Wälder: Zwischen Bonsai- und Mammutbäumen
Wer durch gigantische Baumhallen wandeln will, muss an den Rand des Himalajas oder in den Nordwesten der Vereinigten Staaten reisen: Dort ragen die Wälder im Schnitt über 40 Meter auf, viele der ältesten und größten Douglasien, Hemlocktannen oder Sitkafichten, Redwoods oder Mammutbäumen erreichen sogar 70 Meter und mehr. Europäische oder sibirische Nadelwälder bringen es dagegen nur selten über 20 Meter Höhe. Das ist das Ergebnis der ersten weltweiten Kartierung der durchschnittlichen Baumhöhen durch Michael Lefsky von der Colorado State University in Boulder und seiner Kollegen.
Die Forscher nutzten dazu die LIDAR-Techologie (Light detection and ranging) – eine optische Abstandsmessung, die in diesem Fall Lichtpulse vertikal durch den Wald schießt und die zurückgestrahlten Signale auffängt. Aus der Zeitdifferenz zwischen der Rückkehr der von den Kronen beziehungsweise vom Boden reflektieren Wellen konnte Lefskys Team berechnen, wie hoch die einzelnen Wälder wachsen. Insgesamt basiert ihre Karte auf 250 Millionen derartiger Signale, die sie zudem mit den Daten großflächiger Satellitenbilder kombinierten. LIDAR hat bislang nur 2,4 Prozent der bewaldeten Erdoberfläche abgetastet, der Rest musste also interpoliert werden.
Die entstandene Karte birgt jedenfalls einige Überraschungen: Ungestörte Tropische Regenwälder in Zentralamazonien oder dem Kongo erreichen im Mittel mit 25 Metern die gleiche Höhe wie europäische und nordamerikanische Laubwälder aus Eichen und Buchen. Nur einzelne Urwaldriesen – die so genannten Übersteher – ragen deutlich über das normale Kronendach hinaus. Schön zu sehen ist auch, dass vor allem die sehr feuchten, temperierten Regenwälder im Nordwesten Nordamerikas oder im Süden Chiles sehr hoch werden. Die australischen Eukalyptuswälder, die eigentlich ebenfalls sehr hohe Baumarten beherbergen, fallen dagegen ab. Womöglich ist dies der unvollständigen Erfassungen durch LIDAR geschuldet.
Diese Fernerkundung soll auch der Klimaforschung dienen, hofft Richard Houghton vom Woods Hole Research Center: "Wir wollen vor allem eine Karte, die uns die Biomasse der Waldökosysteme anzeigt. Und die Höhenkarte bringt uns diesem Ziel einen gehörigen Schritt näher." Sie erklärt vielleicht auch, wo die zwei Milliarden Tonnen Kohlenstoff landen, die jedes Jahr ungeklärt "verschwinden". Von den sieben Milliarden Tonnen Kohlenstoff, die die Menschheit jährlich produziert, bleiben drei Milliarden Tonnen in der Atmosphäre und zwei Milliarden Tonnen im Ozean. Der Rest wird wahrscheinlich von der Fotosynthese umgewandelt, doch in welchen Regionen mit welchen Mengen, entzieht sich bislang der Forscherkenntnis. (dl)
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