Psychische Störungen: Schizophrene Psychosen und Schizophrenie
Was ist eine Psychose?
Eine Psychose bezeichnet einen Zustand, in dem die Betroffenen den Bezug zur Realität verloren haben. Meist leiden sie an Wahnvorstellungen oder Halluzinationen und zeigen keine Krankheitseinsicht. Die Symptome treten häufig in akuten Episoden einer Schizophrenie auf, seltener auch bei schweren Depressionen oder infolge organischer Erkrankungen wie Demenz oder Tumoren. Auch Operationen, der Konsum bestimmter Drogen wie Cannabis oder LSD oder sehr massive Stresssituationen können Psychosen auslösen.
Was ist Schizophrenie?
Schizophrene haben diffuse Ängste und fühlen sich bedroht: Innere und äußere Realität lassen sich nicht mehr unterscheiden, die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit verschwimmen.
Vorboten der ersten psychotischen Phase sind Symptome, die einer Depression recht ähnlich sehen und über Jahre andauern können: Energie und Selbstvertrauen sinken, Ängste und Unruhe steigen. Auch Schlaf- und Konzentrationsstörungen sowie sozialer Rückzug sind Warnsignale. Das Erleben und Verhalten "verarmt" in allen Belangen. Eine solche Prodromalphase geht der akuten Krise in drei Vierteln aller Fälle voraus.
Für die Psychose selbst sind Wahn und Halluzinationen typisch: zum Beispiel der Glaube, verfolgt zu werden, auf ungewöhnlichen Wegen Botschaften zu empfangen und Stimmen zu hören, die das eigene Verhalten kommentieren, Befehle geben oder miteinander streiten. In den meisten Fällen fehlt die Einsicht, dass die eigene Wahrnehmung nicht der Realität entspricht.
Der so genannte desorganisierte Subtyp spricht wirr und umständlich, erfindet neue Wörter, zeigt unpassende Gefühle und verhält sich absonderlich: Zum Beispiel spricht er in der Öffentlichkeit mit sich selbst oder wühlt im Müll. Auch an der Körperhygiene kann es mangeln.
Bei der heute selten gewordenen Katatonie erleidet der Patient motorische Störungen: Er verharrt stumm in einer stereotypen Haltung, schneidet unwillkürlich Grimassen oder wiederholt stereotype Bewegungen.
Wie verbreitet sind schizophrene Psychosen, und wie verlaufen sie?
Etwa jeder Hundertste erkrankt mindestens einmal im Leben an einer schizophrenen Psychose, rund jeder zweite davon vor dem 25. Lebensjahr. Männer und Frauen haben das gleiche Risiko, Frauen erkranken jedoch später, weil das weibliche Sexualhormon Östrogen eine schützende Wirkung besitzt.
Die erste Psychose tritt oft in der Phase der Ablösung vom Elternhaus, bei Konflikten im ersten Job oder im Privatleben auf. Und der darauf folgende Rückzug führt häufig zum nächsten Problem: Einsamkeit.
Bei rund jedem Dritten heilt die erste schizophrene Episode vollständig aus, ohne Rückfälle oder die so genannten Restsymptome wie Gefühlsarmut und Antriebslosigkeit sowie zuweilen auch desorganisiertes Verhalten. Rund ein Viertel der Betroffenen leidet zwar dauerhaft unter Symptomen – langfristig bessert sich die Situation aber. Die übrigen erleiden immer wieder Rückfälle mit mal schweren, mal leichten akut psychotischen Episoden. Von denen, die nach der ersten Psychose vorbeugend Medikamente einnehmen, erkrankt trotzdem mehr als jeder dritte innerhalb von drei Jahren erneut – wenn auch nur halb so viele wie ohne Rückfallprophylaxe (80 Prozent).
Wenn Angehörige den Kranken oft kritisieren, ihn einengen oder sich überbesorgt verhalten, dann gerät der Patient in emotionale Spannung und wird eher rückfällig. Hilfreich ist eine Kommunikation, die Raum lässt: akzeptierend, unterstützend und rücksichtsvoll.
Wie entstehen schizophrene Psychosen?
Das Vulnerabilität-Stress-Modell geht von einer genetisch bedingten Neigung zur Schizophrenie aus, die unter belastenden Bedingungen wie einer Trennung, Kündigung oder dem Verlust eines stabilen Umfelds in eine Schizophrenie münden kann.
Ein Kind mit schizophrenem Vater und schizophrener Mutter trägt ein 50-prozentiges Risiko, ebenfalls an dieser Störung zu erkranken, während das Risiko im Fall von nur einem schizophrenen Elternteil lediglich bei 10 Prozent liegt. Ähnliche Resultate ergeben Zwillingsstudien: Wenn eines der Geschwister erkrankt, hat ein eineiiges eine 50-Prozent-Chance, ein zweieiiges hingegen eine knapp 90-prozentige Chance, gesund zu bleiben.
Bei 30 bis 40 Prozent der Schizophrenen liegen offenbar schon zu Krankheitsbeginn geringfügige Hirnschäden vor – etwa infolge von Geburtskomplikationen oder Virusinfekten. Neurochemische Untersuchungen zeigen, dass das Dopamin-Botenstoff-System im Gehirn von Psychotikern übererregbar ist, also zu schnell und zu heftig reagiert. Das stört die Reizverarbeitung; in einer akuten Phase können Schizophrene deshalb schlecht zwischen wichtigen und unwichtigen Informationen unterscheiden, so dass diese ungefiltert und ungegliedert verarbeitet werden.
Was sind die Folgen einer Schizophrenie?
Die Folgen hängen stark ab von der Dauer und Schwere der Erkrankung sowie der konkreten Symptomatik. Häufig kommt es nach den einzelnen akuten Phasen zu einer postpsychotischen Depression. Nach einer einmaligen schizophrenen Psychose, die vollständig abklingt, kann der Betroffene unter Umständen wieder vollständig in sein altes Leben zurückkehren. Häufig kommt es jedoch zu mehr oder weniger schweren beruflichen und sozialen Einschränkungen, so dass die Betroffenen langfristig auf die Hilfe von Angehörigen angewiesen sind. Rund jeder zehnte Betroffene nimmt sich im Lauf der Erkrankung das Leben.
Problematisch sind nicht nur diese Folgen, sondern auch die der medikamentösen Behandlung.
Typische Neuroleptika wirken vor allem "reizabschirmend". Dadurch verstärken die Präparate häufig so genannte Minussymptome wie Antriebs- und Gefühlsarmut. Zu den zahlreichen möglichen Nebenwirkungen zählen kurzfristig vor allem Bewegungsstörungen, darunter eine quälende Unruhe der Beine, sowie Zittern der Hände, starkes Schwitzen und vermehrter Speichelfluss. Langfristig kommt es in einigen Fällen zu anhaltenden Beschwerden wie rhythmischem Zucken der Gesichtsmuskeln, Blutbildveränderungen, Gewichtszunahme und Herzrhythmusstörungen.
Atypische Neuroleptika verursachen seltener sowie weniger starke Bewegungsstörungen und bekämpfen teilweise auch Minussymptome. Doch auch bei ihnen besteht die Gefahr von Nebenwirkungen, darunter vor allem eine starke Gewichtszunahme.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.