Multiple Sklerose: Zweischneidiger Antikörper bekämpft Viren und eigene Neurone
Multiple Sklerose trifft vielleicht besonders die Menschen, die eine spezielle, janusköpfige Sorte eines Antikörpers tragen, berichten US-amerikanische Forscher. Zumindest bei Mäusen scheint eine Infektion mit einem eigentlich harmlosen Virus die Neuronen-Krankheit einzuleiten, weil die körpereigenen Abwehrmaßnahmen sich gleichzeitig gegen den Erreger und die eigenen Hirnzellen richten.
Multiple Sklerose ist eine neurodegenerative Autoimmunerkrankung, die weltweit mehr als eine Million Menschen betrifft. Die Krankheit tritt bei einer unglücklichen Kombination von Umständen zu Tage, bei der genetisch vorbelastete Personen auf ungünstige Umweltfaktoren stoßen – dies führt dann zu einem Verlust der Toleranz ihrer T-Zellen gegen körpereigene Proteine der Myelinscheiden um die Hirnneurone. In der Folge attackiert das Immunsystem die eigenen Gehirnzellen.
Bis dato war allerdings unklar, welche Umweltfaktoren genau T-Zellen entgleisen lassen – und warum. Joan Goverman von der Washington State University in Seattle und ihre Kollegen zeigen nun, dass Mäuse mit einem bestimmten CD8+-T-Zelltyp betroffen sind, der nicht nur wie üblich eine spezifische, sondern gleich zwei verschiedene Antigenrezeptoren auf seiner Oberfläche trägt. Einer dieser Rezeptoren erkennt dabei ein bestimmtes Oberflächen-Antigen auf einem Virus, der zweite jedoch ein hirnspezifisches Myelinpeptid. Eine Virusinfektion bewirkt eine starke Vermehrung dieses Antikörpers – und sorgt daher in der Folge dafür, dass nicht nur die Erreger, sondern auch zunehmend die Hirnneurone angegriffen werden.
Als mögliche Gefahr für Menschen mit einer genetischen Prädisposition für multiple Sklerose kämen etwa Erreger wie das häufige Epstein-Barr-Virus in Frage: Das Risiko der neurodegenerativen Erkrankung ist bei Menschen, die mit diesem Erreger schon in Kontakt waren, um das 15-Fache erhöht, so die Wissenschaftler. Dennoch leiden gleichzeitig viele EBV-Infizierte später nicht an multipler Sklerose – womöglich eben deshalb, weil die meisten Menschen keine der abweichenden Antikörper mit zwei Antigenrezeptoren bilden.
Der von Goverman und Kollegen postulierte Kreuzmechanismus würde also erklären, warum nur sehr wenige der von dem sehr häufigen Erreger Attackierten multiple Sklerose entwickeln – warum diese dann aber stets sehr große Mengen von Antikörpern bilden, die gegen das Virus gerichtet sind. Womöglich, so spekulieren die Forscher abschließend, liegen ähnliche Kreuzprozesse auch anderen Autoimmunkrankheiten zu Grunde. (jo)
Multiple Sklerose ist eine neurodegenerative Autoimmunerkrankung, die weltweit mehr als eine Million Menschen betrifft. Die Krankheit tritt bei einer unglücklichen Kombination von Umständen zu Tage, bei der genetisch vorbelastete Personen auf ungünstige Umweltfaktoren stoßen – dies führt dann zu einem Verlust der Toleranz ihrer T-Zellen gegen körpereigene Proteine der Myelinscheiden um die Hirnneurone. In der Folge attackiert das Immunsystem die eigenen Gehirnzellen.
Bis dato war allerdings unklar, welche Umweltfaktoren genau T-Zellen entgleisen lassen – und warum. Joan Goverman von der Washington State University in Seattle und ihre Kollegen zeigen nun, dass Mäuse mit einem bestimmten CD8+-T-Zelltyp betroffen sind, der nicht nur wie üblich eine spezifische, sondern gleich zwei verschiedene Antigenrezeptoren auf seiner Oberfläche trägt. Einer dieser Rezeptoren erkennt dabei ein bestimmtes Oberflächen-Antigen auf einem Virus, der zweite jedoch ein hirnspezifisches Myelinpeptid. Eine Virusinfektion bewirkt eine starke Vermehrung dieses Antikörpers – und sorgt daher in der Folge dafür, dass nicht nur die Erreger, sondern auch zunehmend die Hirnneurone angegriffen werden.
Als mögliche Gefahr für Menschen mit einer genetischen Prädisposition für multiple Sklerose kämen etwa Erreger wie das häufige Epstein-Barr-Virus in Frage: Das Risiko der neurodegenerativen Erkrankung ist bei Menschen, die mit diesem Erreger schon in Kontakt waren, um das 15-Fache erhöht, so die Wissenschaftler. Dennoch leiden gleichzeitig viele EBV-Infizierte später nicht an multipler Sklerose – womöglich eben deshalb, weil die meisten Menschen keine der abweichenden Antikörper mit zwei Antigenrezeptoren bilden.
Der von Goverman und Kollegen postulierte Kreuzmechanismus würde also erklären, warum nur sehr wenige der von dem sehr häufigen Erreger Attackierten multiple Sklerose entwickeln – warum diese dann aber stets sehr große Mengen von Antikörpern bilden, die gegen das Virus gerichtet sind. Womöglich, so spekulieren die Forscher abschließend, liegen ähnliche Kreuzprozesse auch anderen Autoimmunkrankheiten zu Grunde. (jo)
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben