Folgen von Schlaganfällen hätten sich bislang vor allem auf Depressionen und Suizidgedanken konzentriert.
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