Obwohl die Sache heute in jedem vernünftigen Mathematikbuch steht, das von Strahlensätzen und Quadratwurzeln handelt, finde ich die Sache immer noch genial, zumal sie schon erfunden wurde, bevor verkleinernde Kopierer gebräuchlich wurden. Die Rede ist von den DIN-Papierformaten.
Man möchte natürlich verschieden große Formate haben, und die kleinen will man ohne Reste aus den großen durch Zerschneiden herstellen können. Wenn man jedesmal längs und quer halbiert, bekommt man immer wieder das gleiche Seitenverhältnis, sogar beim Quadrat, aber der Unterschied von einem Format zum nächsten ist der Faktor 2 in der Länge und in der Breite, also der Faktor 4 in der Fläche. Es gäbe dann zwischen dem Schreibpapier und der Postkarte keinen Zwischenschritt, oder wenn man ihn nimmt, hätte er im Allgemeinen (auch beim Goldenen Schnitt und erst recht beim Quadrat) ein anderes Seitenverhältnis.
Was ist nun die Bedingung (falls es überhaupt geht) dafür, dass auch die Zwischenstufen (z. B. das kleine Schulheft DIN A5) das gleiche Seitenverhältnis einfach durch Halbieren der Fläche bekommen?
Wenn
a die größere Seite ist, muss die Verhältnisgleichung gelten
a:
b =
b:(
a/2). Das ist genau erfüllt, wenn
a =
b√2, also etwa
a = 1,414
b.
Nun könnte man mit irgendeinem a starten, aber die Leute vom DIN (Deutsches Institut für Normung) haben sich gesagt: Wir nutzen diese Freiheit zu einer Zusatzbedingung. Das Ausgangsformat soll genau 1 m2 groß sein. Dann ist a = 4√2 m, und b = 4√0,5. Es hat die Bezeichnung DIN A0. Wenn man es viermal halbiert, bekommt man DIN A4 mit 1/16 m2 Fläche.
Vornehm gesagt: Die Zahl in der A-Format-Angabe ist also der negative Logarithmus zur Basis 2 von der Fläche in m
2, oder zugleich die Zahl der Halbierungen, ausgehend vom A0-Format.
Schreibpapier für Schulhefte, Schreibmaschine oder Kopierer und viele Drucker hat gewöhnlich die "Stärke" (d. h. Gewicht pro Fläche) 80 g/m
2. Daraus kann man sofort ausrechnen, dass ein 20-g-Brief so viel wiegen darf wie 4 Blätter A4 (also etwas mehr 3 Blätter und Umschlag). Umschläge müssen natürlich etwas größer sein, und eine volle Stufe der A-Reihe wäre unnötig viel. Darum schaltet man noch die B- und die C-Reihe für dünne und für dicke Briefe (oder Briefe mit Umschlägen innen darin) dazwischen, natürlich wieder durch Wurzelziehen aus den Maßen der A-Reihe.
Georg Christoph Lichtenberg (1742–1799) notierte in einem seiner "Sudelbücher" den Wunsch nach einem Papierformat, das beim Halbieren in ein geometrisch ähnliches, d. h. mit dem gleichen Verhältnis aus Höhe und Breite übergeht, lange bevor Fotokopiergeräte üblich wurden.
1922 hat Walter Porstmann die Norm DIN 476 (heute ISO 216) formuliert, in der die A-Reihe so festgelegt ist: Jedes Blatt der Größe A n (mit einer ganzen Zahl n) hat Höhe und Breite im Verhältnis √2 und die Fläche 2–n m2.
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