Spiegel für Rechtshänder
Kleben Sie zwei Spiegelfliesen mit Klebeband so zusammen, dass Sie sie wie ein Buch aufklappen können (mit den Spiegelflächen nach innen) und schauen Sie mit einem geöffneten Auge hinein. Ändern Sie dabei auch den Öffnungswinkel zwischen 0 und 90°. Messen sie mit einem Winkelmesser nach, wann Ihr Gesicht in beiden Bildhälften zusammenpasst.
Drehen Sie dann die ganze Anordnung um die Blickachse, so dass das Scharnier von der Senkrechten in die Waagerechte geht. Bei welchen Winkeln dreht sich das Bild Ihres Gesichtes, und wie schnell, im Vergleich zur Drehung der Spiegel?
Wenn Sie das ausgesprochen interessante Verhalten der beiden Spiegel vorhersagen (oder hinterher erklären) wollen, betrachten Sie einen Lichtstrahl, der parallel zur Symmetrieebene einen Spiegel trifft und dann abwechselnd an beiden Spiegeln das Reflexionsgesetz befolgt (Einfalls- gleich Ausfallswinkel).
Was geschieht, wenn der Winkel zwischen beiden Spiegeln 180°/\(n\) ist, einerseits mit geradem \(n\), andererseits mit ungeradem (was bedeutet \(n = 1\) ?).
Da ein einfacher Spiegel die Händigkeit umkehrt, hat ein Bild, bei dessen Erzeugung das Licht eine gerade Anzahl von Malen gespiegelt wird, wieder die Händigkeit des Objektes – sonst die verkehrte.
Unser doppelter Spiegel erzeugt zusammenhängende Bilder unseres Gesichtes, wenn der Öffnungswinkel 180°/\(n\) ist, mit irgendeinem ganzzahligen \(n\). Das folgende Bild (bitte alle Winkelbilanzen nachrechnen) zeigt, dass bei ungeradem \(n\) ein Strahl (der parallel zur Symmetrieachse beider Spiegel ankommt) einmal einen Spiegel rechtwinklig trifft und dabei in sich zurückreflektiert wird. Bei geradem \(n\) kehrt der Strahl dagegen auf der Gegenseite parallel zu sich zurück.
Die Anzahl der Reflexionen ist jeweils \(n\), auch für den Fall \(n = 1\), der sich nicht vom einfachen Spiegel unterscheidet.
Wir nennen zur klaren Verständigung unsere Blickachse die \(z\)-Achse, beginnen mit einem senkrecht stehenden Scharnier (\(y\)-Achse) und nennen Links-Rechts die \(x\)-Achse. Ein Objektpunkt \((x,y)\) bekommt bei ungeradem \(n\) einen Bildpunkt mit den gleichen Koordinaten \((x,y)\), bei geradem \(n\) aber \((-x,y)\). Dreht sich das Objekt (Ihr Kopf) um die Blickachse, so dreht sich das Spiegelbild für ungerades \(n\) gleichsinnig (und mit gleichem Tempo) mit, für gerades \(n\) aber gegensinnig und mit gleichem Tempo.
Statt das Objekt (also den eigenen Kopf) zu drehen, kann man auch die Spiegelanordnung drehen, das Bild dreht sich für gerades \(n\) dann doppelt so schnell, bei ungeradem \(n\) aber gar nicht. Das sieht vor allem deswegen verblüffend aus, weil man rundherum rotierende Bilder sieht, an denen nicht alle \(n\) Reflexionen beteiligt sind.
Bei dieser Betriebsweise haben wir also für ungerade \(n\) (180°, 60°, 36° und so weiter) nicht-rotierende Bilder mit verkehrter Händigkeit und bei geradem \(n\) (90°, 45°, 30° und so weiter) rotierende Bilder mit originaler Händigkeit.
Auf diesem Bild haben wir 90°, und Sie können sehen, dass Frau Beelitz, deren Gesicht leider verdeckt ist, eine Rechtshänderin ist.
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