News: Zwiegespräch von Mensch und Bakterium
Fies sein verspricht Erfolg – zumindest parasitisch lebenden Bakterien, denn gemeine Tricks sichern ihnen das Überleben. So nutzt ein gefährliches Darmbakterium sowohl die chemischen Informationen harmloser Darmbewohner als auch ein Hormon seines Wirtes als Startsignal, um infektiös zu werden.
Parasiten sind extrem weit verbreitet – und ebenso extrem ungern gesehen. Wen wundert's, befallen sie doch andere Lebewesen und nutzen diese schamlos zu ihrem eigenen Vorteil aus. Dabei scheuen sie keinen Trick, um an ihr Ziel zu gelangen und dort möglichst sicher zu überleben. Oft genug lassen sie sich dabei sogar direkt von ihrem unfreiwilligen Gastgeber helfen.
Solch heimtückische Gesellen sind auch die enterohämorrhagischen Escherichia-coli-Bakterien (EHEC). Sie lösen akute entzündliche Darmerkrankungen aus, die lebensbedrohliche Formen annehmen können. In den Menschen gelangen die Mikroorganismen beispielsweise über rohes Fleisch oder unpasteurisierte Milch. Im Wirt angelangt, passieren sie zunächst unbesehen den Magen, bis sie schließlich den Darm erreichen. Dort richten sie sich dann häuslich ein: Sie heften sich an die Darmwand, zerstören deren Zellen und darunter liegendes Gewebe und setzen zudem Toxine frei; dadurch verursachen sie blutige Durchfälle.
Doch woher wissen die kleinen Fieslinge, dass sie ihr Ziel, den Darm, erreicht haben und ihr Zerstörungswerk beginnen können? Dazu verständigen sich die ungebetenen Gäste zum einen mit anderen Darmbewohnern, zum anderen klinken sie sich in ein Kommunikationssystem des Wirtes ein, nämlich in das Hormonsystem, wie Vanessa Sperandio vom Universtity of Texas Southwestern Medical Center und ihre Mitarbeiter nun herausfanden.
Die Verständigung mit anderen Bakterien läuft über das bei ihnen weit verbreitete Quorum sensing: Die Mikroben setzen chemische Verbindungen frei, so genannte Autoinducer, mit denen sie über die Artgrenzen hinaus untereinander Informationen austauschen. Bisher nahmen die Wissenschaftler an, EHEC kommuniziere über den Autoinducer AI-2, dessen Synthese von dem Gen luxS abhängt.
Doch nun beobachtete Sperandios Team an Mangelmutanten von EHEC, denen luxS fehlt, dass diese zwar erwartungsgemäß kein AI-2 produzierten, sie aber überraschenderweise immer noch in der Lage waren, ihr Zerstörungswerk im Darm aufzunehmen. Sollten also noch andere Signale im Spiel sein?
Die Forscher vermuteten, dass das Stresshormon Adrenalin an der Aktivierung beteiligt sein könnte. Denn dieses Hormon wird aus dem gleichen Ausgangsstoff hergestellt wie AI-2 und ist außerdem im Darm stets vorhanden. Also verpassten sie ihren Mangelmutanten einen Adrenalinstoß. Und tatsächlich aktivierte das menschliche Hormon beim Bakterium die für die krankheitsrelevanten Aktionen entscheidenden Gene.
Zudem beobachteten die Wissenschaftler, dass – anders als bisher angenommen – AI-2 überhaupt keine Rolle spielt bei der Aktivierung des Krankheitserregers. Stattdessen produziert EHEC ebenfalls in Abhängigkeit von dem Gen luxS den neuen, bisher noch nicht beschriebenen Autoinducer AI-3. Verschiedene Versuche lassen vermuten, dass AI-3 zudem mit Adrenalin in Wechselwirkung steht.
Dass das Bakterium ein Hormon des Menschen als Startsignal für seine Virulenz nutzt, könnte ihm nun zum Verhängnis werden. Denn hier bietet sich ein therapeutischer Ansatz – bisher kann EHEC lediglich symptomatisch behandelt werden, da Antibiotika den Krankheitsverlauf eher noch verschlimmern.
Die Forscher testeten deswegen an EHEC einen Betablocker, der die Angriffsstellen für Adrenalin besetzt und so dessen Wirkung ausschaltet. Erfreulicherweise konnte dieses Medikament, das üblicherweise zur Behandlung von Bluthochdruck, Herzkrankheiten und Migräne eingesetzt wird, verhindern, dass das Bakterium die Darmzellen schädigte. Dabei wird aber nicht der Krankheitserreger selbst attackiert. "Es wird lediglich blind gemacht", erklärt Sperandio. "Es aktiviert die virulenten Gene nur dann, wenn es weiß, wo es sich befindet. Wenn es die Vorgänge nicht in Gang bringt, die es zur Anheftung an die Darmwand benötigt, wird es weggespült."
Solch heimtückische Gesellen sind auch die enterohämorrhagischen Escherichia-coli-Bakterien (EHEC). Sie lösen akute entzündliche Darmerkrankungen aus, die lebensbedrohliche Formen annehmen können. In den Menschen gelangen die Mikroorganismen beispielsweise über rohes Fleisch oder unpasteurisierte Milch. Im Wirt angelangt, passieren sie zunächst unbesehen den Magen, bis sie schließlich den Darm erreichen. Dort richten sie sich dann häuslich ein: Sie heften sich an die Darmwand, zerstören deren Zellen und darunter liegendes Gewebe und setzen zudem Toxine frei; dadurch verursachen sie blutige Durchfälle.
Doch woher wissen die kleinen Fieslinge, dass sie ihr Ziel, den Darm, erreicht haben und ihr Zerstörungswerk beginnen können? Dazu verständigen sich die ungebetenen Gäste zum einen mit anderen Darmbewohnern, zum anderen klinken sie sich in ein Kommunikationssystem des Wirtes ein, nämlich in das Hormonsystem, wie Vanessa Sperandio vom Universtity of Texas Southwestern Medical Center und ihre Mitarbeiter nun herausfanden.
Die Verständigung mit anderen Bakterien läuft über das bei ihnen weit verbreitete Quorum sensing: Die Mikroben setzen chemische Verbindungen frei, so genannte Autoinducer, mit denen sie über die Artgrenzen hinaus untereinander Informationen austauschen. Bisher nahmen die Wissenschaftler an, EHEC kommuniziere über den Autoinducer AI-2, dessen Synthese von dem Gen luxS abhängt.
Doch nun beobachtete Sperandios Team an Mangelmutanten von EHEC, denen luxS fehlt, dass diese zwar erwartungsgemäß kein AI-2 produzierten, sie aber überraschenderweise immer noch in der Lage waren, ihr Zerstörungswerk im Darm aufzunehmen. Sollten also noch andere Signale im Spiel sein?
Die Forscher vermuteten, dass das Stresshormon Adrenalin an der Aktivierung beteiligt sein könnte. Denn dieses Hormon wird aus dem gleichen Ausgangsstoff hergestellt wie AI-2 und ist außerdem im Darm stets vorhanden. Also verpassten sie ihren Mangelmutanten einen Adrenalinstoß. Und tatsächlich aktivierte das menschliche Hormon beim Bakterium die für die krankheitsrelevanten Aktionen entscheidenden Gene.
Zudem beobachteten die Wissenschaftler, dass – anders als bisher angenommen – AI-2 überhaupt keine Rolle spielt bei der Aktivierung des Krankheitserregers. Stattdessen produziert EHEC ebenfalls in Abhängigkeit von dem Gen luxS den neuen, bisher noch nicht beschriebenen Autoinducer AI-3. Verschiedene Versuche lassen vermuten, dass AI-3 zudem mit Adrenalin in Wechselwirkung steht.
Dass das Bakterium ein Hormon des Menschen als Startsignal für seine Virulenz nutzt, könnte ihm nun zum Verhängnis werden. Denn hier bietet sich ein therapeutischer Ansatz – bisher kann EHEC lediglich symptomatisch behandelt werden, da Antibiotika den Krankheitsverlauf eher noch verschlimmern.
Die Forscher testeten deswegen an EHEC einen Betablocker, der die Angriffsstellen für Adrenalin besetzt und so dessen Wirkung ausschaltet. Erfreulicherweise konnte dieses Medikament, das üblicherweise zur Behandlung von Bluthochdruck, Herzkrankheiten und Migräne eingesetzt wird, verhindern, dass das Bakterium die Darmzellen schädigte. Dabei wird aber nicht der Krankheitserreger selbst attackiert. "Es wird lediglich blind gemacht", erklärt Sperandio. "Es aktiviert die virulenten Gene nur dann, wenn es weiß, wo es sich befindet. Wenn es die Vorgänge nicht in Gang bringt, die es zur Anheftung an die Darmwand benötigt, wird es weggespült."
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