Direkt zum Inhalt

Gedruckte Wirrnis

Von Aktionspotenzial bis Zellmembran soll dieser schmale Band diverse Themen abdecken. Der Versuch schlägt fehl.

Es ist rätselhaft, wen Verlag und Autor mit diesem Werk erreichen möchten. Am ehesten gleicht das Bändchen einer Einführung in die Biophysik, ist dafür aber mit seinen nicht einmal hundert Seiten im Postkartenformat viel zu schmächtig. Fachleute erfahren darin weder Neues noch Tiefgehendes, Laien werden kaum an den Stoff herangeführt.

Autor und Physiker Günter Nimtz legt einen schnellen Ritt durch die Biophysik hin. Er streift diverse Gebiete, darunter Wissenschaftsgeschichte, Zell- und Molekularbiologie, Elektrophysiologie, Genetik und fundamentale Wechselwirkungen. Da er das jeweils nur auf wenigen Seiten macht, muss seine Ausarbeitung zwangsläufig bruchstückhaft bleiben.

Verkürzte Darstellung

Eine plakative These, formuliert im Buchtitel, hält das Ganze zusammen: "Alles Leben hat nur eine Quelle: Elektrizität". Doch das Konzept geht nicht auf. "Der Mensch und alles andere Leben [sind] ausschließliche Produkte der Elektrizität", formuliert Nimtz. Und widerspricht sich kurz darauf selbst, indem er die starke Wechselwirkung beschreibt, die Quarks aneinander bindet und die Existenz von Atomkernen ermöglicht. Leben, wie wir es kennen, gäbe es ohne Atomkerne nicht – also ist es auch ein Produkt der starken Wechselwirkung.

Nimtz berührt Themen, an denen man als Biophysiker nicht vorbeikommt, etwa das Aktionspotenzial von Zellen. Doch wer das einigermaßen solide tun möchte, sollte dabei auf Schlüsselbegriffe wie Membranpermeabilität, Diffusionspotenzial, Nernst- und Goldman-Gleichung eingehen. Nichts davon ist in dem Buch zu finden. An anderer Stelle schreibt der Autor im Hinblick auf den menschlichen Körper, "alle Baupläne wie beispielsweise die Form der Nase, die Farbe der Augen und der Haare, die Fingerlängen und die Gestaltung der einzelnen Organe sind bereits im Genom festgelegt". Das kann so pauschal nicht stimmen, weil die Ausprägung des Phänotyps von den Umweltbedingungen abhängt, wie Nimtz selbst anmerkt.

Generell mangelt es dem Werk an einer nachvollziehbaren Linie. Der Text wirkt oft wie eine erratische Aneinanderreihung von Sätzen, die, auch wenn sie für sich genommen richtig sind, keine Einheit ergeben. Die Wirrnis wird zum Ende des Bands hin immer ausgeprägter und gipfelt in dem seltsamen Versuch, die Frage zu beantworten, ob Glaube notwendig sei.

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Ein langes Leben ist kein Zufall

Wie schafft man es, besonders alt zu werden und dabei fit und gesund zu bleiben? Die Altersforscherin Eline Slagboom weiß, welche Faktoren wir beeinflussen können - und welche nicht. Außerdem in dieser »Woche«: Wie Spannbetonbrücken einfach einstürzen können - und wie man das verhindern kann.

Spektrum - Die Woche – Ein Hoch auf die Hülsenfrüchte!

Wieso Bohnen, Linsen, Erbsen und Co. deutlich häufiger in unserem Speiseplan vorkommen sollten und welche vielseitigen Qualitäten Hülsenfrüchte auch für die Landwirtschaft mitbringen, lesen Sie ab sofort in »Spektrum - Die Woche«. Außerdem: ein neues Modell für bessere Wahlprognosen.

Spektrum der Wissenschaft – Evolution der Giganten

Die Dinosauriergruppe der Sauropoden brachte die größten landlebenden Tiere aller Zeiten hervor. Wieso konnten die Sauropoden so ungeheuer groß werden? Außerdem: Bewegungsdaten vieler Millionen Sterne erzählen von einer höchst turbulenten Geschichte der Milchstraße. Können Proteine aus dem Bioreaktor als Fleischersatz dabei helfen, eine nachhaltige Lebensweise zu erreichen und die Umweltbilanz zu verbessern? Um künftige Computersysteme energieeffizienter, schneller und verlässlicher zu gestalten, orientieren sich Fachleute zunehmend am Gehirn als biologischem Vorbild.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.