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Buchkritik zu »Analytical Biotechnology«

In diesem Band der "Methods and Tools in Biosciences and Medicine" stellt eine Gruppe Delfter und Wiener anwendender Bioanalytiker ihre Kenntnisse und ihr Handwerk in äußerst brauchbarer Weise vor. Sie beschreiben nämlich die Grundprinzipien, die Rezeptur und die Praxis verschiedener aktueller, zunehmend in der analytischen Kontrolle von biotechnischen Prozessen und in der bettnahen klinischen Diagnostik in Gebrauch kommender qualitativer und quantitativer Nachweisverfahren, die durchaus breitere Kenntnis verdienen und gewinnen werden. Das ist natürlich nur möglich durch die vielberufene Niederlegung der Interdisziplingrenzen, die hier augenscheinlich nicht ein Sonntagsreden geblieben ist, sondern sichtbare Werktagsdaten vorzuweisen hat.

Die Kombination von Liganden-Immobilisierung, Immuntechniken und physikalischen Nano- und Verstärkungstechniken für optische und Form-Änderungseffekte erschließt neue Möglichkeiten über die Messung von Stoffumsetzungen kleiner Moleküle hinaus, Vorgängen im inneren und auf der Oberfläche von Biomakromolekülen aller Klassen kontinuierlich nachzuspüren. Man findet deshalb hier nicht die aber-zigste Nacherzählung von Verteilungs- und Ionentrennverfahren, sondern erfährt von vielen ungehörten Dingen, wie Biostreifen- und Biochiptechniken, Kopplung mit elektronendichten Edelmetallclustern, Techniken die offenbar von Willigen ohne übermäßige Schwierigkeit ins Labor eingebracht werden können, denn dieses Anleitungsbuch dient dem Erwerb erlernbarer Geschicklichkeit und bringt demgemäss Methodenprotokolle, Praxisbezüge und Resultathinweise – und überzeugt schon beim Lesen durch Solidität und Handwerklichkeit.

Das ist nämlich das Besondere an diesen Buch: Es setzt auf Grundlagen der Chemie und Physik gezielt die beschriebenen Verfahren. In Art eines Praktikums der Analytik in der Biotechnologie werden in einigermaßen erkennbarer logischer Folge Spezialmethoden und ihre Anwendung an Beispielen dargelegt: Die chemische Herstellung von Affinitätsmatrices für Säulentrennungen durch Ligandenverdrängung oder -austausch; das Prinzip der Nachweise durch Fluoreszenz- und immunologische Techniken mit Hilfe von Bindungskaskaden-Verstärkung; die Abtastung von Oberflächen durch Rasterelektronenmikroskopie; die Konzepte der Biosensoren und die Einbeziehung der Hilfsmittel für die allgemeinen -omics der Proteine, Transkripte, Gene und Phänomene. Es setzt sich damit an die Seite der Bioinformatiker von deren Programmen der so geartete Analytiker, nicht nur auf einer Ebene, sondern in mehreren Dimensionen miteinander und aufeinander wirkend, kooperativen Gebrauch machen wird. Sein Beitrag sind die Chip- und Array-Techniken, die nun miniaturisiert werden, um sie am Ort der Anwendung zeit- und platzökonomisch einzusetzen oder aber durch Licht- und andere Kabel in die Zentrale zu leiten. Alles dies dürfte für den einigermaßen Mutigen eher Anreiz als Abschreckung sein, zumal ihm mit Beispielen aus verschiedenen Anwendungsgebieten Ansporn gegeben wird.. Die Nutzung der Kraftfeld-Elektronenmikroskopie, um die Gestaltänderungen von Molekülen während ihrer Reaktionen abzutasten wird sicher unerwartete Einblicke in ihr Verhalten und die Kontrolle während der chemischen, nicht nur der biotechnischen und biomedizinischen Abläufe bringen. Literatur wird oft bis in jüngere Zeit, und nicht nur die der Autoren, zitiert. Es ist eine wirklich aufregende Lektüre, was nun in Kraftfeld und Reichweite der Verfahrensanalytik in komplexen Fermentationsansätzen und in natürlichen Geweben kommt. Die Aufmachung des Buchs ist ordentlich, trotz der Unart der grau unterlegten Tabellen und der flauen Photos. Verleger sagen immer, ihre Bücher wären zu billig – Nutzer beklagen die Preise, die solche Bücher einer Zentralbibliothek vorbehalten.
  • Quellen
BIOspektrum 2/03

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