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»Als ich mich auf den Weg machte, die Erde zu retten«: Bunte Klimaschutzreise mit abwegigen Exkursionen

Dick, schwer, ungewöhnlich – und trotzdem vielleicht genau richtig: Ein Buch will seine Leserschaft für den Klimaschutz gewinnen.
Nachhaltige Welt

Bücher mit Fakten zur Klimakrise und dem dringenden Aufruf, nachhaltiger zu leben und zu wirtschaften, gibt es seit mehr als 30 Jahren zuhauf, Tendenz steigend. Bewirkt haben die oft gut geschriebenen Werke jedoch wenig. Neuerdings machen sich engagierte Autorinnen und Autoren daher moderne Erkenntnisse der Psychologie zu Nutze. So auch Martin Häusler, der mit »Als ich mich auf den Weg machte, die Erde zu retten« ein ungewöhnliches Buch abliefert, das dennoch – oder gerade deswegen – überzeugt.

Schwerer Einband, schweres Papier, großformatige Seiten und dementsprechend ein recht hoher Preis: Die Hürden, dieses Buch zu erwerben, liegen hoch. Vielleicht darf deshalb mit Eckhart von Hirschhausen ein Prominenter als Herausgeber herhalten und schmücken die Rückseite Lobeshymnen von Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus und der bekannten Primatenforscherin Jane Goodall. Auch die inhaltliche Aufmachung mit zahlreichen farbigen Hintergründen, wechselnden Schriftarten und -größen ist für ein Sachbuch ungewöhnlich und könnte irritieren. Das sollte es aber nicht. Die Gestaltung ist eben genauso vielfältig wie die Erzählweisen und die Themenauswahl, doch nichts davon ist willkürlich.

Aufgemacht als eine Entdeckungsreise führt Häusler ein in die Nachhaltigkeit, die vor allem eine Entdeckung des Klimaschutzes ist. Immer wieder kommen dabei Gastautorinnen und -autoren zu Wort. Die negative Kritik vorneweg: Den Anfang der Reise macht ein Dialog mit Häuslers Söhnen, die dabei mehr als Stichwortgeber zu dienen scheinen. Einzig erhellende Aussage darin: Das Buch will wohl vor allem jene ansprechen, die den Ernst der Klima- und Nachhaltigkeitskrise noch nicht vollumfänglich begriffen haben, sich aber auch nicht zu denen zählen, die die Probleme leugnen.

Fragwürdig erscheinen auch die Gedanken zu Beginn eines jeden Kapitels. Sie sollen wohl den Erkenntnisprozess aus den vorhergehenden Kapiteln abbilden. Das wirkt aufgesetzt und bevormundend. Ist der Leser zu diesen Erkenntnissen gekommen, muss Häusler sie nicht vorkauen. Und falls nicht, werden derartige Worte nichts ändern.

Davon abgesehen ist das Buch sehr gelungen. Die Problematik unserer nicht nachhaltigen Wirtschaftsweise illustriert der Autor beispielsweise mit dem Waldkahlschlag im Römischen Reich. Die zeitliche Distanz ist groß genug, um sich unbeteiligt empören zu können – doch dann ist die gedankliche Brücke in die Gegenwart zu schlagen. Ähnliches gilt für die Energiekrise des 18. Jahrhunderts, als die Übernutzung der Wälder dazu führte, dass vielerorts in Europa Holz zum Heizen fehlte und erstmals das Konzept der nachhaltigen Bewirtschaftung aufkam. Die Parallele zur Gegenwart ist wohl eindeutig.

Eingestreut finden sich die üblichen Fakten zur Klimakrise, darunter Verweise auf Arrhenius, der den Treibhauseffekt schon 1896 beschrieb, und die Hockeyschlägerkurve, die den CO2-Gehalt in der Atmosphäre beschreibt. Auch das Konzept der planetaren Grenzen erläutert das Buch – hier noch mit fünf sicheren Überschreitungen. Eine aktuelle Studie sieht bereits sieben Kategorien als überschritten.

Vieles aber erzählt das Buch anhand von Menschen und Schicksalen, eine Vorgehensweise, die nachweislich stärkere Verhaltensänderungen auslösen kann als noch so schockierende nackte Fakten zur Klimakrise. Bemerkenswert ist beispielsweise die Formulierung von Wachstumsforscher Niko Paech, der im Kontext der Nachhaltigkeit nicht von »Verzicht« spricht, sondern von der »Rückgabe einer Beute«, die ökologischen Plünderungen entstammt. Oder die Forderung der Ökonomin Kate Raworth, dass eine gesunde Wirtschaft nicht »wachsen«, sondern »gedeihen« müsse.

Gastautor Hannes Jaenecke bemüht sogar die Legende von Pelorus Jack. Der Delfin soll jahrelang Schiffe sicher durch die gefährliche Cookstraße geleitet haben, bis eines Tages ein betrunkener Passagier nach ihm schoss. Der Delfin stellte die Zusammenarbeit ein, und natürlich sank bald darauf das erste Schiff, waren die Menschen ohne Hilfe des Tiers doch überfordert.

Botschaft angekommen, aber besser gefällt da manchen Lesenden vielleicht die Schilderung Costa Ricas als Vorreiternation in Sachen Nachhaltigkeit oder die mancher Städte, die erfolgreich eine Wende zu einer lebenswerteren Gestaltung und mehr Klimaresilienz eingeleitet haben. Zumindest sind diese Beispiele lebensnäher als der Exkurs zu Naturvölkern, die zwar in Einklang mit der Natur leben, aber auf eine so primitive Weise, dass davon wohl kaum jemand im globalen Norden zu überzeugen wäre.

Apropos Exkurse: Der ein oder andere davon wirkt etwas deplatziert. So wichtig die Ästhetik in der Architektur ist, gehört sie wirklich in ein eh schon umfangreiches Werk zur Nachhaltigkeit? Oder die Erörterung, ob Beethoven heute Umweltschützer wäre, verbunden mit der etwas konstruierten Rolle der Musik als Mittel zur Nachhaltigkeit?

Das Buch enthält sicherlich auch für Nachhaltigkeitsprofis die ein oder andere Überraschung und schöne Zitate. Wirklich lohnenswert könnte das hübsche Buch jedoch als Geschenk sein an jene, die das grundsätzliche Problem anerkennen, aber die Reise zur Nachhaltigkeit noch nicht abgeschlossen haben.

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