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Entzauberte Monarchen

Kay Peter Jankrift gelingt ein respektvoller Kehraus im Olymp des Mittelalters: Er verzichtet auf Schimpf und Schande, seine Könige bleiben trotz der Demontage ihrer Legenden majestätische Herrscher. Der angeblichen Homosexualität Richard Löwenherz’ widmet der Autor gerade mal eine beiläufige Bemerkung. Umso ausführlicher erklärt der Historiker, dass das Löwenherz gar nicht für England schlug. So soll sich der erwachsene König gerade mal sechs Monate auf den Britischen Inseln aufgehalten haben. Überdies sprach Richard, Nachfolger normannischer Eroberer, Französisch; des Englischen soll er kaum mächtig gewesen sein.

Manche der von Jankrift entlarvten Mythen sind berüchtigte Enten der Weltgeschichte, wie etwa die Ursprünge der Artuslegende. An anderen Stellen überrascht der Mediävist mit echten Knüllern: Wer hätte gedacht, dass die Legende vom im Kyffhäuser schlafenden Friedrich I. Barbarossa auf einer Verwechslung beruht? Tatsächlich, so der Autor, erzählten sich die Untertanen bis ins 16. Jahrhundert, es sei Friedrich II., der tief im Berg ruhe und dort der Erweckung harre. Warum dessen Großvater ab 1516 den Platz im Felsen einnahm, lässt sich nur vermuten. Jankrift tippt auf eine Verwechslung wegen Namensgleichheit.

Der Leser ahnt, wie schnell sich Märchen in Geschichte verwandeln, wenn der Althistoriker über den Karlskult berichtet: Bei der Annährung von de Gaulle und Adenauer in den 1950er Jahren sei Karl der Große als Sinnbild herangezogen worden. Seither gelte der Kaiser als Urvater Europas. Dass Karl der Große von diesem politischen Großraum noch keinen Schimmer hatte, belegt Jankrift mit einer prägnanten Beschreibung des mittelalterlichen Weltbilds. Karl, der Europaschmied, ist eine Erfindung des 20. Jahrhunderts.

Die Lektüre misst die Kluft zwischen Wahrheit und Übertreibungen vorsichtig aus. Dank der von Jankrift geschlagenen Brücke lässt sich dieser Abgrund sicheren Fußes überqueren.
  • Quellen
epoc 01/2009

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