Leonardo da Vinci: Zweites Mona-Lisa-Lächeln entdeckt
Zwei Gesichter in einem kombinierte Leonardo da Vinci, als er die "Mona Lisa" malte. Betrachtet man das Porträt aus der Ferne oder aus den Augenwinkeln, zeigt sich eine freundliche Miene mit nach oben gezogenen Mundwinkeln. Konzentriert man den Blick hingegen auf die Lippen, verschwindet dieser Eindruck. So wirkt es, als würde die Porträtierte gleichzeitig lächeln und nicht lächeln.
Dabei scheint es sich nicht um einen glücklichen Zufall zu handeln. Denn denselben Effekt fanden jetzt Alessandro Soranzo und Michael Newberry von der Sheffield Hallam University auch auf einem Gemälde, das erst kürzlich "mit hoher Wahrscheinlichkeit" dem Florentiner Künstler zugeschrieben wurde: dem Porträt einer jungen Adligen. Aus der Ferne meint man ein vergnügtes junges Mädchen zu erkennen, aus der Nähe ist ihr Ausdruck hingegen neutral bis schwermütig – vielleicht eine passende Darstellung für eine Heranwachsende, die an der Schwelle dazu steht, die Pflichten des Erwachsenseins zu übernehmen.
Vor allem aber zeigt "La bella principessa", dass da Vinci diesen malerischen Trick offenbar gezielt und mit System einsetzte. Da Vinci setzte mit Absicht im Mundbereich der Porträtierten subtile Schattierungen, um einen doppeldeutigen, nicht genau fassbaren Gesichtsausdruck zu erzeugen, meinen die Autoren.
Dass "La bella principessa" dieselbe Doppelwirkung auf den Betrachter ausübt wie die "Mona Lisa", haben die beiden Forscher mit Hilfe diverser Tests belegt. Unter anderem ließen sie Freiwillige den Gesichtsausdruck aus einem halben Meter und aus acht Meter Entfernung beschreiben. Zudem lässt sich die Distanzwirkung unter Verwendung eines Weichzeichners verhältnismäßig gut simulieren. Auch hier offenbarte ein Versuch mit 20 Teilnehmern, dass der Mundwinkel als umso steiler (also "lächelnder") wahrgenommen wurde, je stärker die Forscher das Bild weichgezeichnet hatten.
Zum Vergleich testeten sie auch das Porträt eines Mädchens, das Antonio del Pollaiulo, ein Zeitgenosse Leonardos, anfertigte. Hier blieb der Gesichtsausdruck immer gleich, egal wie stark sie das Bild weichzeichneten.
Hinter "La bella principessa", auf Deutsch "Die schöne Prinzessin", steckt eine kunsthistorische Sensation, denn die Urheberschaft Leonardo da Vincis wurde erst vor wenigen Jahren von Fachleuten akzeptiert und ist bei manchen Experten noch immer umstritten. Das Gemälde entstand um das Jahr 1490 herum und damit vor der "Mona Lisa". Nach Meinung einiger Fachleute hat Leonardo da Vinci hier die damals 13-jährige Mailänderin Bianca Sforza anlässlich ihrer Hochzeit in Kreide und Tinte auf Pergament festgehalten.
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