Exoplaneten: Zwei Gesteinswelten umkreisen Proxima Centauri
Der Trend geht zum Sequel – das gilt offenbar nicht nur für Comicverfilmungen, sondern auch für Exoplaneten. Nach der Ankündigung im August 2019 veröffentlicht ein Team um Planetenjäger Mario Damasso nun im Fachjournal »Science Advances« den lang ersehnten Nachfolger zu Blockbuster-Planet Proxima Centauri b. Und wie für Sequels üblich, fällt alles etwas größer aus als bei Teil 1: Mindestens 5,8 Erdmassen schwer ist die neuerdings vermutete Supererde, mehr als fünf Jahre benötigt sie, um unseren nächsten Nachbarstern Proxima Centauri zu umrunden.
Schon länger spekulieren Forscher über eine mögliche Fortsetzung. 2017 fing das Radioteleskop ALMA ein Signal nahe Proxima Centauri auf, das Wissenschaftler als Staubgürtel deuteten – in einem Abstand, der dem nun angenommenen Planetenorbit beeindruckend ähnlich ist. Kurze Zeit später wurden die vermeintlichen Felsbrocken allerdings als Flare interpretiert. Bereits als ein Jahr zuvor die Sensationsmeldung eines erdgroßen Planeten in der habitablen Zone unseres nächsten stellaren Nachbarn Schlagzeilen machte, konnten die Entdecker große Geschwister nicht ausschließen. Also wurde weiter beobachtet: 549 Tage lang, mit einer Ausbeute von knapp 50 zusätzlichen Lichtspektren. Die Astronomen richteten die beiden Spektrografen HARPS und UVES damit insgesamt über einen Zeitraum von mehr als 17 Jahren immer wieder auf Proxima. Das zahlt sich nun aus: Die lange Beobachtungsdauer erlaubt, mehrere Umläufe auszuwerten – selbst bei einem Planeten, der anderthalbmal so weit von seinem Stern entfernt ist wie die Erde von der Sonne.
Auf ihrer fünfjährigen Bahn wirft die Supererde auch gleich einige Modelle der Planetenentstehung um. Denn Gesteinsplaneten, so die Theorie, entstehen innerhalb eines charakteristischen Abstands namens »Schneelinie«, ab der Gase wie Wasserdampf zu Eis gefrieren. Die liegt beim Roten Zwerg Proxima Centauri allerdings bei gerade einmal einem Zehntel des Abstands, in dem die Forscher Planet c vermuten. Sollte er nicht im Lauf der Jahre nach außen gewandert sein, sind neue Mechanismen nötig, um so weit außerhalb der Schneelinie einen Gesteinsplaneten zu bilden.
Dafür muss der Planet aber zunächst einmal existieren. Für die Beförderung vom Kandidaten zum Exoplaneten hoffen Damasso und seine Kollegen auf den Astrometriesatelliten Gaia. Da Proxima Centauri uns so nah ist, könnte Gaia ihren Tanz um den gemeinsamen Schwerpunkt direkt vermessen. Das hat zwei Vorteile: Diese Methode ist genauer, und die Astronomen kommen ohne die Radialgeschwindigkeitsmethode aus, die auf dem Dopplereffekt beruht. Dann wüssten wir auch, wie schwer die Supererde denn nun wirklich ist – da niemand sagen kann, aus welchem Winkel wir auf die Planetenbahn blicken, kennen die Forscher nur eine Mindestmasse. Bis dahin ist Proxima Centauri c jedoch nur ein Wackelkandidat unter tausenden. Wenn wir Pech haben, könnte er ein Flop werden.
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