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Ein beeindruckendes Werk

Mit einem unglaublichen Eifer pflegt und erweitert der studierte Physiker und Astronom Erik Wischnewski sein Einführungs- und Nachschlagewerk "Astronomie in Theorie und Praxis". Angefangen hatte alles mit einem selbsterstellten Büchlein von 80 Seiten, das 1980 erschien. Eine zweite Auflage erschien 1993 beim B.I.-Wissenschaftsverlag, seither verlegt Wischnewski sein Buch selbst. Nun liegt die vierte Edition mit 602 Seiten in völlig neuer Aufmachung vor. Insgesamt fast tausend Arbeitsstunden hat der begeisterte Sternfreund dazu in sein jüngstes Werk hineingesteckt.

Im Vergleich zur dritten Auflage fällt sofort auf, dass das Buch sowohl hinsichtlich der Farbgestaltung als auch hinsichtlich der Textdarstellung völlig überarbeitet wurde. Ein erstes Durchblättern zeigt vor allem, dass bei dieser Gelegenheit der Autor auch viele Abbildungen erneuerte und verbesserte. Die jetzigen Grafiken haben einen hochwertigen professionellen Standard erreicht, der für solch ein Ein- Mann-Werk mehr als bemerkenswert ist.

Den Leser erwartet ein deutlich größeres Buchformat, dreißig Prozent mehr Inhalt und ein völlig neues Layout: durchgängig farbig und zweispaltig. Dazu kommen zwei Lesezeichen und robustes, hochweißes Bilderdruckpapier. Die Tabellen sind gelblich hervorgehoben, Aufgaben und Beispiele erscheinen in grünen, Wichtiges in orangefarbenen Kästen. Hintergrundwissen ist in "grauen Zellen" untergebracht.

Ein zweiter Blick verdeutlicht, dass der Inhalt dadurch wesentlich übersichtlicher geworden ist. Die zahlreichen Fotos lockern das Buch auf und bieten mitunter schöne Ergänzungen zum Text. Sogar im Inhaltsverzeichnis findet der Leser Fotos der Hamburger Sternwarte. Das Stichwortregister lockerte der Autor mit Deep-Sky- Bildern auf, und es umfasst nun mehr als 3300 Verweise. Viele der herrlichen Aufnahmen stammen übrigens von den bekannten Astrofotografen Wolfgang Ries und Stefan Heutz.

Sämtliche Kapitel wurden intensiv überarbeitet, aktualisiert und um viele aussagefähige Grafiken erweitert. Vor allem die Abschnitte zur Entstehung und Entwicklung der Sterne wurden generalüberholt. Neu sind hier die Erläuterungen zu Lada-Klassen und Gasfingern. Die Darstellungen zur Kosmogonie gestaltete der Autor ebenfalls neu und überarbeitete das Kapitel über Kosmologie sogar vollständig. Er geht nun auch auf das wichtige Thema Entfernungsmaße ein.

Wischnewski überarbeitete und erweiterte wesentlich den Abschnitt über die "Professionellen Methoden der Beobachtung". Hier findet der Leser gleich drei neue aktuelle Kapitel zur hochauflösenden Astronomie, zur Ultraviolett- und Infrarotastronomie sowie zur Röntgenund Gammaastronomie. Ein besonderes Augenmerk legte der Autor auf moderne Themenstellungen wie die Interferometrie und auf Gravitationswellendetektoren wie LIGO, PPTA und LISA. Bei der Radioastronomie fanden das europäische Empfängernetzwerk LOFAR und das australisch- südafrikanische Quadratkilometer Array SKA Eingang ins Buch.

Viele neue Informationen flossen auch in den Praxisteil ein. Gerade dieser Teil des Buchs ist für viele Sternfreunde besonders interessant und birgt zudem manch ungewöhnliches, aber faszinierendes Thema. So wird beispielsweise genau geschildert, wie sich unter Verwendung handelsüblicher Bauteile ein kleines Radioteleskop bauen lässt. Das Kapitel Astrofotografie gestaltete Wischnewski neu und erweiterte es. Bei der Bildbearbeitung wird die Software Fitswork ebenfalls ausführlicher erörtert. Nicht minder interessant ist die umfassende Darstellung von fotometrischen Messungen mittels CCD-Kameras.

Auch beim Anlesen dieser neuen Auflage fiel mir auf, dass der Autor einen besonderen Wert auf Verständlichkeit und Praxisnähe legt. Knappe, klare Texte und zahlreiche Grafiken und Skizzen machen das Buch nicht nur zu einem perfekten Nachschlagewerk, sondern auch zu einer guten Grundlage für das Selbststudium. Hier liegt unbestritten der Vorteil dieses imposanten Werks.

Wie wohl kein zweites deutschsprachiges Buch bietet die vierte Auflage des Wischnewski eine umfassende Darstellung und Aufbereitung nahezu aller theoretischen Grundlagen, die ein Hobbyastronom und Sternfreund bei der Ausübung seines Hobbys benötigen könnte.

Natürlich ist das vorliegende Buch kein Werk, dass sich an den klassischen Hobbyeinsteiger richtet. Aber jeder Sternfreund, der sich mit fortschreitendem Detailinteresse in ein Teilgebiet einarbeiten möchte oder der einen Eindruck vom technisch machbaren gewinnen möchte, wird dieses Buch als umfassendes Nachschlagwerk zu schätzen wissen.

Nun mag sich mancher fragen, ob ein derartiges Buch im Zeitalter des Internets noch sinnvoll ist. Hier möchte ich jeden Skeptiker ermutigen: Wer das Buch in der Hand hält, wird sich diese Frage rasch mit einem klaren "Ja" beantworten können. Eine solche Detailfülle lässt sich im Web kaum zusammentragen, geschweige denn dort irgendwo am Stück finden. Der "neue Wischnewski" hat zu Recht seinen festen Platz auch in meinem Bücherregal.
  • Quellen
Sterne und Weltraum 2/2010

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