Astronomie für Einsteiger: Künstliche Satelliten beobachten
Haben Sie schon einmal bewusst die Internationale Raumstation am Himmel entlangziehen sehen? Bei günstigen Überflügen kann dieser permanent besetzte Außenposten der Menschheit heller als die Venus strahlen. Wie ein gleißender Stern bewegt sich die ISS über das Firmament. Etwa drei bis vier Minuten – unter optimalen Bedingungen auch mehr als sechs Minuten – braucht sie, um unser Blickfeld von West nach Ost zu durchqueren. Still zieht sie ihre Bahn, und wer bei diesem Anblick innehält, sinniert unweigerlich über die technischen Errungenschaften unserer Kultur.
Etwa 90 Minuten braucht die ISS für eine Erdumkreisung auf ihrer rund 400 Kilometer hohen Bahn. Diese ist um 51,6 Grad gegen den Äquator geneigt, und von Umlauf zu Umlauf dreht sich die Erde unter ihr um einen gewissen Winkel weiter. Aus diesem Grund ist die Raumstation im Lauf der Zeit von fast allen bewohnten Gegenden der Erde aus zu sehen. In Europa bleibt nur Nordskandinavien außen vor.
Die Überflüge über einer bestimmten Region wiederholen sich dabei in einem klaren Rhythmus. Allerdings können wir die ISS nur sehen, wenn einerseits der Himmel dunkel genug ist, andererseits die Station noch direkt von der Sonne angestrahlt wird. Also nur wenn die Geometrie stimmt, können die Solarmodule und die diversen Aufbauten der fußballfeldgroßen Raumstation das Sonnenlicht in Richtung des Beobachters reflektieren, der sich selbst auf der Nachtseite unseres Planeten aufhält.
Im Sommer, wenn die Sonne nicht allzu tief unter den Horizont sinkt, bieten sich ideale Beobachtungsgelegenheiten. Jede Sichtbarkeitsperiode dauert dabei rund zwei Wochen, und wenn die ISS gerade am Abend zu sehen war, dann wird sie nach einer Pause in der nächsten Periode am Morgenhimmel sichtbar werden und umgekehrt. In den kürzesten Nächten des Jahres sind durchaus auch mehrere sichtbare Überflüge hintereinander möglich.
Überflugdaten im Internet
Verschiedene Websites und auch Apps für Smartphones helfen, die Zeiten der Sichtbarkeit für den jeweils aktuellen Standort des Beobachters zu ermitteln. Zum Beispiel listet http://spaceflight.nasa.gov/realdata/sightings/cities/skywatch.cgi?country=Germany eine Reihe von Städten in Deutschland auf. Wohnt man in der Nähe eines dieser Orte, erhält man durch Anklicken die genauen Angaben für die nächsten Überflüge der ISS. Angegeben sind (in englischer Sprache) der Beginn und die Dauer der Sichtbarkeit, die maximale Höhe (90 Grad entspräche dem Zenit) sowie die Himmelsrichtung und die Höhe, in der die ISS sichtbar wird beziehungsweise wieder verschwindet. Die gleichen Angaben erhält man über die Website http://spotthestation.nasa.gov. Dort lassen sich unter "Location Lookup" das Land und der Ort aus einer Liste auswählen.
Mehr Informationen liefert die Website http://heavens-above.com, die ihr Angebot auch in deutscher Sprache anzeigt. Auf der Startseite wählt man zunächst unter der Überschrift "Einstellungen" über den Link "Ihren Beobachtungsstandort ändern" seinen Standort aus (durch Anklicken einer Karte, Auswahl aus einer Liste oder durch manuellen Eintrag) und klickt dann unter "Satelliten" auf den Namen "Internationale Raumstation (ISS)" oder eines der anderen Objekte. Die sich dann öffnende Seite enthält in Tabellenform alle relevanten Daten für die nächsten Sichtbarkeiten in den kommenden zehn Tagen. Ein Klick auf das Datum erzeugt eine Liste mit Überflugdetails sowie eine Sternkarte mit dem sichtbaren Bahnstück des ausgewählten Satelliten. Ein weiterer Klick auf "Bodenspur" erzeugt eine Landkarte. Darin markiert ein Kreis um den eigenen Standort den Bereich, in dem das Objekt mindestens zehn Grad über dem Horizont steht. Die auf den Erdboden projizierte Bahn zeigt, welchen Landstreifen der Satellit direkt überfliegt und in welchem Teilstück der Bahn er von der Sonne beleuchtet ist beziehungsweise welches Bahnstück im Erdschatten liegt.
Wer mehrmals die ISS oder einen anderen hellen Satelliten gesehen hat, wird sich schnell die typische Geschwindigkeit einprägen, mit der diese künstlichen Himmelskörper über das Firmament ziehen. Das hilft, Satelliten von hoch fliegenden Flugzeugen zu unterscheiden. Zudem verläuft die Bewegung von Satelliten entweder von West nach Ost oder in polarer Richtung. Viele der Erdbeobachtungs- oder auch Spionagesatelliten haben Bahnen, die über die Pole der Erde führen, damit sie alle Gebiete der Erde überdecken.
Zu den Satelliten, die auf polarer Bahn umlaufen, gehören zum Beispiel die Iridium-Satelliten. Einst dazu vorgesehen, ein weltumspannendes Kommunikationssystem für Satellitentelefone zu etablieren, verfügen diese Satelliten über Antennen, deren glänzende Flächen das Sonnenlicht intensiv reflektieren. Diese Reflexionen überstreichen einen Streifen auf der Erdoberfläche, und ein Beobachter, der sich gerade in dieser Zone aufhält, sieht einen Lichtblitz aufleuchten, der einige Sekunden anhalten kann. Steht man genau im Zentrum des Lichtkegels, kann der Blitz bis zu 50-mal heller leuchten als die Venus.
Die Website http://heavens-above.com liefert auch die genauen Zeiten der sichtbaren Iridiumblitze. Hierzu wählt man auf der Startseite unter der Überschrift "Satelliten" den Link "Iridium Flares" aus. Angezeigt wird dann (für den zuvor ausgewählten Standort) eine Liste der Iridiumblitze für die nächsten Tage. Ein Klick auf die Zeitangabe in der Tabelle liefert eine Karte mit den Details des Iridiumblitzes.
Wir wünschen viel Erfolg und Vergnügen beim Beobachten!
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