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Therapie auf großer Bühne

Eine Frau trauert um ihren verstorbenen Ehemann. Ein Mann bekommt seine Eifersucht nicht in den Griff. Ein Mädchen möchte wissen, wie sich der Tod anfühlt. Wir lernen sie alle kennen: auf der Couch des argentinischen Psychoanalytikers Gabriel Rolón.

Der ist in seinem Heimatland durch Radio und Fernsehen einer breiten Öffentlichkeit bekannt. In seinem Reality-Fernsehformat "Terapia, Unica Sesion" therapiert er Prominente jeweils eine Sitzung lang. Man mag davon halten, was man will – jedenfalls spiegelt Rolóns Show wider, für wie selbstverständlich viele Argentinier die Psychoanalyse nehmen. Zumindest für Vertreter der Mittel- und Oberschicht ist der Besuch beim Therapeuten nichts Ungewöhnliches und durchaus auch mal Thema im Freundeskreis.

Rolón entführt seine Leser mit diesem Buch in seine private Praxis. Er beschreibt den Verlauf der Therapie bei acht Patienten. Diese Menschen leiden an Verlustängsten und Eifersucht, berichten von sexuellen Problemen oder von Entscheidungsunfähigkeit. Sie erzählen dem Therapeuten von ihren Zweifeln, Launen, Ticks und Träumen. Rolón lässt einen nicht nur an diesen Gesprächen teilhaben, sondern auch an seinen Gedanken darüber, wodurch man einen Einblick in die Arbeitsweise des Analytikers bekommt.

Das ist sowohl für Psychologen als auch für Fachfremde interessant, zumal die Lektüre im besten Sinn unterhaltend ist. Die aufgeführten Fallbeispiele verdeutlichen viele Aspekte der Psychoanalyse sehr plastisch, nicht zuletzt deshalb, weil man als Leser emotional mitgerissen wird. Rolón hat jedem Kapitel eine gelungene Dramaturgie verpasst. Dadurch liest sich "Auf der Couch" zuweilen wie ein spannender Episodenroman. Hier dürfte ein Grund dafür liegen, dass das Buch (im Original "Historias de Diván") in Argentinien schnell zum Bestseller avancierte.

Nach einer Weile fragt man sich aber doch, ob Rolóns Tätigkeit immer so von Erfolg gekrönt ist wie im Buch darstellt. Zwar berichtet der Autor durchaus von Problemen, die während der Behandlung auftreten: Schwierige Patienten, Ratlosigkeit und Befangenheit beim Analytiker, manchmal sogar ein Abbruch der Sitzung. Doch am Ende ist immer alles gut. Sogar dem Pfarrer, der die Therapie nach den Probesitzungen aufgibt, hat die Analyse dann irgendwie doch geholfen.

Natürlich ist die Wirksamkeit der Psychoanalyse belegt. Dennoch wäre es interessant und ehrlich gewesen, auch mal einen Fall anzuführen, bei dem es nicht geklappt hat – weil das Leben kein Film ist und die Therapie kein Allheilmittel. Abgesehen von diesem Wermutstropfen bietet "Auf der Couch" einen guten Einblick ins Thema. Gerade für Leser, die bislang noch keine rechte Vorstellung von der Psychoanalyse hatten, ist das Buch ein geeigneter Einstieg.

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