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Gleichschenkliges Tetraeder

Treitz-Rätsel

Kann man aus vier zueinander deckungsgleichen Dreiecken ein Tetraeder basteln, dessen Seitenflächen diese Dreiecke sind? Gemeint ist eine dreiseitige Pyramide mit insgesamt vier Ecken, aber nicht unbedingt ein regelmäßiges Tetraeder (für das die Dreiecke nicht nur zueinander kongruent, sondern darüber hinaus gleichseitig sein müssten). Falls ja, muss das vierfach vorhandene Dreieck bestimmte Bedingungen erfüllen? Falls das Papier auf der Rückseite anders gefärbt ist als auf der Vorderseite: Wird die Pyramide nach außen eine einheitliche Farbe zeigen können? Hat die so erzeugte Pyramide gewisse Symmetrieeigenschaften? Wo berührt die Inkugel die Seitenflächen? Wo ist der Mittelpunkt der Umkugel?

Beginnen Sie auf jeden Fall mit dem "Netz", das heißt dem in die Ebene abgewickelten Vierflach.

Wenn man das große Dreieck durch Knicklinien, welche die Mittelpunkte der Seiten miteinander verbinden, in vier kongruente Teildreiecke zerlegt, muss man nur noch die drei Ohren hochklappen. Das mittlere Dreieck ist gegenüber den anderen nur in der Zeichenebene gedreht, aber durchaus nicht geklappt. Die ganze Pyramide hat also außen die Farbe der Unterseite des Papiers.

Das Dreieck muss spitzwinklig sein, im Grenzfall des rechtwinkligen fällt die Pyramide buchstäblich flach. Von den 6 Kanten der Pyramide sind jeweils zwei, die keine Ecke gemeinsam haben (sich sozusagen gegenüber stehen), gleich lang, was bei einem allgemeinen Tetraeder nicht unbedingt so sein muss. Diese Pyramide wird als "gleichschenkliges Tetraeder" bezeichnet, was nicht ganz selbsterklärend ist: Die vier gleichen Dreiecke müssen keineswegs gleichschenklig sein.

Aus unserem Rezept folgt auch, dass die Pyramide aus vier kongruenten Dreiecken an jeder Ecke die Summe der Winkel in den Dreiecken 180o hat, da an jeder Ecke die Dreiecke mit ihren verschiedenen (oder bei Gleichheit: mit den verschieden benannten) Winkeln zusammentreffen.

Über der Strecke vom Mittelpunkt der Inkugel bis zu einer Ecke des Tetraeders gibt es drei rechtwinklige Dreiecke. Deren dritter Punkt (mit rechtem Winkel) ist jeweils der Berührpunkt der Inkugel mit einer der drei dieser Ecke anliegenden Seitenflächen. Die eine Kathete ist in jedem Fall der Kugelradius, also sind alle drei Dreiecke kongruent. Insbesondere sind alle drei Strecken von den Berührpunkten bis zur Ecke gleich lang.

Diese Streckenlänge könnte für jede Ecke eine andere sein. Da aber bei unserer Pyramide aus vier deckungsgleichen Dreiecken an jeder Ecke drei dieser Dreiecke mit ihren verschiedenen Ecken zusammentreffen, müssen alle diese Entfernungen gleich sein. Die Inkugel berührt die Dreiecke also in deren Umkreismittelpunkten, und ihr Mittelpunkt liegt auf den vier Loten zu den vier Flächen auf diesen Punkten. Dort liegt auch der Mittelpunkt der Umkugel (die allerdings einen größeren Radius hat als die Umkreise der Dreiecke). Das allgemeine Tetraeder hat zwar auch eine Inkugel und eine Umkugel, weil es vier Ecken hat, aber normalerweise fallen deren Mittelpunkte nicht zusammen, wohl aber in unserem Fall mit den kongruenten Seitenflächen.

Ross Honsberger widmet in seinen Gems II ("Mathematische Juwelen") das 9. Kapitel dem gleichschenkligen Tetraeder.

Wir können noch etwas regelmäßiger werden:

Wenn die Dreiecke gleichseitig sind, ergibt sich das reguläre Tetraeder. Aber auch der Fall mit gleichschenkligen Dreiecken ist interessant. Er ist besonders gut überschaubar, wenn man sich die Grundseite kurz und die Schenkel lang vorstellt (andersherum geht es nicht, weil das Dreieck dann stumpf wäre!). Die beiden Pyramidenkanten, die die Grundseiten der gleichschenkligen Seitenflächen sind, stehen dann rechtwinklig zueinander und zu der Achse, die ihre Mittelpunkte miteinander verbindet. Bezüglich dieser Achse ist diese Pyramide (die nun mit noch größerer Berechtigung "gleichschenklig" genannt werden kann) zweizählig drehsymmetrisch. Aber auch eine Vierteldrehung um diese Achse und Spiegelung an ihrem Mittelpunkt bringt die Pyramide mit sich zur Deckung. Schneidet man sie rechtwinklig zu dieser Achse, gibt es überall ein Rechteck, in der Mitte ein Quadrat, an den Enden natürlich die beiden Kanten, die zugleich Grundseiten der gleichschenkligen Dreiecke sind.

  • Quellen
Ross Honsberger: Mathematische Juwelen. Vieweg, Braunschweig/Wiesbaden 1982

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