Technologien für das 21. Jahrhundert
Wer versucht, sich in ein Gebiet aus Wissenschaft oder Technik anhand eines Lexikons einzulesen, muss meist kapitulieren. Die Katz- und Mausjagd nach Querverweisen erschöpft eher, als dass sie belehrt. Erst recht, wenn sich ein Gebiet so rasant entwickelt wie die Gentechnik. Der fünfte Band der Brockhaus-Reihe "Mensch–Natur–Technik" verspricht Abhilfe. Die Gratwanderung zwischen lexikalischem Anspruch und Lesbarkeit ist – wie bei den vorangegangenen Bänden ("Vom Urknall zum Menschen", siehe SdW 1/2000, S. 100, "Phänomen Mensch", siehe SdW 8/2000, S. 112) – äußerst gelungen. Sieben Kapitel führen fundiert ein in Genetik, Lasertechnik, Energieversorgung, Neue Materialien, Miniaturisierung, Informationsverarbeitung und Raumfahrt. "Schlüsseltechnologien" heißt die thematische Klammer. Die einzelnen Kapitel verlieren dabei nie das "Wozu" aus dem Blickfeld – also das Schloss, in das die Schlüsseltechnologien passen sollen. Etwa im Kapitel "Gentechnik". Eine knappe Hinführung spannt zunächst den Bogen von der Zuchtauswahl über Mendels Vererbungslehre bis hin zur "synthetischen Genetik", in der sich Erbsubstanz nicht nur aus Material verschiedener Organismen kombinieren, sondern auch völlig neu herstellen lässt. Die Autoren – wie in den anderen Kapiteln ausgewiesene Experten auf dem jeweiligen Gebiet – erklären Erkenntnisse und Methoden von Genetik und Gentechnik verständlich, ohne auf die notwendigen Fachbegriffe zu verzichten. Die drei folgenden Abschnitte sind den Anwendungen der Gentechnik gewidmet: Landwirtschaft und Novel Food, Pharmazie und Medizin, Wissenschaft und Forschung. Ein abschließender Essay diskutiert die Frage, wie weit Gentechnik gehen darf. Auch die anderen Kapitel leisten eine solide Einführung ebenso wie den Anschluss an aktuelle Diskussionen. So wird im Abschnitt über Kernfusionsenergie nachvollziehbar, welche Vorteile ein funktionierender Fusionsreaktor hätte und wie schwierig seine Realisierung ist. Im Kapitel "Informationsverarbeitung" wird die fast schon feuilletonistische Worthülse "Künstliche Intelligenz" mit realistischen Inhalten und Erwartungen gefüllt. Alles in allem ist der Brockhaus-Redaktion gemeinsam mit den Autoren ein kompaktes "Hausbuch der Schlüsseltechnologien" gelungen, dessen Lektüre nicht nur deshalb Freude macht, weil man dabei solide Fakten erfährt, sondern auch, weil sie wichtige Einsichten vermittelt. Vielleicht ist die eine oder andere der gehaltvollen Grafiken ein bisschen klein ausgefallen, und vielleicht ist deswegen den Korrektoren der neckische Schreibfehler "Wärme-Konfektion" statt "Konvektion" in der Grafik auf Seite 623 entgangen; doch sind sie auch in dieser bescheidenen Größe noch instruktiv.
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