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Schmerzmedizin: »Wir haben ein Versorgungsdefizit, das in die Millionen geht«

Die Schmerzmedizin stößt an ihre Grenzen. Was Lauterbachs Klinik-Reform damit zu tun hat. Und wo nun die Selbstverwaltung gefordert wäre, darüber sprechen wir mit Schmerzmediziner Thorsten Luecke.
Mann sitzt auf einem Bett und hält sich das schmerzende Knie

Es knirscht in der schmerzmedizinischen Versorgung – und das schon seit Jahren. Ein Engpass, der sich mit der Krankenhaus-Reform weiter verschärfen wird. Warum, darüber sprechen wir in dieser Episode vom »ÄrzteTag«-Podcast mit Schmerzmediziner Dr. Thorsten Luecke.

»Wir haben ein Versorgungsdefizit, das in die Millionen von Behandlungsbedürftigen geht«, sagt Luecke, der Leiter des Regionalen Schmerzzentrums in Linz am Rhein und Kooptiertes Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) ist. Dabei sei die stationäre Schmerzmedizin bis dato gut aufgestellt gewesen, berichtet er. Sie hat damit die Engpässe im ambulanten Bereich zum Teil abfedern können.

Das Problem: Hauptträger der interdisziplinären stationären Schmerzmedizin sind laut Luecke tatsächlich überwiegend freigemeinnützige, kleinere Häuser. Diese sicherten die stationäre Versorgung in der Fläche. »Und die sind im Rahmen der angedachten Krankenhausstrukturreform besonders von ihrer Existenz bedroht.« Aber selbst große Träger, die mehr Finanzkraft hätten und nicht unbedingt aus der künftigen Bedarfsplanung fallen, würden immer öfter ihr schmerzmedizinisches Angebot herunterfahren. Ganz einfach, weil ihnen Personal fehle.

Neben den Einschnitten, die die Reform selbst bringen wird, ist es die Hängepartie bis zum Reformstart, die aus Sicht Lueckes viele Häuser und Abteilungen in die Knie zwingt. »Wir haben ein großes Zeitfenster, in dem keine Planungssicherheit besteht.« In Rheinland-Pfalz, dem Bundesland, in dem er selbst tätig ist, liege die Zahl der Klinikinsolvenzen mittlerweile im zweistelligen Bereich. Luecke: »Wir haben Landstriche, in denen es fast keine oder eine deutlich reduzierte Krankenhausversorgung gibt.«

Nun wäre aber der beste Weg, um die schmerzmedizinische Unterversorgung aufzufangen, die transsektorale Versorgung. Doch die ist kaum mehr stemmbar, gibt Luecke zu. Rund 1.300 ambulant tätige Schmerzmediziner gebe es. Hinzu komme, dass die Fallzahlen im ambulanten Bereich begrenzt sind. »Die kann man erhöhen, aber dann sind wir im besten Fall bei 450 Fällen im Quartal pro Arzt.« Hier bedürfe es wenig Rechenkunst, um den Engpass zu erkennen.

Es braucht also ein größeres Engagement auf politischer Ebene und bei Kammern und KVen. Ein Weg raus aus der Misere könnte der Facharzt für Schmerzmedizin sein. Ein weiterer: Engere Regeln für die Vergabe schmerzmedizinischer Versorgungssitze durch die KVen in den Nachbesetzungsverfahren. Sitze von Schmerzmedizinern dürften im Rahmen der Gebietsbezeichnung nicht fachfremd weitergegeben werden, fordert Luecke. Und er hat Beispiele von Regionen, in denen das besser läuft.

Im Podcast erklärt er aber auch, was es mit dem »Klinik- und Versorgungsatlas Schmerz« der DGS auf sich hat. Und wie dieser Patienten und Hausärztinnen und -ärzte bei der Suche nach schmerzmedizinischer Hilfe unterstützen soll.

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