Zwergplaneten: Junger Vulkanismus auf Ceres entdeckt
Schon auf den Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble und auf den verwaschenen Bildern der US-Raumsonde Dawn bei ihrem Anflug auf den Zwergplaneten Ceres Anfang 2015 stach ein besonders heller Fleck auf dem im Mittel rund 940 Kilometer großen Himmelskörper hervor. Er stellte sich auf den dann folgenden Detailfotos von Dawn als ein nur rund vier Kilometer großes Gebilde heraus: Es befindet sich im Zentrum eines 92 Kilometer großen Einschlagkraters, der den Namen Occator erhielt. Nun konnten Wissenschaftler um Andreas Nathues vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen das Alter dieser Struktur ermitteln, die Cerealia Facula (lateinisch: Fackel des Ceresfests) heißt. Es beträgt nur rund vier Millionen Jahre, Cerealia Facula ist also im Vergleich zum Gesamtalter von Ceres von rund 4,6 Milliarden Jahren ausgesprochen jung.
Das Alter von Cerealia Facula wurde mit Hilfe der Einschlagkraterstatistik bestimmt. Dafür durchmusterten die Forscher die scharfen Bilder von Dawn, welche die Sonde in der Zeit von Dezember 2015 bis September 2016 aus einer Höhe von 375 Kilometern aufnahm. Sie haben eine räumliche Auflösung von 35 Metern pro Bildpunkt. Anhand dieser Aufnahmen wurden geologische Strukturen im Inneren des Kraters Occator genau analysiert und die Anzahl später erfolgter Einschläge kleiner Himmelskörper ermittelt. Dabei gilt die einfache Grundregel, je mehr Krater eines bestimmten Durchmessers sich in einem Gebiet mit definierter Fläche befinden, desto älter ist es. Bei der Interpretation gehen Annahmen über die Einschlagstatistik kleiner Objekte im Asteroidenhauptgürtel zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter ein.
Anhand der Kraterzählungen ergab sich für den hellsten domförmigen Bereich von Cerealia Facula ein Alter von vier Millionen Jahren, während für den umliegenden Kraterboden von Occator ein Alter von 34 Millionen Jahren festgestellt wurde. Die Forscher um Nathues gehen davon aus, dass dieses Alter der Entstehungszeit des Kraters entspricht; somit ist auch Occator selbst nach geologischen Maßstäben sehr jung. Zudem werteten die Wissenschaftler Messdaten des abbildenden Infrarotspektrometers VIR aus. Sie konnten damit frühere Arbeiten anderer Forscher bestätigen, nämlich dass die rund drei Kilometer breiten und bis zu 400 Meter mächtigen Ablagerungen im Zentrum von Cerealia Facula aus Karbonaten bestehen, also beispielsweise irdischen Kalksteinen ähneln.
Die Wissenschaftler gehen daher davon aus, dass aus dem Inneren von Ceres wässrige Lösungen mit hohen Gehalten an gelösten Salzen und Gasen wie Kohlendioxid und Methan durch Risse und Spalten in der Cereskruste nach oben stiegen. Im an der Oberfläche herrschenden Vakuum verdampfte das Wasser und setzte die mitgeführten Gase frei. Dabei fielen die gelösten Salze als Feststoffe aus, so dass nach und nach eine dicke Schicht aus Ablagerungen entstand. Eine solche vulkanische Aktivität wird auch Kryovulkanismus genannt, weil die Temperaturen der Flüssigkeiten und Gase sehr niedrig sind. Kleine Einschlagkrater auf diesem Material enthüllen: Die ganze Kuppe besteht aus den abgelagerten Salzen, und kein Gesteinsmaterial aus der Umgebung ist eingelagert. Die Forscher vermuten, dass es an dieser Stelle wiederholt zu eruptiven Auswürfen von Materie gekommen ist, die sich auch im weiteren Umfeld der Ausbruchsstelle ablagerten. Der letzte dieser Ausbrüche fand vor vier Millionen Jahren statt, aber es gibt Indizien dafür, dass die vulkanische Aktivität bis heute auf niedrigem Niveau anhält. Auf manchen Bildern des Kraters Occator zeigt sich unter bestimmten Blickwinkeln feiner Dunst, der vermutlich auf die Freisetzung von Wasserdampf zurückgeht. Letzterer wurde auch schon vom Weltraumteleskop Herschel im unmittelbaren Umfeld von Ceres nachgewiesen. Somit dürfte der Zwergplanet Ceres auch heute noch ein geologisch aktiver Himmelskörper sein.
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