News: Zwischen Kern und Mantel gerät die Welt ins Wanken
Vor rund zehn Jahren versuchte Buffett schon, den Regelmäßigkeiten der Erdachsen-Nutation auf die Spur zu kommen. Sie ist Ausdruck der so genannten Präzession – des Hin- und Herschwankens der Erde während ihrer Kreiselbewegung um die Achse der Ekliptik. Bei einem Kreisel ist dies dann zu beobachten, wenn er eine leichte Unwucht aufweist und die Achse eine mehr oder wenig zitterige Kreisbahn zieht. Aus der Größenordnung der jährlichen Nutation schloss der Geophysiker, dass sich an der Kern-Mantel-Grenze eine dünne Schicht unbekannten Materials befinden müsse, in der das Magnetfeld im flüssigen äußeren Kern bis in den Mantel vordringen kann. Die Gravitation von Mond und Sonne würde die Erde hier aus dem Gleichgewicht bringen, genauso als berührte man einen schnell laufenden Kreisel mit dem Finger. "Der Zusammenhang mit der Nutation wird immer deutlicher", meint Buffett. Es scheint also immer sicherer, dass Mantel und Kern magnetisch miteinander in Verbindung stehen.
Buffett und seine Mitarbeiter haben auch schon eine Vorstellung, wie dies geschehen könnte. Als sich der flüssige äußere Kern abkühlte, schied sich reines Eisen ab, aus dem sich schließlich der feste innere Kern bildete. Gleichzeitig kristallisieren aber auch unreine Verbindungen geringerer Dichte, die nun nicht zum Erdmittelpunkt absinken, sondern in Richtung des darüberliegenden Erdmantels streben. An der Grenze kommt es zu einer unregelmäßigen Anreicherung dieser "Sedimente", in deren Poren sich immer noch flüssiges Eisen befindet. Alles in allem kann so eine Schicht mit einer ausreichend großen Leitfähigkeit entstehen, um die Erdachse taumeln zu lassen. Andererseits würden die flüssigen Porenfüllungen die extrem niedrigen Geschwindigkeiten seismischer Wellen begründen (Science vom 17. November 2000).
Noch sind viele Kollegen skeptisch. So weist David Stevenson von der Division of Geological and Planetary Sciences des California Institute of Technology in Pasadena darauf hin, dass man immer noch sehr wenig über die Materialeigenschaften unter diesen extremen Druck- und Temperaturverhältnissen weiß. Doch wenn sich Buffetts Theorie dereinst als wahr herausstellt, wird man den Schalenbau der Erde aus Kruste, Mantel, äußerem und innerem Kern wohl um eine weitere Schicht bereichern müssen.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 20.7.2000
"Heute hier, morgen dort"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 25.5.2000
"Im Kern geht's kräftig rund"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Brennpunkt-Thema vom 9.3.2000
"Planeten im Reagenzglas" - Spektrum der Wissenschaft 11/94, Seite 64
"Die Kern-Mantel-Grenze: Schaltstelle der Geodynamik"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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