Hemmes mathematische Rätsel: Die Flucht aus dem Kreissee
Martin Gardner (1914–2010) schrieb über ein 25 Jahre lang für das US-amerikanische Wissenschaftsmagazin »Scientific American« die Kolumne »Mathematical Games«, in der er unterhaltsam über die Mathematik berichtete, mathematische Spielereien und Knobeleien vorstellte und den Lesern Rätsel zu lösen gab. Das folgende Problem veröffentlichte er 1965 in abgewandelter Form in seiner Kolumne.
Im Mittelpunkt eines kreisförmigen Sees schwimmt ein Kind. Plötzlich sieht es am Ufer einen Hund stehen, der es schon mehrmals angebellt hat und vor dem das Kind Angst hat. Der Hund hat das Kind auch entdeckt, aber da er nicht schwimmen kann, muss er warten, bis es aus dem Wasser steigt. Da das Kind nicht für immer im See bleiben kann, will es versuchen, dem Hund zu entfliehen.
Leider kann er am Ufer viermal so schnell rennen, wie es im Wasser schwimmen kann. Sollte es dem Kind jedoch gelingen, irgendwo ans Ufer zu kommen, ohne dass der Hund es dort bereits erwartet, so kann es entkommen, denn an Land ist das Kind schneller als der Hund. Kann dem Kind die Flucht aus dem Kreissee gelingen?
Auf den ersten Blick scheint der günstigste Fluchtweg zu sein, dass das Kind direkt zu dem Punkt am Ufer schwimmt, der dem Hund genau gegenüber liegt.
Doch auf diese Weise kann es dem Tier nicht entkommen, denn das Kind muss einen Seeradius R schwimmen und der Hund einen halben Seeumfang 1⁄2U = πR laufen. Da der Hund am Ufer viermal so schnell ist wie das Kind im Wasser, kann er in der gleichen Zeit natürlich auch einen viermal längeren Weg zurücklegen und hat den gegenüberliegenden Uferpunkt schon erreicht, wenn das Kind aus dem Wasser steigt.
Dennoch gibt es für das Kind eine Möglichkeit, seinem Verfolger zu entkommen. Es schwimmt zunächst einmal vom Mittelpunkt fort, bis es einen Abstand von 1⁄4R von ihm hat.
Dabei wählt es nicht unbedingt den direkten Weg, sondern schwimmt so, dass das Kind, der Mittelpunkt des Sees und der Hund immer auf einer Linie liegen. Das ist im Mittelteil des Sees jederzeit möglich, da es dort eine größere Winkelgeschwindigkeit schafft als der Hund.
Hat das Kind den Kreis mit einem Viertel des Seeumfangs erreicht, schwimmt es direkt auf das Ufer zu. Es muss dabei nur noch die Strecke 3⁄4R zurücklegen, wohingegen der Hund einen halben Seeumfang πR schaffen muss.
Da diese Strecke mehr als viermal so lang ist, hat der Hund keine Chance, das Kind bis zum Verlassen des Sees zu erreichen.
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