Per Feindbild zum Erfolg
In den USA, in Italien oder in Deutschland – Populisten scheinen fast überall Erfolge zu feiern. Was ist ihre Methode? Dieses Buch gibt sich als satirische Anleitung für Möchtegernpopulisten, die die Macht über die öffentliche Meinung, »das Volk« und die politischen Schaltstellen erringen wollen. Vor allem, so der Autor, sei es wichtig, eine mitreißende Geschichte zu erzählen, in der »das Volk« von einem gemeinsamen Feind bedroht werde, und die Menschen damit emotional anzusprechen – etwa, um sie zu Wutreaktionen zu provozieren, die sich dann kanalisieren lassen.
Fritz B. Simon ist Psychiater sowie Psychoanalytiker und befasst sich aktuell vor allem mit Organisationsforschung. Er greift auf umfassendes Hintergrundwissen zurück, kann gut erklären und Dinge auf den Punkt bringen. Der 70-Jährige erläutert etwa sehr verständlich den Unterschied zwischen einer Organisation und einer Masse. Sein Buch folgt nicht dem üblicherweise nüchternen Stil eines Sachbuchs, vielmehr liest es sich launig-pointiert. Das ist provokant, stellenweise unterhaltsam, gelegentlich allerdings verwirrend und an manchen Stellen unangemessen.
Sprechen als Form des Handelns
Natürlich sind Witze und ironische Wendungen ein Stück weit Geschmackssache, und es wird ja auch nicht erst seit Böhmermanns »Schmähkritik« auf den türkischen Präsidenten darüber debattiert, was Satire darf und was nicht. Die explizite Wiedergabe rassistischer Witze, um Aussagen zu verdeutlichen, erscheint jedenfalls unnötig – und zur Belustigung der Leser ist sie schlicht fehl am Platz. Gerade weil, wie Simon selbst schreibt, »Sprechen eine Form von Handeln« sei, ist es merkwürdig, dass er so viele Vorurteile ausführlich wiedergibt.
Viele Leser mögen es erfrischend finden, keine trockene wissenschaftliche Analyse serviert zu bekommen. Dadurch kann sich das Buch vermutlich eine größere Zielgruppe erschließen als konventionell sachliche Werke über den Populismus. Statt jedoch psychologische Experimente, die etwas über die Mechanismen des Populismus aussagen, lediglich in Kurzform abzuhandeln, wären genauere Quellenangaben oder weiterführende Informationen besser gewesen. Denn letztlich bleibt unklar, worauf Simons »Anleitung« beruht.
Leider bringt die Lektüre unter dem Strich allen, die das politische Geschehen aufmerksam verfolgen, wenig neue Erkenntnisse. Das Buch liefert zwar einen Überblick über populistische Strategien, dringt jedoch kaum tiefer in die Materie ein. Auch der ungewöhnliche Schreibstil ist nicht gänzlich neu; eine ähnliche Idee hatten bereits 2017 die österreichischen Autor(inn)en Walter Ötsch und Nina Horaczek in »Populismus für Anfänger«.
Zum Widerstand gegen die Strategien von Populisten aufzurufen, mag eine der Absichten des Autors gewesen sein, genau dies kommt aber in dem Buch zu kurz. Abgesehen von einem Hinweis im Klappentext, die Lektüre sei »zwangsläufig ambivalent«, erfolgt keinerlei Einordnung. Das wäre jedoch, etwa als Nachwort, durchaus sinnvoll gewesen. So gibt das Buch auf die Frage, wie man aufkommendem Populismus am sinnvollsten und effektivsten begegnet, keine befriedigende Antwort.
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