Eine Reise zu unseren Ursprüngen: Matt Ridley stellt unser genetisches Erbe vor
23 Chromosomen hat der Mensch, und in 23 Kapitel — jeweils einem Chromosom gewidmet — gliedert Matt Ridley sein "Alphabet des Lebens". Beispielhaft ausgewählte Gene nutzt der britische Zoologe, Soziobiologe und Wissenschaftsautor als Aufhänger, um jeweils einen Aspekt des Lebens darzustellen. Dahinter verbirgt sich eine faszinierende Reise zu unseren genetischen Ursprüngen. Beginnend mit den Anfängen der genetischen Maschinerie in der Ursuppe schlägt er den Bogen von der Entstehung der Art Homo sapiens über seine Embryonalentwicklung bis hin zu menschlichem Aggressionsverhalten und den Leistungen seines Gehirns. Dabei beschränkt Ridley sich nicht auf eine Aufzählung der neuesten Entdeckungen im menschlichen Erbgut. Auch das Versagen der Politik während der BSE-Krise sowie die Irrungen und Wirrungen der Eugenik-Debatten zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis hin zu den dunklen Kapiteln nationalsozialistischer "Rassenhygiene" fehlen bei ihm nicht. Bedingt durch das Interesse moderner medizinischer Forschung sind viele Gene durch die Krankheiten bekannt, die sie verursachen. Doch Ridley wird nicht müde zu betonen: "Gene sind nicht dazu da, Krankheiten zu erzeugen." Vielmehr spiegelt sich hier die immer noch große Unkenntnis über unser Erbgut wider. Dem Leser wird klar: Das menschliche Genom ist zwar nahezu vollständig entziffert, aber noch lange nicht entschlüsselt. Welche Aufgabe welches Gen erfüllt, bleibt in vielen Fällen rätselhaft. Durch Ridleys ironischen, teilweise sarkastischen Ton ist die Lektüre seines Buches nicht nur fesselnd, sondern zugleich hoch amüsant. Mitunter vergaloppiert er sich jedoch in seinen Erklärungen, die für Nicht-Biologen nicht immer leicht zu verfolgen sein dürften. So braucht der unbedarfte Leser ausgerechnet für das Vorwort Durchhaltevermögen, denn sein Crash-Kurs über Replikation und Translation erweist sich als schwer verdauliche Kost. Meist merkt der Autor aber selbst, wann es reicht: "Wenn ich in die Einzelheiten gehe, treibe ich meine Leser in die Arme des nächsten Krimis." Eine Befürchtung, die zum Glück unbegründet ist, denn nichts ist spannender als das wirkliche Leben — verschlüsselt in 23 Chromosomen.
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