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Küsten und Meere in Seenot

"Die Welt hat im Lauf der letzten 60 Jahre ein Viertel ihrer Salzwiesen, 30 Prozent ihrer Mangrovenwälder und ein Drittel ihrer Seegraswiesen verloren. Diese fruchtbaren Küstenökosysteme verschwinden 2 bis 15 Mal schneller als der tropische Regenwald." Zahlreiche – teils schockierende – Informationen wie diese bietet der "Atlas der Küsten und Meere" von Don Hinrichsen: Er verdeutlicht anschaulich, dass die Meere dieses Planeten weder geeignete Abwasserentsorgungsstätten noch unerschöpfliche Ressourcenquellen sind. Gleichzeitig zeigt der Autor Zusammenhänge und Hintergründe der globalen Situation auf und erklärt die große Bedeutung der Meere und Küsten für die Menschen.

Hinrichsen ist aktuell Senior-Entwicklungsmanager des Institute for War and Peace Reporting in London und schreibt für Medien in Europa und den USA über Umwelt-, Bevölkerungs- und Ressourcenfragen. Er hat einige Bücher im Bereich Umwelt und Entwicklung veröffentlicht, zwei davon über Küsten und Meere ("Our Common Seas", Earthscan 1990, und "Coastal Waters of the World – Trends, Threats, Strategies", Island Press 1998). Außerdem ist er Autor oder Koautor von vier Berichten der Johns Hopkins University über Nahrung, Süßwasser, globale Umweltfragen und Urbanisierung. Dieser Hintergrund ist dem "Atlas der Küsten und Meere" deutlich anzumerken, sowohl durch seinen Überblick als auch durch einige Hintergrund- und Detailinformationen.

Der Titel des Buches täuscht vielleicht, denn unter einem "Atlas der Küsten und Meere" würde man sich eher einen großformatigen Band mit gesammelten Karten der Meere und Küstenregionen bis hin zu detaillierten Darstellungen von einzelnen Küstenformationen vorstellen. Das Buch ist jedoch ein handliches, kompaktes Werk, das zwar viele geografische Informationen und Darstellungen enthält, sich jedoch eigentlich mit der Problematik der dargestellten Regionen beschäftigt. Der Untertitel "Bedrohte Lebensräume unter der Lupe" trifft es insofern schon besser.

Das Buch geht hierbei jedoch nicht stark ins regionale Detail, sondern liefert vielmehr einen Überblick über die globale Situation. Anhand aufeinander folgender Weltkarten werden die verschiedenen Inhalte dargestellt, von Bevölkerung in Küstenregionen, Verstädterung, Küstenerosion, Ökosystemen und ihren Bedrohungen, toten Zonen im Meer, Überfischung, Schifffahrtsrouten, Energiegewinnung aus dem Meer, Tourismus und Aquakultur über Folgen des Klimawandels wie Versauerung und ansteigende Meeresspiegel bis hin zu Managementprogrammen und Schutzgebieten.

Der Atlas der Küsten und Meere weist dabei einige Pluspunkte auf: Zunächst einmal ist die optische Gestaltung sehr ansprechend und anschaulich. Die informativen Grafiken und eindrucksvollen Fotos vermitteln dem Leser ein deutliches Bild der jeweiligen Problematik. So ist das Buch trotz der eigentlich ernsten Thematik eine optische Freude. Die teilweise wie Sprechblasen über die eigentliche Grafik gelegten einzelnen Informationen wirken zwar etwas plakativ, sollen aber jeweils beispielhaft die entsprechende Thematik verdeutlichen.

Ebenso wie die Bilder sind auch die Texte informativ, prägnant und anschaulich. Das Buch ist dem Thema gemäß in sachlicher Sprache gehalten, dabei aber gut verständlich und angenehm zu lesen. Ein zusätzlicher Pluspunkt ist das Glossar am Anfang des Buches, das Abkürzungen und einige Fachbegriffe erklärt.

Die Quellen zu den umfangreichen Informationen sind im Text selbst nicht aufgeführt, was jedoch einen ungehinderten Lesefluss und gute Übersichtlichkeit ermöglicht. Im Anhang finden sich dann genaue nach Kapiteln aufgelistete Quellenangaben.

Nur an einer Stelle ist ein Minuspunkt anzumerken. Ein Satz in Bezug auf Windkraftanlagen im Meer, der nur besagt, dass "die größten Probleme von Windparks an Land – visuelle Umweltverschmutzung und Lärm – bei Offshore-Anlagen keine Rolle spielen" würden, ist für ein Buch, das den Schutz der Meere im Visier hat, sehr heruntergebrochen. Hier wäre es gut, wenigstens zu erwähnen, dass zumindest dem Lärm beim Bauen der Anlagen negative Auswirkungen auf lärmsensible Tiere wie Wale zugesprochen werden, so dass bereits aktuell bei Bauarbeiten teilweise Schallschutzmaßnahmen zum Schutz der Tiere ergriffen werden sollen.

Im Kapitel Tourismus wird zutreffenderweise dagegen sehr wohl der motorisierte Wassersport als Lärmbelastung für Tiere wahrgenommen (neben seinen anderen negativen Auswirkungen). Allerdings werden hier Surfen, Segeln und Paddeln in leichterer Form auch als Störung und Stress für Tiere bewertet, was so ohne weitere Erklärung nicht unbedingt nachvollziehbar ist.

Der ein oder andere Leser mag möglicherweise an der einen oder anderen Stelle etwas vermissen. Hier zeigt sich die Schwierigkeit, ein so umfangreiches Themengebiet in komprimierter Form darzustellen. Dies sind jedoch nur einzelne mögliche Kritikpunkte in einem insgesamt gut durchdachten und ausgearbeiteten Ganzen. Insgesamt meistert das Buch die schwierige Aufgabe, einen Überblick der komplexen Gesamtsituation zu leisten. Es ist ein rundes, gelungenes Werk: kompakt, informativ und ansprechend.

Fazit: Ein von einem Experten erstellter, schön lesbarer und anschaulicher Überblick über die aktuelle globale Situation der Küsten und Meere, der umfangreiche interessante Informationen in komprimierter und sehr ansprechender Form bietet.

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