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»Antarktis«: Der unbekannte Kontinent

Der Kartograf Peter Fretwell verdeutlicht in seinem informativen Buch die Schutzbedürftigkeit der Antarktis – und ihre Bedeutung für unser Leben. Eine Rezension
Antarktis

Stellen Sie sich eine Region vor, dessen karge und lebensfeindliche Landschaft nicht nur zahlreiche aktive Vulkane beherbergt, sondern auch das trockenste Gebiet der Erde. Tatsächlich beschreibt das die Antarktis, mit der wir meist nur endlose weiße Weiten und Pinguine assoziieren. Die Antarktis erscheint vielen einfach als fernes, außerweltliches Ökosystem, das zwar von reichen Touristen oder in Naturdokus bestaunt werden kann, jedoch das weltweite Leben kaum beeinflusst. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Trotz ihrer Abgeschiedenheit ist die Antarktis vor allem für das globale Wetter enorm wichtig. Da sich wegen des Klimawandels auch dort die fragile Lebenswelt wandelt, muss uns eines dringend klar werden: Die Antarktis ist ein überlebenswichtiges Ökosystem, das wir mit allen Mitteln schützen müssen.

Aus diesem Grund präsentiert der britische Wissenschaftler und Kartograf Peter Fretwell, seit 18 Jahren ein führender Mitarbeiter des British Antarctic Survey, sein erstes Buch »Antarktis – Atlas eines unbekannten Kontinents«. Darin verdeutlicht er die Schutzbedürftigkeit des Kontinents, indem er spannende Einblicke in dessen faszinierende Welt bietet. Das Buch umfasst neun Kapitel mit mehr als 100 Karten und Abbildungen, mit denen der Autor auf ansprechende und leicht zugängliche Weise komplexe wissenschaftliche Erkenntnisse in einer künstlerisch-informativen Balance grafisch darstellt. Begleitet wird das Bildmaterial von kurzen, höchst informativen Texten, die gekonnt auf die jeweilige Thematik einstimmen und diese näher beleuchten. Dabei ist das Buch erfreulicherweise so konzipiert, dass jede Karte und Seite auch für sich allein steht. Somit ist es problemlos möglich, an einer beliebigen Stelle einzutauchen oder sich nur in bestimmte Abschnitte zu vertiefen.

In jedem der neun Kapitel wird einem ein spannender Teilaspekt des Ökosystems Antarktis kurzweilig nähergebracht, wobei man regelmäßig mit unerwarteten Fakten überrascht wird. So erfährt man in den ersten drei Kapiteln, die sich mit der kontinentalen Geografie sowie dem antarktischen Land und Eis beschäftigen, dass der geografische Südpol in Wirklichkeit nur einer von sieben antarktischen Polen ist und dass sich die Antarktis in verschiedene Länder unterteilen lässt. Außerdem beantwortet Fretwell die Frage, was sich unter der kilometerdicken Eisschicht des Kontinents befindet, und erklärt, was mit vielen küstennahen Großstädten wie London oder Schanghai passieren würde, sollte sich die Eisschmelze in der Antarktis nicht rechtzeitig aufhalten lassen.

Ähnlich beeindruckende Fakten, mit denen der Autor die globale Relevanz des fragilen Ökosystems untermauert, finden sich auch in den nachfolgenden Kapiteln über das Südpolarmeer und die antarktische Atmosphäre. Man erfährt beispielsweise, dass das Südpolarmeer nicht nur 75 Prozent der durch den Treibhauseffekt verursachten Wärme absorbiert, sondern auch als »die Lunge unserer Erde« gilt. Grund dafür: Kein anderes Gewässer weist eine höhere Fotosynthese-Rate und CO2-Aufnahme auf – doch diese Pufferkapazität droht auf Grund des Klimawandels immer mehr zu verschwinden.

Neben verschiedenen Aspekten der antarktischen Tierwelt (etwa der Schlüsselrolle des Krills oder den Folgen des Wal- und Robbenfangs) behandelt der Autor in den weiteren Kapiteln vor allem die Geschichte der Antarktis-Forschung. Abgesehen von spannenden Erzählungen aus der Vergangenheit, die sich beispielsweise mit der Entdeckung des Kontinents, territorialen Streitigkeiten und filmreifen Rettungsaktionen befassen, erhält man einen Einblick in den gegenwärtigen Alltag von bis zu 4000 in der Antarktis stationierten Forscherinnen und Forschern. Dabei schildert Fretwell den Aufbau und die Besonderheiten zahlreicher internationaler Polarstationen, die das Leben an diesem lebensfeindlichen Ort ermöglichen und wegen ihrer Größe und Komplexität teilweise wie Kleinstädte wirken. Hier profitiert man nicht zuletzt vom Erfahrungsschatz des Autors, der die Antarktis bereits viermal für einen Forschungsaufenthalt besucht hat.

Im abschließenden Kapitel wagt Fretwell einen Blick in die Zukunft. Dabei demonstriert er erschreckend prägnant, was mit der Antarktis – und somit auch mit der Menschheit – innerhalb der nächsten 10 000 Jahre geschieht, falls wir das Fortschreiten des Klimawandels nicht eindämmen.

»Antarktis – Atlas eines unbekannten Kontinents« ist eine rundum gelungene Charakterisierung eines kaum bekannten Ökosystems. Dem Autor ist eine Kombination aus grafischer und textlicher Gestaltung gelungen, die zu einem kurzweiligen Lesevergnügen einlädt.

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