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News: Zweistufige Supernova-Explosion?

Bestimmte Sterne beenden ihr Dasein mit einer abrupten, gewaltigen Explosion. Aktuelle Beobachtungen solcher Supernovae des Typs Ia legen nahe, dass der Explosionsprozess in zwei Stufen stattfindet. Dieser Befund liefert nicht nur wichtige Hinweise über den Mechanismus des plötzlichen Sternentods, sondern könnte durchaus auch Konsequenzen für die Kosmologie haben.
Die neuen Erkenntnisse gewann ein internationales Astronomenteam anhand von Beobachtungen an 17 Supernovae. Lifan Wang (Texas A&M University, USA) und seine Kollegen Dietrich Baade und Ferdinando Patat von der Europäischen Südsternwarte ESO nutzten dazu das Very Large Telescope (VLT) der ESO und das Otto-Struve-Teleskop des McDonald Observatory. Aus ihren Messdaten leiteten die Astronomen die Gestalt und die Struktur der Trümmerwolken ab, die von Supernovae des Typs Ia ausgestoßen werden. Das sind Explosionen eines kleinen, kompakten Sterns – eines so genannten Weißen Zwergs – innerhalb eines Doppelsternsystems. Wenn die beiden Komponenten sich auf einer sehr engen Bahn umkreisen, kann der Weiße Zwerg Materie von seinem Begleiter abziehen, bis er eine kritische Masse erreicht, die ihn instabil werden und als Supernova explodieren lässt. Was genau die Explosion auslöst, und wie schnell die Stoßwelle durch den Stern wandert, ist noch in wesentlichen Teilen schlecht verstanden.

Die von Wang und seinen Kollegen untersuchten Supernovae befinden sich nicht in unserem Milchstraßensystem, sondern in fernen Galaxien. Über diese Distanzen hinweg sind weder mit normalen Bildgebungsverfahren noch mit interferometrischen Methoden Einzelheiten in den Explosionswolken zu erkennen. Die Gruppe griff deshalb in die Trickkiste der Astronomen und bestimmte die Gestalt der Trümmerwolke anhand der Polarisation des Lichts, das die sterbenden Sterne aussandten.

Licht kann man als Gemisch von Lichtwellen beschreiben, die senkrecht zu ihrer Ausbreitungsrichtung schwingen. In natürlichem, unpolarisierten Licht sind dies Schwingungsrichtungen gleichmäßig um die Ausbreitungsrichtung verteilt. In polarisiertem Licht erfolgen die Schwingungen nur in einer bestimmten Richtung oder zumindest mit stärkerer Amplitude als in anderen Richtungen.

Wenn Licht in der sich ausdehnenden Trümmerwolke der Supernova gestreut wird, nimmt es sozusagen Informationen über die Orientierung der streuenden Schichten auf. Ist die Supernova sphärisch symmetrisch, enthält das Licht alle Schwingungsebenen, und das gemessene Licht ist unpolarisiert. Ist die Gashülle hingegen nicht rund, wird dem Licht eine gewisse Polarisation aufgeprägt. Indem die Astronomen zusätzlich das Spektrum der Supernovae untersuchten, fanden sie heraus, dass der kontinuierliche Anteil des elektromagnetischen Spektrums kaum polarisiert ist, wohingegen stark blau-verschobene Spektrallinien starke Anzeichen einer Polarisation aufwiesen. Die Astronomen schlossen daraus, dass die Explosionswolke weitgehend kugelförmig ist, aber in ihren äußeren Bereichen Knoten hoher Geschwindigkeit enthält, deren chemische Zusammensetzung deutlich vom Rest der Wolke abweicht. Supernovae des Typs Ia erzeugen demnach Explosionswolken, die in ihrem Innern recht symmetrisch, in ihren äußeren Regionen jedoch asymmetrisch sind. Je heller eine solche Supernova, so ergab die genaue Analyse, desto gleichförmiger ist die Explosionswolke. Die knotige oder klumpige Struktur der äußeren Explosionswolke könnte daher rühren, dass der Explosionsprozess mit vergleichsweise langsamer Geschwindigkeit einsetzt. Erst die nachfolgende, "zweite Stufe" der Explosion verläuft mit größerer Wucht, wodurch Asymmetrien ausgeglichen werden.

Da Supernovae des Typs Ia wichtige "Standardkerzen" für die Ermittlung von Entfernungen im Universum sind, hat diese Entdeckung womöglich auch Konsequenzen für die Kosmologie. Denn anhand von Sternexplosionen dieses Typs haben die Astronomen die Distanzen zu fernen Galaxien abgeschätzt und daraus geschlossen, dass die Expansion des Universums nicht mit gleichförmiger, sondern mit immer höherer Geschwindigkeit erfolgt. Sollte sich herausstellen, dass die aus Supernovae des Typs Ia abgeleitete Entfernungsskala mit hohen Ungenauigkeiten behaftet ist, wäre diese Schlussfolgerung neu zu überdenken.

UR

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