Lichtmangel: Was hilft gegen Winterdepressionen?
In der dunklen Jahreszeit würden sich manche Menschen am liebsten in ein Loch verkriechen. Sie haben zu nichts mehr Lust, schlafen übermäßig viel und verspüren Heißhunger auf Süßigkeiten: typische Symptome für eine Herbst-Winter-Depression, auch saisonal-affektive Störung genannt. Charakteristisch für sie ist: Im Frühjahr verschwindet sie wieder. Die Betroffenen fühlen sich dann wie ausgewechselt, sind motiviert und fröhlich – bevor sie im nächsten Herbst wieder ins Stimmungstief stürzen. Schätzungsweise bis zu fünf Prozent der Bevölkerung leiden regelmäßig daran. Vom Winterblues, einer leichteren Form, sind laut Experten bis zu zehn Prozent betroffen.
Grund ist die geringe Sonneneinstrahlung in den dunklen Jahreszeiten. Licht dient dem Körper als Zeitgeber. Über den suprachiasmatischen Nukleus im Gehirn steuert es unser zirkadianes System, eine Art innere Uhr, die unter anderem Schlaf-wach-Zyklus, Körpertemperatur und Hormonhaushalt im Takt hält. Damit das zirkadiane System optimal funktioniert, braucht der Mensch täglich etwa zwei Stunden helles, weißes Licht, das alle Wellenlängen enthält, wie etwa Sonnenlicht.
Eine Lichtlampe bringt den Serotoninstoffwechsel und damit die innere Uhr wieder ins Gleichgewicht
Offenbar vertragen manche Menschen den Lichtmangel in Herbst und Winter schlechter als andere. Wie meine Arbeitsgruppe 2013 in einer Studie feststellte, führt er schon bei Gesunden zu messbaren Veränderungen im Serotoninhaushalt, einem Neurotransmittersystem, das unsere Stimmung beeinflusst. Mittels Positronenemissionstomografie beobachteten wir, dass die Intensität der Sonnenstrahlen innerhalb der letzten fünf Tage beeinflusst, wie stark Serotonin-1A-Rezeptoren an den Nervenzellen den Botenstoff an sich binden. Nach dunklen Tagen nahm die Bindung bei den Teilnehmern um bis zu 30 Prozent ab. Dies geht häufig mit gedrückter Stimmung und Antriebslosigkeit einher.
Lichttherapie vertreibt Winterdepressionen
Lichttherapie ist bei einer Herbst-Winter-Depression daher das Mittel der Wahl. Die Patienten setzen sich dafür jeden Morgen mindestens eine halbe Stunde vor eine Lichtlampe mit einer Intensität von 5000 bis 10 000 Lux. Zum Vergleich: Normale Zimmerlampen kommen auf 300 Lux. Das extrem starke Licht bringt den Serotoninstoffwechsel und damit das zirkadiane System wieder ins Gleichgewicht und hilft bis zu 90 Prozent der Patienten. Die Speziallampen gibt es in medizinischen Fachgeschäften. Wer unter einer schweren Depression leidet, sollte jedoch unbedingt einen Arzt aufsuchen.
Quellen
Pail, G. et al.:Bright-Light Therapy in the Treatment of Mood Disorders. In: Neuropsychobiology 64, S. 152-162, 2011
Spindelegger, C. et al.:Light-Dependent Alterations of Serotonin-1A Receptor Binding in Cortical and Subcortical Limbic Regions in the Human Brain. In: The World Journal of Biological Psychiatry 13, S. 413-422, 2012
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