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Wider die Interessenethik, für eine Ethik der Würde! Ulrich Eibachs Beitrag zur Diskussion um die Biotechnologie

Selten sind Naturwissenschaft und Technik im öffentlichen Diskurs in der Bundesrepublik derart präsent gewesen wie in der gegenwärtigen Debatte um die Biotechnologie. Zweifelsohne rührt dies zu einem großen Teil daher, dass namentlich mit der Präimplantationsdiagnostik (PID) und der Stammzellenforschung, die im Mittelpunkt der Diskussion stehen, zentrale und nach wie vor höchst umstrittene Fragen nach Wesen und Würde des Menschen sowie nach dem Beginn menschlichen Lebens berührt sind. Ulrich Eibach, Professor für systematische Theologie und Ethik in Bonn und Beauftragter der Evangelischen Kirche im Rheinland für Fortbildung und Fragen der Ethik in Biologie und Medizin, beschäftigt sich bereits seit einigen Jahren mit der medizinischen Ethik. Dass sein Ende 2000 aufgelegtes Buch, das zu weiten Teilen auf Vorträgen basiert, die Eibach in den vergangenen fünf Jahren gehalten hat, binnen kurzer Zeit eine derartige Aktualität erlangen würde, konnte der Verfasser freilich kaum ahnen. Umso mehr verdienen Eibachs Argumente in der gegenwärtigen Diskussion Beachtung. Eibachs Ausgangspunkt ist sein Plädoyer für eine „Ethik der Würde“, die er mit Theologen wie W. Huber der „Ethik der Interessen“ und utilitaristischen Nützlichkeitskalkülen entgegensetzt. Zu Recht hebt der Autor dabei wiederholt hervor, dass es sich bei der Menschenwürde nicht um ein Konzept handelt, das von empirischen Gegebenheiten abhängig gemacht werden kann, sondern um eine transzendente Größe, „die jedem Leben unverlierbar deshalb zukommt, weil es in genetischer Hinsicht menschliches Leben und Glied der Gattung Mensch ist“. Dabei weiß sich Eibach nicht nur in Übereinstimmung mit der christlichen Lehre, sondern durchaus auch in der Tradition der Kantischen Ethik. Nur am Rande sei erwähnt, dass auch das Bundesverfassungsgericht letztlich einem transzendeten, nicht empiristischen Würdebegriff verhaftet ist, wenn es im ersten Abtreibungsurteil aus dem Jahre 1975 ausführt: „Wo menschliches Leben existiert, kommt ihm Menschenwürde zu.“ Dass mit einem solchen Menschenwürdekonzept weit reichende Folgen in Form von Grenzen für das menschliche Handeln verbunden sind, braucht nicht eigens betont zu werden. Exemplarisch sei hier nur das Beispiel der verbrauchenden Embryonenforschung genannt, die Eibach auf Grund der Würde, an der der Embryo vermöge seiner genetischen Disposition als Glied der Gattung Mensch teil habe, für ethisch nicht vertretbar hält, da sie mit einer Instrumentalisierung menschlichen Lebens ﷓ wenn auch aus beachtenswerten Motiven ﷓ einhergehe. Die Debatte um die Biotechnologie geht weiter. Die Politik wird gut daran tun, den Argumenten besorgter Theologen, Philosophen und Juristen Gehör zu schenken. Die Idee der Menschenwürde, die sich gerade auch dem Schutz der schwächsten Glieder der Gesellschaft verpflichtet weiß, hat es verdient!

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