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Modellansatz: Finite Volumen

Ein aus lauter einzelnen kleinen Quadern geformtes Wellenmodell, in der Mitte orange, nach außen hin grau auslaufend

Das Gespräch mit Susanne Höllbacher von der Simulationsgruppe an der Frankfurter Goethe-Universität war ein Novum in unserer Podcastgeschichte. Das erste mal hatte sich eine Hörerin gemeldet, die unser Interesse an Partikeln in Strömungen teilte, was sofort den Impuls in Gudrun auslöste, sie zu einem Podcastgespräch zu diesem Thema einzuladen.

Susanne hat in der Arbeitsgruppe von Gabriel Wittum in Frankfurt promoviert. Dort werden Finite-Volumen-Verfahren zur Lösung von Partiellen Differentialgleichungen benutzt. Das Verfahren betrifft hier insbesondere die räumliche Diskretisierung: Das Rechengebiet wird in Kontrollvolumen aufgeteilt, in denen durch das Verfahren sichergestellt wird, dass bestimmte Größen erhalten bleiben (z.B. die Masse). Diese Verfahren stammen aus dem Umfeld hyperbolischer Probleme, die vor allem als Erhaltungsgesetze modelliert sind. Diese Gleichungen haben die Eigenschaft, dass Fehler nicht automatisch geglättet werden und abklingen sondern potentiell aufgeschaukelt werden können.

Trotzdem ist es möglich, diese numerischen Verfahren ähnlich wie Finite-Elemente-Verfahren als Variationsprobleme zu formulieren und die beiden Familien in der Analyse etwas näher zusammenrücken zu lassen. Gemeinsam ist ihnen ja ohnehin, dass sie auf große Gleichungssysteme führen, die anschließend gelöst werden müssen. Hier ist eine billige und doch wirkungsvolle Vorkonditionierung entscheidend für die Effizienz und sogar dafür, ob die Lösungen durch das numerische Verfahren überhaupt gefunden werden. Hier hilft es, schon auf Modell-Ebene die Eigenschaften des diskreten Systems zu berücksichtigen, da ein konsistentes Modell bereits als guter Vorkonditionierer fungiert.

Das Promotionsprojekt von Susanne war es, eine Methode zur direkten numerischen Simulation (DNS) von Partikeln in Fluiden auf Basis eines finite Volumen-Verfahrens zu entwickeln. Eine grundsätzliche Frage ist dabei, wie man die Partikel darstellen möchte und kann, die ja winzige Festkörper sind und sich anders als die Strömung verhalten. Sie folgen anderen physikalischen Gesetzen und man ist geneigt, sie als Kräfte in die Strömung zu integrieren. Susanne hat die Partikel jedoch als Teil des Fluides modelliert, indem die Partikel als finite (und nicht infinitesimal kleine) Volumen mit zusätzlicher Rotation als Freiheitsgrad in die diskreten Gleichungen integriert werden. Damit fügen sich die Modelle für die Partikel natürlich und konsistent in das diskrete System für die Strömung ein. Vorhandene Symmetrien bleiben erhalten und ebenso die Kopplung der Kräfte zwischen Fluid und Partikel ist gewährleistet. Die Nebenbedingungen an das System werden so formuliert, dass eine Sattelpunkt-Formulierung vermieden wird. Die grundlegende Strategie dabei ist, die externen Kräfte, welche bedingt durch die Partikel und deren Ränder wirken, direkt in die Funktionenräume des zugrundeliegenden Operators zu integrieren.

In biologischen Systemen mit hoher Viskotität des Fluides fungiert die Wirkung der Partikel auf das Fluid als Informationstransport zwischen den Partikeln und ist sehr wichtig.

In der Umsetzung dieser Idee verhielten sich die Simulationen des Geschwindigkeitsfeldes sehr gutartig, aber Susanne beobachtete Oszillationen im Druck. Da sie sich nicht physikalisch erklären ließen, musste es sich um numerische Artekfakte handeln. Bei näherem Hinsehen zeigte sich, dass es vor allem daran lag, dass die Richtungen von Kraftwirkungen auf dem Rand der Partikel im diskreten System nicht sinnvoll approximiert wurden. In den berechneten Lösungen für das Geschwindigkeitsfeld hat sich dies kaum messbar niedergeschlagen. Im Druck zeigte sich jedoch, dass es sich lohnt, hier das numerische Verfahren zu ändern, so dass die Normalenrichtungen auf dem Rand jeweils korrekt sind. Mathematisch heißt das, dass die Ansatzfunktionen so geändert werden, dass deren Freiheitsgrade auf dem Rand liegen. Der Aufwand dafür ist vergleichsweise gering und die Resultate sind überzeugend. Die Oszillationen verschwinden komplett.

Der Nachweis der Stabilität des entstehenden Gleichungssystems lässt sich über die inf-sup-Bedingung des orginalen Verfahrens erbringen, da die Konstruktion den Raum in der passenden Weise erweitert.


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