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Ein Sinn für Zahlen

Neurowissenschaftler Andreas Nieder erklärt, wie das Gehirn Mathematik betreibt.

Fragt man zufällig Personen auf der Straße, werden viele sagen, dass sie mit Mathematik nichts anfangen können. Allerdings hat so gut wie jeder ein natürliches Gespür für Zahlen und Formen. Bekommt man einen Teller mit fünf Kartoffeln und einen weiteren mit zwei vorgesetzt, kann man ruck, zuck beurteilen, dass Ersterer mehr enthält.

Auf der anderen Seite sind Menschen auch in der Lage, kompliziertere Berechnungen durchzuführen – das dauert dann in der Regel nur ein wenig länger. Der Neurobiologe Andreas Nieder von der Universität Tübingen beschäftigt sich in seinem englischsprachigen Fachbuch »A brain for numbers« unter anderem mit der Frage, in welchen Regionen des Gehirns diese beiden unterschiedlichen Prozesse stattfinden. Gibt es beispielsweise so etwas wie »Zahlenneurone«, also Nervenzellen, die einer bestimmten Zahl entsprechen?

Ein Pferd, das rechnen kann?

Der Professor für Tierphysiologie beschreibt zum Beispiel, wie verschiedene Lebewesen Zahlen erkennen und wahrnehmen. Dabei schildert er diverse Experimente, die gezeigt haben, dass selbst Insekten wie Bienen einen Sinn für einfachste Rechenoperationen haben. Einige dieser Versuche haben er und seine Studenten eigenhändig durchgeführt. Und sogar erst wenige Tage alte Säuglinge besitzen bereits die Fähigkeit, zwischen kleinen Zahlenmengen zu unterscheiden.

Die einzelnen Kapitel lockert der Autor durch unterhaltsame und teilweise kuriose Anekdoten auf, etwa die des »klugen Hans«. Dieses Pferd wurde Anfang des 20. Jahrhunderts berühmt, weil es scheinbar komplizierte Rechenaufgaben lösen konnte. Im Nachhinein stellte man allerdings fest, dass das Tier nur extrem sensibel auf Emotionen reagierte – und die richtige Antwort an minimalen Veränderungen in der Mimik und Gestik des Fragestellers erkannte.

Insgesamt umfasst das Fachbuch eine spektakuläre Bandbreite an Themen. Es deckt zudem historische Gebiete ab – etwa wie die Zahl Null in unserer Gesellschaft Einzug hielt – und enthält philosophische Überlegungen darüber, ob Mathematik existiert oder von Menschen konstruiert ist. Der Autor schafft es dabei, komplexe Themen nachvollziehbar zu erklären, so dass auch Laien ihren Spaß an diesem Werk haben dürften.

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