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Wer warʼs?: Gekreuzte Strahlen im Äther

Ein Hauptforschungsgebiet des Gesuchten ist und bleibt das Licht: Er entwickelt Versuchsaufbauten zur Vermessung der Lichtgeschwindigkeit und für etwas, das er zunächst »interferenzielles Refraktometer« tauft.
Bunte Silhoutten verschiedener Köpfe

Schmetterlinge, Schnecken, Muscheln, Kieselalgen – alles hübsch und oft auch irgendwie symmetrisch. Nur wie? Als 54-Jähriger setzt sich der zu dieser Zeit schon sehr berühmte Physiker hin und schreibt – »zur Erholung inmitten ernsthafterer Arbeit« – einen kleinen Aufsatz über die »Analyse der Formen«, nachdem er wohl in Bildbänden seines Naturforscherkollegen Ernst Haeckel geblättert hat. Das hat seine eigene Kreativität beflügelt: Schon mal von »eiförmiger Symmetrie« oder »dorsiventraler Axialsymmetrie« gehört? Auch das Durcheinander der Natur, also unsymmetrische Formen, schrecken den Physiker nicht: Er klassifiziert sie »vorläufig« in a) rhythmisch, b) spiralförmig, c) verzweigt, d) verstreut und e) irregulär.

Mit diesem kurzen Ausflug in die Naturkunde belässt er es aber. Sein Hauptforschungsgebiet ist und bleibt nämlich das Licht. Er entwickelt Versuchsaufbauten zur Vermessung der Lichtgeschwindigkeit und für etwas, das er zunächst »interferenzielles Refraktometer« tauft. Für die Messung der Lichtgeschwindigkeit verfeinert er die Drehspiegelmethode eines französischen Kollegen und erweckt damit die Aufmerksamkeit seines Kollegen Simon Newcomb. Der holt ihn deswegen in sein Büro; beide werden enge Freunde.

Größere Wellen schlägt die Sache mit dem Interferometer. Heute wird das Gerät meist mit dem Namen des Gesuchten und eines Kollegen verbunden. In der klassischen Form kann man in Draufsicht ein Kreuz aus Lichtstrahlen erkennen, aufgespalten von einem schräg stehenden Strahlteiler in der Mitte. Und man kann es in gewissem Sinne paradox nennen: Gerade weil die Versuche mit dem Strahlenkreuz nicht den Einfluss eines angeblichen Ätherwinds nachweisen können, den der Gesuchte vermutet hat, ist der Physiker heute berühmt, obschon bei der Verleihung des Nobelpreises das Wort »Äther« in der Preisrede nicht mal erwähnt wird. Stattdessen betont man, dass sich damit auch Längenmessungen in ungeahnter Genauigkeit – genauer: in der Wellenlänge von Licht – durchführen lassen, womit man zu einer Neubestimmung der Länge des Meters gekommen sei.

Der Gesuchte selbst ist übrigens auch nach seinem eigenen Experiment noch lange nicht überzeugt, dass es für die Lichtausbreitung keinen Äther braucht. Zehn Jahre nach seinem Experimentum Crucis veröffentlicht er eine kurze Arbeit über Röntgenstrahlen und deutet sie als »Wirbel in einem intermolekularen Medium (provisorisch Äther genannt)«. »Diese Wirbel werden an der Oberfläche der Kathode produziert, durch die negative Ladung, die aus dem Zwischenraum der Moleküle herausschleudert.« Das Hindurchtreten eines solchen Wirbels durch Materie vergleicht er mit einem Rauchring, der durch ein Gitter schwebt. Je engmaschiger und dichter das Gitter ist, desto mehr wird der Ring gestört.

Heute steht sein Versuchsaufbau in vielen Laboren, um damit zum Beispiel Spektroskopie zu betreiben. Auch der Gesuchte vermisst mit ähnlicher Methode Spektren von Sternen. Und es gibt auch ins Riesige vergrößerte Versionen, bei denen die Lichtwege (effektiv) mehrere Kilometer Strecke durchlaufen: Observatorien, die Schwingungen der Raumzeit nachweisen. Das hätte sich der Freund des Äthers sicher nicht träumen lassen.

Er war’s: Albert Abraham Michelson

Es war Albert Abraham Michelson (geboren am 19. Dezember 1852 in Strelno, gestorben am 9. Mai 1931 in Pasadena). Zwei Jahre nach Alberts Geburt emigrierte die Familie in die USA und zog zunächst nach Virginia City in Nevada und dann nach San Francisco, wo Albert zur Schule ging und 1869 die Highschool abschloss. Anschließend besuchte er die U.S. Naval Academy, finanziert durch ein Stipendium, und begann nach dem Abschluss 1873 im Jahr 1875 selbst an der Academy Physik und Chemie zu lehren.

Im Jahr 1879 begann er im Nautical Almanac Office in Washington bei Simon Newcomb auf dem Gebiet der Optik zu arbeiten, nahm sich aber schon bald eine Auszeit für eine Reise durch Europa. Zwei Jahre später verließ Michelson die Marine und besuchte die Universitäten Berlin und Heidelberg, das Collège de France und die École Polytechnique in Paris.

Er hatte sich zu dieser Zeit bereits einen Namen bei der Messung der Lichtgeschwindigkeit gemacht. Dabei hatte er die Drehspiegelmethode von Foucault weiterentwickelt: Ein Lichtstrahl trifft auf einen rotierenden Spiegel, der das Licht auf einen möglichst weit entfernten Spiegel wirft. Von dort wird das Licht wieder zurück auf den Drehspiegel gelenkt. Weil der inzwischen seine Position geändert hat, landet der Lichtstrahl jetzt nicht mehr in der Lichtquelle, sondern ein Stück daneben. Kennt man die Rotationsgeschwindigkeit und die Entfernungen, dann ist es eine einfache trigonometrische Aufgabe, die Lichtgeschwindigkeit zu bestimmen.

In Potsdam entwickelte er nun – so wie auch Edward Morley in Cleveland – ein Interferometer zur Messung der Lichtgeschwindigkeit in und senkrecht zur Flugrichtung der Erde zum Nachweis des Äthers. Im Jahr 1883 kehrte er in die USA zurück und nahm einen Ruf auf eine Physikprofessur an der Case School of Applied Science in Cleveland, Ohio, an. Im Jahr 1887 führten Michelson und Morley das Experiment mit ihrem Interferometer gemeinsam durch. Michelson erhielt dafür 1907 den Nobelpreis für Physik.

Im Jahr 1890 wechselte er an die Clark University in Worcester, Massachusetts; zwei Jahre darauf erhielt er eine Physikprofessur an der University of Chicago, wo er auch das Physik-Department leitete. Ein Jahr später erhielt er ein Patent auf einen optischen Entfernungsmesser für die Marine. Während des Ersten Weltkriegs kehrte Michelson für einige Zeit zur Marine zurück und forschte im Dienst des Militärs, unter anderem an seinem Entfernungsmesser.

Gegen Ende seines Lebens begann sich Michelson mehr und mehr für Astronomie zu interessieren; so vermaß er 1920 den Durchmesser von Beteigeuze mit Hilfe einer Interferenzmethode. Im Jahr 1929 verließ Michelson die University of Chicago, um am Mount Wilson Observatory in Pasadena zu arbeiten. Zwei Jahre später starb er in Pasadena.

Albert A. Michelson (1852 – 1931) | Der Physiker ist heute vor allem für das Michelson-Morley-Experiment zur Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit bekannt.

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